Einige Gedichte | Page 2

Friedrich von Schiller
Nymphenvolk bekriegtest, Ein Held des
Karnevals den deutschen Wirbel flogst, Ein Himmelreich in beiden
Armen wiegtest Und Nektarduft von Mädchenlippen sogst--
Ha Seladon! wenn damals aus den Achsen Gewichen wär der Erde
schwerer Ball, Im Liebesknäul mit Julien verwachsen Du hättest
überhört den Fall!
O denk zurück nach deinen Rosentagen Und lerne: die Philosophie
Schlägt um, wie unsre Pulse anders schlagen; Zu Göttern schaffst du
Menschen nie.
Wohl, wenn ins Eis des klügelnden Verstandes Das warme Blut ein
bißchen muntrer springt! Laß den Bewohnern eines bessern Landes,
Was nie dem Sterblichen gelingt.
Zwingt doch der irdische Gefährte Den gottgebornen Geist in
Kerkermauren ein, Er wehrt mir, daß ich Engel werde, Ich will ihm
folgen, Mensch zu sein.

Bittschrift
Dumm ist mein Kopf und schwer wie Blei, Die Tobaksdose ledig,
Mein Magen leer--der Himmel sei Dem Trauerspiele gnädig.
Ich kratze mit dem Federkiel Auf den gewalkten Lumpen; Wer kann
Empfindung und Gefühl Aus hohlem Herzen pumpen?
Feu'r soll ich gießen aufs Papier Mit angefrornem Finger?-- O Phöbus,
hassest du Geschmier, So wärm auch deine Sänger.

Die Wäsche klatscht vor meiner Tür, Es scharrt die Küchenzofe. Und
mich--mich ruft das Flügeltier Nach König Philipps Hofe.
Ich steige mutig auf das Roß; In wenigen Sekunden Seh ich
Madrid--Am Königsschloß Hab ich es angebunden.
Ich eile durch die Galerie Und--siehe da!--belausche Die junge Fürstin
Eboli In süßem Liebesrausche.
Jetzt sinkt sie an des Prinzen Brust Mit wonnevollem Schauer, In i h r e
n Augen Götterlust, Doch in den s e i n e n Trauer.
Schon ruft das schöne Weib Triumph, Schon hör ich--Tod und Hölle!
Was hör ich?--einen nassen Strumpf Geworfen in die Welle.
Und weg ist Traum und Feerei-- Prinzessin, Gott befohlen! Der Teufel
soll die Dichterei Beim Hemdenwaschen holen.
Das Geheimnis
Sie konnte mir kein Wörtchen sagen, Zu viele Lauscher waren wach;
Den Blick nur durft ich schüchtern fragen, Und wohl verstand ich, was
er sprach. Leis komm ich her in deine Stille, Du schön belaubtes
Buchenzelt, Verbirg in deiner grünen Hülle Die Liebenden dem Aug
der Welt.
Von ferne mit verworrnem Sausen Arbeitet der geschäft'ge Tag, Und
durch der Stimmen hohles Brausen Erkenn ich schwerer Hämmer
Schlag. So sauer ringt die kargen Lose Der Mensch dem harten
Himmel ab, Doch leicht erworben, aus dem Schoße Der Götter fällt das
Glück herab.
Daß ja die Menschen nie es hören, Wie treue Lieb uns still beglückt!
Sie können nur die Freude stören, Weil Freude nie sie selbst entzückt.
Die Welt wird nie das Glück erlauben, Als Beute wird es nur gehascht,
Entwenden mußt du's oder rauben, Eh dich die Mißgunst überrascht.
Leis auf den Zehen kommt's geschlichen, Die Stille liebt es und die
Nacht, Mit schnellen Füßen ist's entwichen, Wo des Verräters Auge
wacht. O schlinge dich, du sanfte Quelle, Ein breiter Strom um uns
herum, Und drohend mit empörter Welle Verteidige dies Heiligtum!

Das Glück der Weisheit
Entzweit mit einem Favoriten, Flog einst Fortun der Weisheit zu: "Ich
will dir meine Schätze bieten, Sei meine Freundin du!
Mit meinen reichsten, schönsten Gaben Beschenkt ich ihn so mütterlich,
Und sieh, er will noch immer haben Und nennt noch geizig mich.

Komm, Schwester, laß uns Freundschaft schließen, Du marterst dich an
deinem Pflug; In deinen Schoß will ich sie gießen, Hier ist für dich und
mich genug."
Sophia lächelt diesen Worten Und wischt den Schweiß vom Angesicht:
Dort eilt dein Freund, sich zu ermorden, Versöhnet euch!--ich brauch
dich nicht."

Das Lied von der Glocke
Vivos voco. Mortuos plango. Fulgura frango.
Fest gemauert in der Erden Steht die Form, aus Lehm gebrannt. Heute
muß die Glocke werden, Frisch, Gesellen! seid zur Hand. Von der
Stirne heiß Rinnen muß der Schweiß, Soll das Werk den Meister loben,
Doch der Segen kommt von oben. Zum Werke, das wir ernst bereiten,
Geziemt sich wohl ein ernstes Wort; Wenn gute Reden sie begleiten,
Dann fließt die Arbeit munter fort. So laßt uns jetzt mit Fleiß
betrachten, Was durch die schwache Kraft entspringt, Den schlechten
Mann muß man verachten, Der nie bedacht, was er vollbringt. Das ists
ja, was den Menschen zieret Und dazu ward ihm der Verstand, Daß er
im innern Herzen spüret, Was er erschafft mit seiner Hand.
Nehmet Holz vom Fichtenstamme, Doch recht trocken laßt es sein, Daß
die eingepreßte Flamme Schlage zu dem Schwalch hinein. Kocht des
Kupfers Brei, Schnell das Zinn herbei, Daß die zähe Glockenspeise
Fließe nach der rechten Weise.
Was in des Dammes tiefer Grube Die Hand mit Feuers Hilfe baut,
Hoch auf des Turmes Glockenstube Da wird es von uns zeugen laut.
Noch dauern wirds in späten Tagen Und rühren vieler Menschen Ohr,
Und wird mit dem Betrübten klagen, Und stimmen zu der Andacht
Chor. Was unten tief dem Erdensohne Das wechselnde Verhängnis
bringt, Das schlägt an die metallne Krone, Die es erbaulich weiter
klingt.
Weiße Blasen seh ich
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