Geschichte der Englischen Sprache und Literatur | Page 7

Ottomar Behnsch
welcher sich bis 296 als herrscher
behauptete, in welchem Jahre Constantius seine truppen schlug, und
Allectus in der schlacht das leben verlor. Constantius selbst starb 306
zu York, der römischen hauptstadt von Nordbritannien, worauf sein
sohn Constantin der grosse noch bis 312 in Britannien blieb, ehe er
alleinherrscher der römischen welt wurde. Die folgenden inneren
kriege um den römischen thron entblössten Britannien von truppen,
weshalb die Picten und Scoten ihre raubzüge in den süden des landes
erneuerten. Sie wurden von dem magister armorum Lupicinus mit in

der eile zusammengerafften Herulern, Mösiern und Batavern
vertrieben, wonach das land einige zeit der ruhe genossen zu haben
scheint.
[Footnote 19: Da nach Beda's kirchengeschichte (Denique [Osvaldus
rex] omnes nationes et provincias Britanniæ, quæ in quatuor linguas,
i.e. Britonum, Pictorum, Scotorum, Anglorum divisæ sunt, in ditione
accepit. III, 7.) die Picten eine von den Scoten verschiedene sprache
redeten, so hat man wohl zu voreilig angenommen, dass sie ein
scandinavischer stamm gewesen seien, und darauf die
eigenthümlichkeiten des schottisch-englischen dialektes gegründet.
Vergl. Dissertation on the Origin of the Scotish Language von J.
Jamieson, vor dessen Dictionary of the Scotish language. 2 vols. 4.
Edinburgh 1808. Neue ausgabe von J. Johnstone. 2 parts. 4. London
1840.]
Unter Julian's regierung mögen die stürme der nördlichen feinde, so
wie die einfälle der Dänen und Sachsen zur see von neuem begonnen
haben, denn bald nach der thronbesteigung des Jovian ist Britannien
von allen seiten bedrängt, ohne dass bis in die zeit seines nachfolgers
Valentinian irgend ein erfolgreicher widerstand geleistet worden wäre.
Valentinian überliess seinem bruder Valens die regierung des ostens
und verwendete seine eigene ganze kraft auf die erhaltung des westens.
Im jahre 368 erhielt er auf dem wege von Amiens nach Trier die
nachricht von einem neuen und furchtbaren einfalle der barbaren,
welche den befehlshaber der seeküste (bereits litus saxonicum genannt)
Nectaridus besiegt und erschlagen und den befehlshaber des
nördlichen Englands, Fullofaudes, in einen hinterhalt gelockt und
getödtet hatten. In dieser grossen noth wurde Theodosius nach
Britannien geschickt, welcher die feinde mit der plünderung der gegend
um London beschäftigt fand. Es gelang ihm, die raubscharen zu
verjagen und ihnen die beute zum theil wieder abzunehmen. Aus seiner
proklamation, wonach denjenigen, welche zu ihrer pflicht zurückkehren
würden, verzeihung zu theil werden sollte, worauf auch eine grosse
anzahl von den räuberischen horden abfiel, geht deutlich hervor, dass
die unterjochte eingeborene (keltische?) bevölkerung gemeinsame
sache mit den fremden machte. Nachdem Theodosius die ankunft des

Civilis, eines neuen civilgouverneurs von Britannien, und des Dulcitius
mit hilfstruppen, unter denen sich auch ein haufe Deutscher (numerus
Allemannorum) mit ihrem »rex« Fraomarius befand, in London
abgewartet hatte, begann er seinen feldzug gegen norden und endigte
ihn so glücklich, dass er den Picten und Scoten sogar den theil des
landes zwischen der mauer Hadrian's und dem walle Antonin's,
welchen sie in vollem besitze hatten, wieder abnahm und die sehr
beschädigten städte und forts zur abhaltung der barbaren
wiederherstellen konnte. Mit dem danke der friedlichen einwohner und
dem wegen der besiegung der germanischen seeräuber erhaltenen
beinamen Saxonicus (Pacatus Paneg. Theod.) verliess Theodosius die
insel, nachdem er zuvor die ehrgeizigen pläne des Valentinus und
Frontinus durchkreuzte; sie waren wegen politischer intriguen nach
Britannien verbannt worden und setzten dieselben hier fort, indem sie
eine verschwörung anstifteten, welche die losreissung Britannien's von
der römischen herrschaft bezweckte.
Als der sohn des Theodosius, von Gratian zum nachfolger auserlesen,
die kaiserliche würde annahm, empörte sich im jahre 383 Maximus, ein
geborener Spanier, mit dem heere in Britannien und machte sich zum
gegenkaiser. Dieser aufstand war in so weit glücklich, als Maximus
nach seiner landung an der mündung des Rheins auch von den
legionen in Germanien als kaiser begrüsst wurde. Theodosius sah sich
genöthigt, dem neuen kaiser die provinzen Spanien, Gallien und
Britannien zu überlassen, womit dieser sich aber nicht begnügte,
sondern im günstigen Augenblicke über die Alpen ging und in Italien
einfiel, wo er aber, von Theodosius besiegt, die krone mit dem leben
verlor. Nach dem siege über Maximus begab sich Theodosius nach
Gallien und schickte den Chrysanthus als statthalter nach Britannien,
welcher dort die ruhe wiederherstellte. Der zug des Maximus ist von
den alten geschichtsschreibern, besonders von Geoffrey von Monmouth
(V, 14) zur einführung mancher fabeln in die englische geschichte
benützt worden. Britannien, sagen sie, soll durch Maximus so von aller
waffenfähigen mannschaft entblösst worden sein, dass es nicht mehr im
stande gewesen, sich gegen die einfälle der barbaren zu schützen;
ferner sollen die brittischen scharen, welche dem Maximus nach
Gallien folgten, nach dessen niederlage sich in Armorica

niedergelassen und diesem lande den namen Bretagne oder
Kleinbritannien gegeben haben, worauf man die 11000 Jungfrauen,
deren gebeine der stadt Cöln zugefallen seien, aus Britannien nach der
Bretagne geschickt habe, um jenen scharen als weiber zu dienen. Aus
der notitia imperii, welche um diese zeit entstanden ist, geht indessen
hervor, dass zwar die XX. legion, welche lange
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 100
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.