Geschichte des Agathon, Teil 1 | Page 6

Christoph Martin Wieland
hat. ��berdem diente er den Charakter und die Grunds?tze unsers Helden durch den Kontrast, den er mit selbigen macht, in ein desto h?heres Licht zu setzen. Und da es mehr als zu gewi? ist, da? der gr??este Teil derjenigen, welche die gro?e Welt ausmachen, wie Hippias denkt, oder doch nach seinen Grunds?tzen handelt; so war es auch in dem Plan der moralischen Absichten, welche wir uns bei diesem Werke vorgesetzt haben, zu zeigen, was f��r einen Effekt diese Grunds?tze machen, wenn sie in den geh?rigen Zusammenhang gebracht werden. Und dieses sind die haupts?chlichsten Ursachen, warum wir diesen Sophisten (welchen wir nicht schlimmer vorgestellt haben, als er wirklich war, und als seine Br��der noch heutiges Tages sind) in die Geschichte des Agathon eingeflochten haben.
Eine ausf��hrliche Widerlegung dessen, was in seinen Grunds?tzen irrig und gef?hrlich ist: (Denn in der Tat hat er nicht allemal unrecht,) w?re in Absicht unsers Plans ein wahres hors d'oeuvre gewesen, und schien uns auch in Absicht der Leser ��berfl��ssig; indem nicht nur die Antwort, welche ihm Agathon gibt, das beste enth?lt, was man dagegen sagen kann; sondern auch das ganze Werk (wie einem jeden in die Augen fallen wird, sobald man das Ganze wird ��bersehen k?nnen) als eine Widerlegung desselben anzusehen ist. Agathon widerlegt den Hippias beinahe auf die n?mliche Art wie Diogenes den Sophisten, welcher leugnete, da? eine Bewegung sei: Diogenes lie? den Sophisten schwatzen, so lang er wollte; und da er fertig war, begn��gte er sich vor seinen Augen ganz gelassen auf und ab zu gehen. Dieses war unstreitig die einzige Widerlegung, die er verdiente.
Wir w��rden dem zweiten Teile, dessen Ausgabe von der Aufnahme des ersten abhangen wird, den Vorteil der Neuheit und den Lesern zu gleicher Zeit ein k��nftiges Vergn��gen rauben, wenn wir den Inhalt desselben vor der Zeit bekannt machten. Genug, da? man unsern Helden in der Folge in eben so sonderbaren und interessanten Umst?nden und Verwicklungen sehen wird, als in dem ersten Teil. Alles, was wir vorl?ufig von der Entwicklung sagen k?nnen, ist dieses: da? Agathon in der letzten Periode seines Lebens, welche den Beschlu? unsers Werkes macht, ein eben so weiser als tugendhafter Mann sein wird, und (was uns hiebei das beste zu sein deucht, ) da? unsre Leser begreifen werden, wie und warum er es ist; warum vielleicht viele unter ihnen, weder dieses noch jenes sind; und wie es zugehen m��?te, wenn sie es werden sollten.

ERSTER TEIL

ERSTES BUCH

ERSTES KAPITEL
Anfang dieser Geschichte
Die Sonne neigte sich bereits zum Untergang, als Agathon, der sich in einem unwegsamen Walde verirret hatte, von der vergeblichen Bem��hung einen Ausgang zu finden abgemattet, an dem Fu? eines Berges anlangte, welchen er noch zu ersteigen w��nschte, in Hoffnung von dem Gipfel desselben irgend einen bewohnten Ort zu entdecken, wo er die Nacht zubringen k?nnte. Er schleppte sich also mit M��he durch einen Fu?weg hinauf, den er zwischen den Gestr?uchen gewahr ward; allein da er ungef?hr die Mitte des Berges erreicht hatte, f��hlt er sich so entkr?ftet, da? er den Mut verlor den Gipfel erreichen zu k?nnen, der sich immer weiter von ihm zu entfernen schien, je mehr er ihm n?her kam. Er warf sich also ganz Atemlos unter einen Baum hin, der eine kleine Terrasse umschattete, auf welcher er die einbrechende Nacht zuzubringen beschlo?.
Wenn sich jemals ein Mensch in Umst?nden befunden hatte, die man ungl��cklich nennen kann, so war es dieser J��ngling in denjenigen, worin wir ihn das erstemal mit unsern Lesern bekannt machen. Vor wenigen Tagen noch ein G��nstling des Gl��cks, und der Gegenstand des Neides seiner Mitb��rger, befand er sich, durch einen pl?tzlichen Wechsel, seines Verm?gens, seiner Freunde, seines Vaterlands beraubt, allen Zuf?llen des widrigen Gl��cks, und selbst der Ungewi?heit ausgesetzt, wie er das nackte Leben, das ihm allein ��brig gelassen war, erhalten m?chte. Allein ungeachtet so vieler Widerw?rtigkeiten, die sich vereinigten seinen Mut niederzuschlagen, versichert uns doch die Geschichte, da? derjenige, der ihn in diesem Augenblick gesehen h?tte, weder in seiner Miene noch in seinen Geb?rden einige Spur von Verzweiflung, Ungeduld oder nur von Mi?vergn��gen h?tte bemerken k?nnen.
Vielleicht erinnern sich einige hiebei an den Weisen der Stoiker von welchem man ehmals versicherte, da? er in dem gl��henden Ochsen des Phalaris zum wenigsten so gl��cklich sei, als ein Morgenl?ndischer Bassa in den weichen Armen einer jungen Circasserin. Da sich aber in dem Lauf dieser Geschichte verschiedne Proben einer nicht geringen Ungleichheit unsers Helden mit dem Weisen des Seneca zeigen werden, so halten wir f��r wahrscheinlicher, da? seine Seele von der Art derjenigen gewesen sei, welche dem Vergn��gen immer offen stehen, und bei denen eine einzige angenehme Empfindung hinl?nglich ist, sie alles vergangnen und k��nftigen Kummers vergessen zu machen. Eine ?ffnung des Waldes zwischen zween Bergen zeigte ihm von fern die untergehende Sonne. Es brauchte nichts mehr als diesen Anblick, um die Empfindung seiner widrigen Umst?nde zu unterbrechen. Er ��berlie? sich der Begeisterung, worin dieses majest?tische Schauspiel
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 110
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.