Frau und Kindern auf der Spur | Page 6

Gerold K. Rohner
war
noch nicht schnell genug. Würde ich es je sein? Ich musste, da gab es
keine Wahl. "Manchmal muss man tun, was man tun muss!" wie mein
Vater zu sagen pflegte als er noch lebte. * * * Mit diesen Gedanken im
Kopf machte ich mich auf, für einen Spaziergang. Es blieb noch eine
Stunde Tageslicht und ein Bisschen der frischen Bergluft, die von den
Zuni Bergen her wehte, würde mir gut tun. Auf dem Weg zurück, es
war schon dunkel geworden, stolperte ich fast über ein blinde
Indianerfrau, die zwei Häuser vom Saloon entfernt sass. Sie hatte eine
leere Konservenbüchse die sie mir entgegenstreckte: "Ein Almosen, Sir,
ich bitte sie." Ihr Geruch und ihre schrille Stimme gingen mir auf die
Nerven. Als ich an ihr vorbei gehen wollte, schrie sie noch lauter:
"Haben sie ein Herz, Sir, haben sie ein Herz". Das letzte "haben sie ein
Herz" war leiser und langsamer gesprochen, so als resignierte sie sich,
nichts zu bekommen. Da packte mich dann doch das Erbarmen und ich
warf zehn Silberdollar in ihre Büchse. Schnell ging ihre Hand in die
Büchse um zu zählen. Dann schrie sie "Oh gnädiger Herr das ist doch
zuviel, viel zuviel, soviel brauche ich ja gar nicht. Vergelt es ihnen Gott,

sie gütiger Mann." Sie nahm wohl von meinem Tritt an, dass ich ein
Mann war und wohl auch, weil die meisten die hier vorbeigingen,
Männer waren--wenn sie wirklich blind war. "Schreien sie doch nicht
so, oder die ganze Stadt wird denken dass ich reich bin. Das fehlt mir
noch dass einer versucht mich auszurauben." "Oh Entschuldigung, Sir,
ich will ihnen keine Schwierigkeiten machen." "Sagen sie, sind sie
ganz blind?" "Von meiner Kindheit, Sir. Würde ich sonst hier sitzen
und betteln. Dies ist kein Platz für eine alte Frau--aber was bleibt mir."
Im faden Licht der Karbid Lampen bemerkte ich plötzlich Billy Kane
auf der anderen Seite der Strasse fluchend und schimpfend, umgeben
von einer Menge arger, bitterer Burschen und Juan. Die führten nichts
Gutes im Schilde. Ich konnte ahnen, was kommen würde. Sie bewegten
sich langsam auf den Saloon zu und ich hörte Billy angeben: "Die
feinen Dämchen entkommen Billy nicht und auch das Wirtlein nicht."
Vor dem Saloon teilten sie sich. Die eine Hälfte, sechs Mann, ging in
den Saloon, die anderen umgaben den Saloon. Es sah aus als wollten
sie sicherstellen dass niemand aus dem Saloon fliehen konnte. Ich
wusste, was sie vor hatten. Sie würden eine Streiterei vortäuschen im
Saloon oder anzetteln, bei dem der Wirt dann per Zufall erschossen
wurde. Dabei kam es ihnen gar nicht darauf an dass einige Beiständer
auch erschossen würden. So rauh waren diese Burschen. Ich hoffte nur
dass die meisten von ihnen auch was abkriegten, den in so einer
Rauferei, wo die Kugeln fliegen, ist keiner sicher. Wer andern eine
Grube gräbt fällt oft selbst hinein. "Wo wohnt der Sheriff?", ich schrie
die blinde Frau fast an. "Der jagt nach der "Little" Gang". "Habt ihr
einen Deputy?" "Oh, der ist immer besoffen--vergiss es Mister--es gibt
keine Gerechtigkeit auf dieser Welt". Um's Philosophieren war es mir
im Augenblick nicht. "Madam, gibt es einen Ausweg aus dem Saloon.
Sie sind hinter einer Frau und ihren Töchtern her. Sie haben den Saloon
umzingelt". "Immer das gleiche, die Männer wollen immer nur eines
von den Frauen." Ich war froh, sie verstand. "Durch den Aussenabort,
denn der ist mit dem Saloon durch einen gedeckten Gang verbunden!
Doch es ist stockdunkel dort hinten niemand braucht den Abort mehr,
es gibt jetzt ja einen im Saloon." Gut ist es eine mondlose Nacht,
dachte ich, es wird also noch dunkler sein. "Hier sind noch zehn Dollar.
Schleichen sie durch den Abort hinein und holen sie die Frau und ihre
Kinder heraus--ich bitte sie." "Ich tue was ich kann für sie Mister, denn

sie sind ein guter Mann. Wenn sie wieder hier vorbeikommen,
gedenken sie meiner." Dabei schlich sie sich wie eine gewandte Katze
um die dunklen Ecken. Es war als ob sie sehen konnte in der
Dunkelheit und war gewandter in der Nacht als ein Sehender. Dann
strollte ich auf den Saloon zu, ich musste meine Eile verbergen. Was
für eine Schmiere, dachte ich, warum musste das immer mir passieren.
Ich hatte wohl noch einiges zu lernen. Meine Colts waren die Besten,
aber war ich gut genug? Ich glaubte, dass der Wirt sich schon längst
aus dem Staub gemacht hätte, aber nein, er servierte. Er war kein
Feigling. Was hätte er auch machen sollen? Jemand anders servieren
lassen? Und den in Gefahr bringen? Nein der Wirt war fair. Ich stand
auf seiner Seite. "Juan geh doch mal sehen, ob uns die Dämchen nicht
Gesellschaft leisten wollen", sagte Billy mit lauter Stimme und seine
Bande stimmte ein "Ja, hol sie mal, die Hübschen." "Zeit dass sie was
lernen...", fügte ein anderer hinzu, "...jung übt
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 32
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.