Gebete für Israeliten | Page 6

A.A. Wolff
und
bewahre mich! Ja, ich will nicht verzagen; denn meine Hilfe kommt
von dir, der du geschaffen Himmel und Erde.
Amen

Betrachtung über 1. B. M. 1, 6-8.
10. Allmächtiger Schöpfer, alliebender Gott! Ich danke dir, daß du
mich wieder den zweiten Wochentag hast schauen lassen den Himmel,
der sich noch über mir wölbt, wie du ihn einst am zweiten
Schöpfungstage über die Erde ausgespannt hast. So leuchtete sofort
deine Herrlichkeit über dem Staube, daß wir dadurch erinnert würden,
daß die Seligkeit des Himmels das Ziel für den Erdenkampf sei, und in
der Ruhe und in dem Frieden, der von dem sichtbaren Himmelsbogen
widerstrahlt, spiegelt sich für den Menschen der selige Friede des
unsichtbaren Himmels ab. Bei aller Not und Sorge des Lebens soll der
Mensch zum Himmel empor schauen und dort die Tröstung und
Erquickung suchen, die die Erde nicht zu gewähren vermag, und in den
Versuchungen der Welt, in ihrem Kampf und Streit soll er von deinem
Himmel Kraft und Freiheit holen. Aber darf auch ich wohl meinen
Blick zum Himmel erheben?--O, nur der kann freudig empor in die

Höhe sehen, der das tut, was dir wohlgefällig ist! Hab ich dieses getan?
War ich stets eingedenk, daß ich überall in deinem Heiligtum bin, da
überall der Himmel über mir ausgebreitet ist, der deine Herrlichkeit
Tag für Tag verkündet? Habe ich mich wohl auf Geistesschwingen zum
Himmel gehoben, während mein Fuß zur Erde gestellt war--leuchtete
ein Himmel der Liebe aus meinem Auge, wenn ich mit meinen
Menschenbrüdern verkehrte? O Gott, sei mit mir heute, daß ich jede
Versuchung besiege, jede sündige Lust bezwinge, und daß jeder meiner
Gedanken, jedes meiner Worte und jede meiner Taten von der Klarheit
des Himmels widerscheine, daß mein Wandel dir wohlgefalle, und die
Liebe des Himmels mich einst verkläre bei dir, du, mein Gott, dessen
Huld so erhaben ist, wie der Himmel über der Erde, du, der du meine
Sünden vergibst und mich krönest mit Barmherzigkeit und Gnade.[11]
Amen!

Abendgebet.
11. Wie, o Gott, soll ich dir danken für alle Wohltaten, die du mir heute
erwiesen? O, nicht nur, daß du in Gnade deine Hand über mich
gehalten und mich das tägliche Brot für mich und die Meinigen hast
finden lassen--nein, sieh in reichlichem Maße hast du mir dasselbe
vergönnt, und vorzüglich danke ich dir für die besondere Tröstung und
Ermunterung, die mich heute so unerwartet erquickt hat. Ach wie
glücklich machte mich nicht der geringste Dank, den ich durch deine
Gnade erntete und die Freude, die der eine und andere meiner
Mitwanderer hier im Leben, mir, gewiß nach deiner gütigen Eingebung,
bereitet hat. Nein! ich kann mich nicht in die Arme des Schlafes werfen,
ohne dich um Vergebung zu bitten, daß ich so oft über die Bürden des
Lebens und über den Undank und die Verkennung der Welt geseufzt
habe! Sah ich nicht heute, wie hoch mein Herz sich freute und sich
freuen mußte bei dem geringsten Dank, bei dem aufmunternden Lohne,
den ich zuweilen erntete, und wie solch' selige Augenblicke gerade in
Stunden der Ermüdung und Erschlaffung eintreten! Und wenn ich noch
bedenke die himmlischen Augenblicke, in welchen es mir vergönnt war,
die Hände der Schwachen, die Knie der Wankenden zu stärken, wo ich

durch deinen Beistand es vermochte, zu trösten und zu beruhigen,
durch meine Anerkennung der Wirksamkeit anderer imstande war, sie
zu erneuetem Fleiße anzuspornen,--o, dann überströmt mein Herz von
Dank und Freude; ich will nicht mehr klagen, ich will jede Stunde recht
benutzen, um so meine Mitmenschen zu erfreuen, auf daß auch ihre
Seelen Ruhe in dir finden. Stärke mich hierzu, o mein Gott, dazu
empfehle ich meinen Geist deinem Schutze!
Amen!
[Fußnote 11: Ps. 103, 3.]

Am Dienstag.

Morgengebet.
12. Allgütiger Gott! Nimm das Morgenopfer meines Herzens als Dank
entgegen für die neuen Beweise deiner Gnade, die du mir in der
verflossenen Nacht gegeben. Ach, wie viele haben diese nicht in
Unruhe und Kummer verbracht, und von wie vieler Lager wurde nicht
der Schlaf durch Angst und Sorge verscheucht; ich aber wurde
verschont, die Meinigen hast du beschirmt! o, wie wenig habe ich doch
so viele Gnade verdient! So manchen Morgen erwachte ich nur mit
neuen Wünschen und vergaß es, wie sehr du mich bereits gesegnet, und
wie vielen Dank ich dir schulde; doch heute steht deine Güte mir vor
Augen, und o, wie glücklich macht mich dieser Gedanke! Ach, wie
wenige fühlen doch das Gute, das sie unablässig von deiner Hand
empfangen, und wie innig muß ich dir nicht danken, daß du durch
deine heilige Lehre in mir die Erkenntnis deiner Wohltaten geweckt
hast! Und wenn ich ganz von deiner göttlichen Lehre erfüllt wäre, o
wie glücklich würde ich mich dann noch fühlen, welch ein Born der
Freude würde da unaufhörlich aus derselben für mich fließen, selbst
dann, wenn Kummer und Sorgen mich umgeben, welche
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 56
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.