Einige Gedichte | Page 4

Friedrich von Schiller
Leergebrannt Ist die Stätte, Wilder Stürme
rauhes Bette, In den öden Fensterhöhlen Wohnt das Grauen, Und des
Himmels Wolken schauen Hoch hinein. Einen Blick Nach dem Grabe
Seiner Habe Sendet noch der Mensch zurück-- Greift fröhlich dann

zum Wanderstabe, Was Feuers Wut ihm auch geraubt, Ein süßer Trost
ist ihm geblieben, Er zählt die Häupter seiner Lieben Und sieh! ihm
fehlt kein teures Haupt.
In die Erd ist's aufgenommen, Glücklich ist die Form gefüllt, Wirds
auch schön zu Tage kommen, Daß es Fleiß und Kunst vergilt? Wenn
der Guß mißlang? Wenn die Form zersprang? Ach, vielleicht indem wir
hoffen Hat uns Unheil schon getroffen.
Dem dunkeln Schoß der heilgen Erde Vertrauen wir der Hände Tat,
Vertraut der Sämann seine Saat Und hofft, daß sie entkeimen werde
Zum Segen, nach des Himmels Rat. Noch köstlicheren Samen bergen
Wir traurend in der Erde Schoß, Und hoffen, daß er aus den Särgen
Erblühen soll zu schönerm Los. Von dem Dome Schwer und bang Tönt
die Glocke Grabgesang. Ernst begleiten ihre Trauerschläge Einen
Wandrer auf dem letzten Wege. Ach! die Gattin ists, die teure, Ach! es
ist die treue Mutter, Die der schwarze Fürst der Schatten Wegführt aus
dem Arm des Gatten, Aus der zarten Kinder Schar, Die si.e blühend
ihm gebar, Die sie an der treuen Brust Wachsen sah mit Mutterlust--
Ach! des Hauses zarte Bande Sind gelöst auf immerdar, Denn sie
wohnt im Scha.ttenlande, Die des Hauses Mutter war, Denn es fehlt ihr
treues Walten, Ihre Sorge wacht nicht mehr, An verwaister Stätte
schalten Wird die Fremde, liebeleer.
Bis die Glocke sich verkühlet Laßt die strenge Arbeit ruhn, Wie im
Laub der Vogel spielet Mag sich jeder gütlich tun. Winkt der Sterne
Licht, Ledig aller Pflicht Hört der Bursch die Vesper schlagen, Meister
muß sich immer plagen.
Munter fördert seine Schritte Fern im wilden Forst der Wandrer Nach
der lieben Heimathütte. Blöckend ziehen heim die Schafe, Und der
Rinder Breitgestirnte glatte Scharen Kommen brüllend, Die gewohnten
Ställe füllend. Schwer herein Schwankt der Wagen, Kornbeladen, Bunt
von Farben Auf den Garben Liegt der Kranz, Und das junge Volk der
Schnitter Fliegt zum Tanz. Markt und Straße werden stiller, Um des
Lichts gesellge Flamme Sammeln sich die Hausbewohner, Und das
Stadttor schließt sich knarrend. Schwarz bedecket Sich die Erde, Doch
den sichern Bürger schrecket Nicht die Nacht, Die den Bösen gräßlich
wecket, Denn das Auge des Gesetzes wacht. Heilge Ordnung,
segenreiche Himmelstochter, die das Gleiche Frei und leicht und
freudig bindet, Die der Städte Bau gegründet, Die herein von den

Gefilden Rief den ungesellgen Wilden, Eintrat in der Menschen Hütten,
Sie gewöhnt' zu sanften Sitten Und das teuerste der Bande Wob, den
Trieb zum Vaterlande!
Tausend fleißge Hände regen, Helfen sich in munterm Bund Und in
feurigem Bewegen Werden alle Kräfte kund. Meister rührt sich und
Geselle In der Freiheit heilgem Schutz. Jeder freut sich seiner Stelle,
Bietet dem Verächter Trutz. Arbeit ist des Bürgers Zierde, Segen ist der
Mühe Preis, Ehrt den König seine Würde, Ehret uns der Hände Fleiß.
Holder Friede, Süße Eintracht, Weilet, weilet Freundlich über dieser
Stadt! Möge nie der Tag erscheinen, Wo des rauhen Krieges Horden
Dieses stille Tal durchtoben, Wo der Himmel, Den des Abends sanfte
Röte Lieblich malt, Von der Dörfer, von der Städte Wildem Brande
schrecklich strahlt!
Nun zerbrecht mir das Gebäude, Seine Absicht hats erfüllt, Daß sich
Herz und Auge weide An dem wohlgelungnen Bild. Schwingt den
Hammer, schwingt, Bis der Mantel springt, Wenn die Glock soll
auferstehen Muß die Form in Stücken gehen.
Der Meister kann die Form zerbrechen Mit weiser Hand, zur rechten
Zeit, Doch wehe, wenn in Flammenbächen Das glühnde Erz sich selbst
befreit! Blindwütend mit des Donners Krachen Zersprengt es das
geborstne Haus, Und wie aus offnem Höllenrachen Speit es Verderben
zündend aus; Wo rohe Kräfte sinnlos walten, Da kann sich kein Gebild
gestalten, Wenn sich die Völker selbst befrein, Da kann die Wohlfahrt
nicht gedeihn.
Weh, wenn sich in dem Schoß der Städte Der Feuerzunder still gehäuft,
Das Volk, zerreißend seine Kette, Zur Eigenhilfe schrecklich greift! Da
zerret an der Glocke Strängen Der Aufruhr, daß sie heulend schallt,
Und nur geweiht zu Friedensklängen Die Losung anstimmt zur Gewalt.
Freiheit und Gleichheit! hört man schallen, Der ruh'ge Bürger greift zur
Wehr; Die Straßen füllen sich, die Hallen, Und Würgerbanden ziehn
umher, Da werden Weiber zu Hyänen Und treiben mit Entsetzen
Scherz, Noch zuckend, mit des Panthers Zähnen, Zerreißen sie des
Feindes Herz. Nichts Heiliges ist mehr, es lösen Sich alle Bande
frommer Scheu, Der Gute räumt den Platz dem Bösen, Und alle Laster
walten frei. Gefährlich ists den Leu zu wecken, Verderblich ist des
Tigers Zahn, Jedoch der schrecklichste der Schrecken Das ist der
Mensch in seinem Wahn. Weh denen, die dem Ewigblinden Des

Lichtes Himmelsfackel leihn! Sie strahlt ihm nicht, sie kann nur zünden
Und äschert Städt und Länder ein.
Freude hat mir
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