Flametti | Page 7

Hugo Ball
den ?rger zur��ck und rief mit unglaublich ges��?ter, doch etwas gewaltsam flott gemachter Zutraulichkeit:
"Na, Herr Direktor, wie geht's, wie steht's? Geld brauchen wir. K?nnen wir dann auch die Gage kriegen?"
Herr H?sli war konsterniert. Eben wollte er eine neue Fracht Fisch auf der Gabel zum Munde f��hren und hatte schon auf dem Messerr��cken den Kartoffelsalat bereit, um ihn zum selben Zweck auf die Gabel zu w?lzen. Da mu?te er dieses unglaublich taktlose Wort vernehmen, jetzt bei Tisch, wo man a?, wo Flametti gerade gekommen war und kaum sa?.
Die schon erhobene Gabel senkte sich auf den Teller zur��ck. Herrn H?slis straffes Gesicht bekam K?sefarbe. Die Augen, eben noch vers?hnlich und ungest?rt an der spitzen Nase vorbei auf das Messer gerichtet, schnellten mit einem h?rbaren Ruck nach rechts gegen die biestige Eheh?lfte, und es h?tte nicht viel gefehlt, so w?re er aufgesprungen, ihr eine Watsche herunterzuhauen.
Aber dabei h?tten St��hle umfallen m��ssen, weil man so eingekeilt sa?. Dabei w?re notwendig das Tischtuch heruntergezerrt worden. Also beherrschte er sich und blieb, zitternd vor Emp?rung, in drohendster Pose erstarrt, still sitzen.
Das war doch die H?he! Herr H?sli kannte Flametti seit Jahren. Wu?te, da? er die Gagen nie schuldig blieb. Wu?te, da? die Verlegenheit, in der sich Flametti befand, nur momentan war und nichts besagte. Wu?te auch, da? die vielen Fischgerichte, die Flametti da auftischen lie?, nur seinen guten Willen verrieten, durchzuhalten um jeden Preis. Da soll einem nun die Geduld nicht rei?en, wenn solch obstinates Weibsst��ck in ihrer spitzigen Kribbeligkeit keine Raison annahm! Man hat doch Erziehung! Man ist doch kein Schubiack! Man hat doch, zum Teufel, die Welt gesehen!
Herr H?sli hatte indessen gut denken! Er war ein Faulenzer, ein Nichtstuer, er hatte sich immer nur den Magen gestopft und die Frau schuften lassen. Beim Norddeutschen Lloyd war er Steward gewesen. In unterschiedliche Phonographen hatte er gejodelt zu Berlin und Paris. War auch mal II. Klasse gefahren, von Potsdam nach Wien, eines Phonogramms wegen. Aber was schon! Das war vor Jahren, als er die Stimme noch hatte. Das war vorbei. Jetzt hatte sie, Lotte H?sli, ihn durchzuschleppen. Wie ein Lastvieh kuranzte er sie. Immer singen und singen. Bei zwanzig Grad K?lte in den eiskalten, verschmierten, kleinen Hotels. Tagaus, tagein. In Bern: drei?ig Nummern an einem Sonntag, von nachmittags drei bis nachts elf. Sie hatte es durchgemacht. Sie hatte genug. Sie kannte die Herren Direktoren. Aus war's. Sie wollte nichts mehr wissen davon. Wenn einer ihr nur in die N?he kam--gen��gte schon, da? er ein Mannskerl war--fuchtig wurde sie. Die Hand weg! Wenn man nicht einmal ordentlich zu essen kriegen sollte bei solchem Betrieb, ja geschuriegelt wurde--immer nur singen und singen und etwa noch Schl?ge--lieber den Strick um den Hals!
Frau H?sli hatte zu essen nicht nachgelassen. Mit Messer und Gabel hantierte sie eifrig. Zwei schwarze L?ckchen fielen ihr zier und adrett, schwarze Bocksh?rner, leicht in die Stirn. Diese Stirn, eigensinnig, gedrungen, von einer kurzen, nur schlecht verheilten Narbe gezeichnet, war nicht eben h??lich.
"Mach' mal 'n bi?chen Platz!" rief sie der Tochter zu, um deren Fu? sich unter dem Tisch der Damenimitator lebhaft und dringend bewarb.
Frau H?sli gelang es, durch Aufw?rtsschieben der Ellbogen ihrem Brustkorb etwas mehr Luft zu verschaffen.
Toni, die Tochter aber, kam sich ganz pers?nlich verletzt und gepiesackt vor.
Was konnte sie daf��r, da? dieser verfettete Damenimitator so aufdringlich war! Sie hatte ihm ihren Fu? ��berlassen, weil sie sich doch vergewissern mu?te, ob er auch wirklich angelte. In diesem Moment war ihr das h??liche "Mach' mal 'n bi?chen Platz!" ans Ohr gedrungen. ��berhaupt: mit dem Damenimitator hatte sie nichts, wenn er auch Lackschuhe trug und einen geb��gelten, kaffeebraunen Anzug. Wer wei?, ob er ��berhaupt bei einer Jungfrau schlafen konnte. Es war eine bekannte Sache, da? es Damenimitatoren an so manchem fehlte, was eine Toni H?sli reizen konnte.
Sie schob ihren Stuhl zur��ck, stand auf und sagte ziemlich schnippisch: "Ich kann ja auch in der K��che essen, wenn hier zu wenig Platz ist!"
Die Mutter hatte sich aber bereits zurechtgefunden, das Rotauge, auf das sie es abgesehen hatte, aufgespie?t und auf den Teller her��berbef?rdert. Mit einem h?rbaren Plumps lie? sie sich auf den Stuhl zur��ckfallen und sagte verwundert:
"Was willst du denn? Was pa?t dir denn nicht? Kannst du dich nicht ein bi?chen schicken? Wenn der Platz knapp ist? Sei froh, da? du so gutes Essen bekommst. Schau mal diese Forelle an"--dabei zerrte sie den Fisch mit der Gabel auf ihrem Teller hin und her--"so was Feines verdienst du gar nicht! Dankbar solltest du sein, da? man dich durchschleppt."
Herr H?sli sa? noch immer erstarrt in furchtbarer Pose, eine kn?delessende Schie?budenfigur. Von der Mutter weg wandte er seine Augen zur Tochter. Ohne viel Erfolg. Toni setzte sich zwar wieder hin, konnte sich aber nicht verkneifen, die Mutter darauf aufmerksam zu machen: "Es sind ja gar keine Forellen. Es sind ja Rotaugen."
"Na", beschwichtigte Jenny, "sie ist ja noch jung. Vers?hnt euch! Morgen gibt's
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