einmal errang er sich sogar einen Preis in der Naturkunde. Aber gegen Ende des dritten Schuljahres nahmen ihn seine Eltern vom Gymnasium fort und lie?en ihn Medizin studieren. Sie waren der festen Zuversicht, da? er sich bis zum Staatsexamen schon durchw��rgen w��rde.
Die Mutter mietete ihm ein St��bchen, vier Stock hoch, nach der Eau-de-Robec zu gelegen, im Hause eines F?rbers, eines alten Bekannten von ihr. Sie traf Vereinbarungen ��ber die Verpflegung ihres Sohnes, besorgte ein paar M?belst��cke, einen Tisch und zwei St��hle, wozu sie von zu Hause noch eine Bettstelle aus Kirschbaumholz kommen lie?. Des weiteren kaufte sie ein Kanonen?fchen und einen kleinen Vorrat von Holz, damit ihr armer Junge nicht frieren sollte. Acht Tage darnach reiste sie wieder heim, nachdem sie ihn tausend- und abertausendmal ermahnt hatte, ja h��bsch flei?ig und solid zu bleiben, sintemal er nun ganz allein auf sich selbst angewiesen sei.
Vor dem Verzeichnis der Vorlesungen auf dem schwarzen Brette der medizinischen Hochschule vergingen dem neubackenen Studenten Augen und Ohren. Er las da von anatomischen und pathologischen Kursen, von Kollegien ��ber Physiologie, Pharmazie, Chemie, Botanik, Therapeutik und Hygiene, von Kursen in der Klinik, von praktischen ��bungen usw. Alle diese vielen Namen, ��ber deren Herkunft er sich nicht einmal klar war, standen so recht vor ihm wie geheimnisvolle Pforten in das Heiligtum der Wissenschaft.
Er lernte gar nichts. So aufmerksam er auch in den Vorlesungen war, er begriff nichts. Um so mehr b��ffelte er. Er schrieb flei?ig nach, vers?umte kein Kolleg und fehlte in keiner ��bung. Er erf��llte sein t?gliches Arbeitspensum wie ein Gaul im Hippodrom, der in einem fort den Hufschlag hintrottet, ohne zu wissen, was f��r ein Gesch?ft er eigentlich verrichtet.
Zu seiner pekuni?ren Unterst��tzung schickte ihm seine Mutter allw?chentlich durch den Botenmann ein St��ck Kalbsbraten. Das war sein Fr��hst��ck, wenn er aus dem Krankenhause auf einen Husch nach Hause kam. Sich erst hinzusetzen, dazu langte die Zeit nicht, denn er mu?te alsbald wieder in ein Kolleg oder zur Anatomie oder Klinik eilen, durch eine Unmenge von Stra?en hindurch. Abends nahm er an der kargen Hauptmahlzeit seiner Wirtsleute teil. Hinterher ging er hinauf in seine Stube und setzte sich an seine Lehrb��cher, oft in nassen Kleidern, die ihm dann am Leibe bei der Rotglut des kleinen Ofens zu dampfen begannen.
An sch?nen Sommerabenden, wenn die schw��len Gassen leer wurden und die Dienstm?dchen vor den Haust��ren Ball spielten, ?ffnete er sein Fenster und sah hinaus. Unten flo? der Flu? vor��ber, der aus diesem Viertel von Rouen ein h??liches Klein-Venedig machte. Seine gelben, violett und blau schimmernden Wasser krochen tr?g zu den Wehren und Br��cken. Arbeiter kauerten am Ufer und wuschen sich die Arme in der Flut. An Stangen, die aus Speichergiebeln lang hervorragten, trockneten B��ndel von Baumwolle in der Luft. Gegen��ber, hinter den D?chern, leuchtete der weite klare Himmel mit der sinkenden roten Sonne. Wie herrlich mu?te es da drau?en im Freien sein! Und dort im Buchenwald wie frisch! Karl holte tief Atem, um den k?stlichen Duft der Felder einzusaugen, der doch gar nicht bis zu ihm drang.
Er magerte ab und sah sehr schm?chtig aus. Sein Gesicht bekam einen leidvollen Zug, der es beinahe interessant machte. Er ward tr?ge, was gar nicht zu verwundern war, und seinen guten Vors?tzen mehr und mehr untreu. Heute vers?umte er die Klinik, morgen ein Kolleg, und allm?hlich fand er Genu? am Faulenzen und ging gar nicht mehr hin. Er wurde Stammgast in einer Winkelkneipe und ein passionierter Dominospieler. Alle Abende in einer schmutzigen Spelunke zu hocken und mit den beinernen Spielsteinen auf einem Marmortische zu klappern, das d��nkte ihn der h?chste Grad von Freiheit zu sein, und das st?rkte ihm sein Selbstbewu?tsein. Es war ihm das so etwas wie der Anfang eines weltm?nnischen Lebens, dieses Kosten verbotener Freuden. Wenn er hinkam, legte er seine Hand mit geradezu sinnlichem Vergn��gen auf die T��rklinke. Eine Menge Dinge, die bis dahin in ihm unterdr��ckt worden waren, gewannen nunmehr Leben und Gestalt. Er lernte Gassenhauer auswendig, die er gelegentlich zum besten gab. B��ranger, der Freiheitss?nger, begeisterte ihn. Er lernte eine gute Bowle brauen, und zu guter Letzt entdeckte er die Liebe. Dank diesen Vorbereitungen fiel er im medizinischen Staatsexamen gl?nzend durch.
Man erwartete ihn am n?mlichen Abend zu Haus, wo sein Erfolg bei einem Schmaus gefeiert werden sollte. Er machte sich zu Fu? auf den Weg und erreichte gegen Abend seine Heimat. Dort lie? er seine Mutter an den Dorfeingang bitten und beichtete ihr alles. Sie entschuldigte ihn, schob den Mi?erfolg der Ungerechtigkeit der Examinatoren in die Schuhe und richtete ihn ein wenig auf, indem sie ihm versprach, die Sache ins Lot zu bringen. Erst volle f��nf Jahre darnach erfuhr Herr Bovary die Wahrheit. Da war die Geschichte verj?hrt, und so f��gte er sich drein. ��brigens h?tte er es niemals zugegeben, da? sein leiblicher Sohn ein Dummkopf sei.
Karl widmete sich von neuem seinem Studium und bereitete sich hartn?ckigst auf eine
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