Frau und Kindern auf der Spur | Page 7

Gerold K. Rohner
sich was ein Meister
werden will..." und alle lachten. Doch das gefiel dem Wirt nicht. Er
erhob Einspruch: "Niemand ohne Zimmer geht nach oben!" Dann eilte
er Juan nach und erwischte den gerade noch beim Ärmel. Er zog ihn
die Stiege herunter und schwang ihn auf das Parkett, auf dem Juan noch
zwanzig Fuss gleitete und gerade vor Billy zum Stoppen kam. Dann
plötzlich ein Schuss, und der schwere Leuchter kam von der Decke
gesaust und stürzte gerade auf Juan's Schulter, der darunter lag. "Au"
schrie Juan. "Ruuuhe maaal!" kam da eine hohe aber laute und ruhige
Stimme von der Bar. Es war der Schütze, ein Mexikaner. Der konnte
wohl schiessen. Das war kein leichtes Stück den Leuchter so zu
amputieren. Es war plötzlich totenstill im Saloon. Der Mexikaner kam
mir bekannt vor, und dann half er mir ein Bisschen. "Ich bin Peeedro
Escobaaar--ihr habt von Peeedro gehööört--und Peeedro möööchte sein
Diiinner in Ruhe eeessen. Verstaaanden! Soll einer hier Peeedro
ääärgern, weiss sich Peeedro zu weeehren." Dabei wanderte er hinüber
bei der Treppe vorbei, so als um sich gut zu platzieren. Er gestierte mit
beiden Händen beim Sprechen. Das sah gefährlich aus, den man wusste
nie wo sich seine Hände hin bewegten. "Du verdammtes, gelbhäutiges
Hurensöhnchen, was mischt du dich da ein." Billy hatte den Satz kaum
zu Ende gesprochen, da sauste die Kugel auch schon an seinem Kopf
vorbei und nahm ein bisschen Haut und Haare mit. Jetzt verstand ich
warum Pedro auf die Treppe zugegangen war. Er hatte sich so plaziert

dass seine Kugel nur Billy treffen würde, sonst aber ohne Schaden in
die Wand ging wo niemand sass. Den er wollte niemand umbringen,
nein nicht einmal Billy. Er wollte ihm nur eine Lektion erteilen.
Deswegen der Streifschuss. Ich wusste nicht dass Pedro Escobar so
genau schiessen konnte. Ich wusste nur dass er schnell war. Billy
schien ihn nicht zu kennen, sonst hätte er es wohl gelassen. Er hätte
aber wirklich sehen sollen, dass er Pedro nicht gewachsen war. Die
anderen vier Burschen die mit Billy in den Saloon gekommen waren,
und anfangs ihres Sieges sicher gewesen waren, schienen jetzt nicht
mehr so sicher zu sein. Wie sie sich zu Beginn um Billy herumgeballt
hatten, so entfernten sie sich nun ganz allmählich. Aber Billy war noch
nicht fertig. Er war ein Narr. Er zog. Pedro schoss ihm den Colt
geradewegs aus der Hand. Dabei hatte Billy Glück. Seine Hand wurde
nicht getroffen. Jetzt versuchte er es auch noch links. Diesmal war er
nicht so glücklich. Die Kugel traf den Colt und seine Hand. Dann
verschwanden die beiden. Billys hielt seine Hand und seinen Kopf und
Juan seine Schulter. Also nicht mehr so stolz, ein bisschen demütiger
sahen sie jetzt aus. Das war der einzige Vorteil für Billy und Juan an
dieser Angelegenheit. Denn Demut ist immer besser als Stolz. Die
Ruhe war wieder hergestellt. Es hatte nur einen Mann wie Pedro
Escobar gebraucht. Der kleine, dünne, jetzt etwa fünfundfünzig Jahre
alte Mexikaner war nicht zu unterschätzen. Ich aber rannte hinaus. Ich
fühlte mich wie ein Narr. Ich hatte meine Familie möglicherweise
gerade in die Hände der draussen wartenden Halunken geschickt. Ja,
ich konnte nicht wissen dass Pedro Escobar die Gefahr abwenden
würde. Ob es die blinde Indianerin wohl geschafft hätte. Ich rannte
hinaus. Und wieder stolperte ich fast über sie, denn jetzt sass sie
ausserhalb des Saloons. "Habt ihr es geschafft" flüsterte ich. "Oh ja
Mister, keine Bange." "Wo sind sie hin?" "Ich nahm sie um zwei
Häuser herum. Soweit weiss ich den Weg, Sir. Dann sind sie weiter
durch die Stadt gegangen." "Hat sie jemand gesehen?" "Das weiss ich
nicht, Mister. Sowas kann ich doch nicht sehen." Ich verstand. Ich
rannte in den Saloon zurück und holte meine Sachen, zahlte und
machte mich auf den Weg. Keiner der Schurken die den Saloon
umzingelt hatten war mehr zu sehen. Ich sattelte meinen
Apfelschimmel, stieg auf und ritt den Corrals entlang. Ich sah ihre
Pferde. Ihre Pferde waren noch da. Ich wollte wissen wo sie waren. Es

gab noch einen heruntergekommenen Saloon am Ende der kleinen
Stadt, gegen Norden. Dort ging ich hin und erkundigte mich, aber sie
waren nicht da. Kapitel 2 Ich ritt zurück in die Stadt. Es hatte keinen
Sinn, einfach loszureiten. Zudem würden sie die Pferde brauchen. Sie
mussten also irgendwann zum "Whiskey Barrel" Saloon zurückkehren.
Auf dem Weg zurück zum Stadtzentrum dachte ich darüber nach wie
alles so gekommen war. Ich dachte zurück an die Zeit wo wir noch alle
zusammenwohnten auf der Ranch die mir mein Vater hinterlassen hatte.
Wir hatten es schön zusammen. Ja das Ranchen war harte Arbeit, aber
es hatte auch seine guten Seiten. Man war an der frischen Luft, gesund
und sein eigener Herr und Meister. Wir waren arm, aber wir hatten
alles was wir brauchten. Unser Land war umgeben vom
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