German Science Reader | Page 7

Charles F. Kroeh
Zug oder durch
andere Einwirkungen, z. B. durch Erwärmen und Abkühlen.
In engem Zusammenhang mit der Volumänderung der Körper steht die
allgemeine Eigenschaft der Elastizität, d. h. des Bestrebens der
Moleküle, nach dem Aufhören des äusseren Zwanges ihre frühere Lage
wieder anzunehmen.
11.
Das Beharrungsvermögen[1] im allgemeinsten Sinne bezeichnet
diejenige Eigenschaft, wonach der Stoff von selbst keine
Veränderungen erleidet, sondern hierzu äusserliche Einwirkungen
erfordert, welche man Naturkräfte nennt. Man kann sogar sagen, der
Stoff widersetzt sich den Veränderungen, oder er sucht in dem
Zustande zu beharren, in dem er sich gerade[2] befindet. Dieses
allgemeinste Prinzip aller Naturerklärung führt den Namen des
Gesetzes von Ursache und Wirkung oder des Kausalgesetzes[3].
Ein ruhender Körper hat demnach das Bestreben, in Ruhe zu bleiben,
während anderseits ein[4] etwa durch einen Stoss in Bewegung
gesetzter Körper, wenn er durch keinerlei äussere Einwirkung daran
verhindert würde, in gerader Linie und mit unveränderter
Geschwindigkeit ins Unendliche sich fortbewegen würde. Dasselbe
würde geschehen, wenn wir einen Körper in Drehung um eine Achse
versetzten; auch diese Drehung würde mit unveränderlicher

Drehungsgeschwindigkeit ins Unendliche fortdauern.
Der erste Teil des obigen Satzes wird fortwährend durch die tägliche
Erfahrung bestätigt; hierauf beruht z. B. das Durchschlagen einer
Fensterscheibe durch eine abgeschossene Kugel. Die Festigkeit[5] des
Glases reicht nicht hin[6], um den Widerstand, mit dem sich die
ruhende Scheibe der Annahme[7] der grossen Geschwindigkeit der
Kugel widersetzt, zu überwinden; infolgedessen[8] bricht der von der
Kugel unmittelbar getroffene Teil heraus, ehe die benachbarten Teile
des Glases in so grosse Bewegung gerathen können, dass ein Springen
der ganzen Scheibe eintritt. Legt man eine Münze auf einem
Kartenblatt über die Mündung einer Flasche, so fällt sie beim
Wegschnellen[9] des Kartenblatts in die Flasche.
Für den zweiten Teil des Satzes haben wir keine strengen
Erfahrungsbeweise, weil auf der Erde jede Bewegung Widerstände
erfährt und infolgedessen ein durch Stoss bewegter Körper nach
längerer oder kürzerer Zeit zur Ruhe kommt.
Beispiele[10] für seit undenklichen Zeiten gleichmässige
Drehungsbewegungen bieten die Achsendrehungen der Planeten.
Statt Beharrungsvermögen gebraucht man auch den weniger
entsprechenden[11] Ausdruck Trägheit.
12.
Die Schwere äussert[1] sich als das Bestreben eines jeden Körpers, sich
nach dem Erdmittelpunkte hin zu bewegen. Wird[2] demnach ein
Körper an dieser Bewegung nicht verhindert, so setzt sich derselbe in
der Richtung nach dem Erdmittelpunkte in Bewegung; wird jedoch
durch eine feste Unterlage[3] oder durch Aufhängen diese Bewegung
unmöglich gemacht, so übt[4] der Körper einen Druck oder Zug aus.
Diesen Druck oder Zug nennt man das Gewicht des Körpers.
Die Fallbewegung geschieht also[5] an jedem Orte in der Richtung des
Erdhalbmessers; dieselbe Richtung nimmt ein biegsamer Faden an, an
welchem ein schwerer Körper aufgehängt ist (Lot[6]). Man nennt diese

Richtung die lotrechte, senkrechte oder vertikale. Eine zu dieser
Richtung rechtwinklige Ebene oder Linie nennt man wagerecht oder
horizontal.
Um das Gewicht eines Körpers zu bestimmen, vergleicht man es
mittels der Wage mit dem Gewichte bestimmter Körper, deren
Gewichte bestimmte Vielfache[7] oder Bruchteile der Gewichtseinheit
sind; dieselben nennt man kurz Gewichte.
Als Gewichtseinheit dient das Gramm (g), welches demjenigen Druck
gleichgesetzt ist, den ein Kubikzentimeter Wasser von 4° C. auf seine
Unterlage ausübt. (1000 Kilogramm (kg) sind eine Tonne (t), 100 kg
sind 1 Meterzentner oder Doppelzentner.)
Ein Körper von doppeltem Volumen besitzt doppelt soviel, ein Körper
von 10fachem Volumen 10mal soviel Gewicht als ein gleichartiger
Körper von einfachem Volumen, oder allgemein: Das Gewicht eines
Körpers ist dem Volumen proportional.
Gleich grosse Volumina verschiedenartiger Körper besitzen im
Allgemeinen verschiedene Gewichte.
Man nennt das Gewicht der Volumeneinheit eines Körpers sein
spezifisches Gewicht. Anstatt dessen giebt[8] man gewöhnlich an wie
viel mal so gross das Gewicht eines Körpers ist als das Gewicht eines
gleich grossen Volumens Wasser von 4° C. Diese unbenannte Zahl
nennt man das relative Gewicht oder auch die Dichtigkeit oder Dichte,
oder auch vielfach ebenfalls das spezifische Gewicht.
Dieses relative Gewicht erhält man, wenn man das Gewicht des
Körpers durch das Gewicht eines gleichgrossen Wasservolumens
dividiert. Ersteres bestimmt man mit der Wage; letzteres kann auf
mehrfache Weise gefunden werden; z. B. mittels des Pyknometers[9].
So nennt man ein kleines Glaskölbchen mit engem Hals und
trichterförmig erweiterter Mündung. Diese kann durch einen
aufgelegten Glasdeckel verschlossen werden, um während der Wägung
die Verdunstung zu verhindern. Es sei[10] nun P{1} das Gewicht des
gut ausgetrockneten, leeren Pyknometers mit dem Glasdeckel. Man

füllt dasselbe alsdann[11] bis zu etwa einem Drittel mit der
zerkleinerten Substanz; das Gewicht sei jetzt P{2}. Hierauf füllt man
bis zu einer[12] an dem verengerten Halse angebrachten Marke mit
Wasser und sorgt dafür, dass in der eingefüllten Substanz keine
Luftblasen zurückbleiben; das Gewicht sei nun P{3}. Endlich entfernt
man die Substanz vollständig und füllt bis zur Marke mit Wasser; das
Gewicht sei P{4}. Alsdann ist das Gewicht der Substanz P=P{2}-P{1},
das Gewicht des gleichen Wasservolumens p=P{4}+P{2}-P{1}-P{3}
und das relative Gewicht D=P:p.
13.
Ruhe und Bewegung. Wenn ein Körper zu verschiedenen, aufeinander
folgenden Zeiten verschiedene Orte und Lagen[1] einnimmt, so
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