Einige Gedichte | Page 3

Friedrich von Schiller
springen, Wohl! die Massen sind im Fluß. Laßt's
mit Aschensalz durchdringen, Das befördert schnell den Guß. Auch
von Schaume rein Muß die Mischung sein, Daß vom reinlichen Metalle
Rein und voll die Stimme schalle.
Denn mit der Freude Feierklange Begrüßt sie das geliebte Kind Auf
seines Lebens erstem Gange, Den es in Schlafes Arm beginnt; Ihm
ruhen noch im Zeitenschoße Die schwarzen und die heitern Lose, Der

Mutterliebe zarte Sorgen Bewachen seinen goldnen Morgen-- Die Jahre
fliehen pfeilgeschwind. Vom Mädchen reißt sich stolz der Knabe, Er
stürmt ins Leben wild hinaus, Durchmißt die Welt am Wanderstabe,
Fremd kehrt er heim ins Vaterhaus, Und herrlich, in der Jugend
Prangen, Wie ein Gebild aus Himmels Höhn, Mit züchtigen,
verschämten Wangen Sieht er die Jungfrau vor sich stehn. Da faßt ein
namenloses Sehnen Des Jünglings Herz, er irrt allein, Aus seinen
Augen brechen Tränen, Er flieht der Brüder wilden Reihn. Errötend
folgt er ihren Spuren, Und ist von ihrem Gruß beglückt; Das Schönste
sucht er auf den Fluren, Womit er seine Liebe schmückt. O! zarte
Sehnsucht, süßes Hoffen, Der ersten Liebe goldne Zeit, Das Auge sieht
den Himmel offen, Es schwelgt das Herz in Seligkeit, O! daß sie ewig
grünen bliebe, Die schöne Zeit der jungen Liebe!
Wie sich schon die Pfeifen bräunen! Dieses Stäbchen tauch ich ein,
Sehn wir's überglast erscheinen Wirds zum Gusse zeitig sein. Jetzt,
Gesellen, frisch! Prüft mir das Gemisch, Ob das Spröde mit dem
Weichen Sich vereint zum guten Zeichen.
Denn wo das Strenge mit dem Zarten, Wo Starkes sich und Mildes
paarten, Da gibt es einen guten Klang. Drum prüfe, wer sich ewig
bindet, Ob sich das Herz zum Herzen findet! Der Wahn ist kurz, die
Reu ist lang. Lieblich in der Bräute Locken Spielt der jungfräuliche
Kranz, Wenn die hellen Kirchenglocken Laden zu des Festes Glanz.
Ach! des Lebens schönste Feier Endigt auch den Lebensmai, Mit dem
Gürtel, mit dem Schleier Reißt der schöne Wahn entzwei. Die
Leidenschaft flieht, Die Liebe muß bleiben, Die Blume verblüht, Die
Frucht muß treiben. Der Mann muß hinaus Ins feindliche Leben, Muß
wirken und streben Und pflanzen und schaffen, Erlisten, erraffen, Muß
wetten und wagen Das Glück zu erjagen. Da strömet herbei die
unendliche Gabe, Es füllt sich der Speicher mit köstlicher Habe, Die
Räume wachsen, es dehnt sich das Haus. Und drinnen waltet Die
züchtige Hausfrau, Die Mutter der Kinder, Und herrschet weise Im
häuslichen Kreise, Und lehret die Mädchen, Und wehret den Knaben,
Und reget ohn Ende Die fleißigen Hände, Ünd mehrt den Gewinn Mit
ordnendem Sinn. Und füllet mit Schätzen die duftenden Laden, Und
dreht um die schnurrende Spindel den Faden, Und sammelt im reinlich
geglätteten Schrein Die schimmernde Wolle, den schneeigten Lein,
Und füget zum Guten den Glanz und den Schimmer, Und ruhet nimmer.

Und der Vater mit frohem Blick Von des Hauses weitschauendem
Giebel Überzählet sein blühend Glück, Siehet der Pfosten ragende
Bäume, Und der Scheunen gefüllte Räume Und die Speicher, vom
Segen gebogen, Und des Kornes bewegte Wogen, Rühmt sich mit
stolzem Mund: Fest wie der Erde Grund Gegen des Unglücks Macht
Steht mfr des Hauses Pracht!-- Doch mit des Geschickes Mächten Ist
kein ew'ger Bund zu flechten, Und das Unglück schreitet schnell.
Wohl! Nun kann der Guß beginnen, Schön gezacket ist der Bruch.
Doch, bevor wir's lassen rinnen, Betet einen frommen Spruch! Stoßt
den Zapfen aus! Gott bewahr das Haus. Raudlend in des Henkels
Bogen Schießts mit feuerbraunen Wogen.
Wohltätig ist des Feuers Macht, Wenn sie der Mensch bezähmt,
bewacht, Und was er bildet, was er schafft, Das dankt er dieser; Doch
furchtbar wird die Himmelskraft, Wenn sie der Fessel sich entrafft,
Einhertritt auf der eignen Spur Die freie Tochter der Natur. Wehe,
wenn sie losgelassen Wachsend ohne Widerstand Durch die
volkbelebten Gassen Wälzt den ungeheuren Brand! Denn die Elemente
hassen Das Gebild der Menschenhand. Aus der Wolke Quillt der Segen,
Strömt der Regen, Aus der Wolke, ohne Wahl, Zuckt der Strahl! Hört
ihr's wimmern hoch vom Turm! Das ist Sturm! Rot wie Blut Ist der
Himmel, Das ist nicht des Tages Glut! Welch Getümmel Straßen auf!
Dampf wallt auf! Flackernd steigt die Feuersäule, Durch der Straßen
lange Zeile Wächst es fort mit Windeseile, Kochend wie aus Ofens
Rachen Glühn die Lüfte, Balken krachen, Pfosten stürzen, Fenster
klirren, Kinder jammern, Mütter irren, Tiere wimmern Unter
Trümmern, Alles rennet, rettet, flüchtet, Taghell ist die Nacht gelichtet,
Durch der Hände lange Kette Um die Wette Fliegt der Eimer, hoch im
Bogen Sprützen Quellen, Wasserwogen. Heulend kommt der Sturm
geflogen, Der die Flamme brausend sucht, Prasselnd in die dürre Frucht
Fällt sie, in des Speichers Räume, In der Sparren dürre Bäume, Und als
wollte sie im Wehen Mit sich fort der Erde Wucht Reißen, in gewaltger
Flucht, Wächst sie in des Himmels Höhen Riesengroß! Hoffnungslos
Weicht der Mensch der Götterstärke, Müßig sieht er seine Werke Und
bewundernd untergehn.
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