Ein Heiratsantrag | Page 3

Anton Tschechow
Es ist wirklich ärgerlich.
=Lomow.= Ich werde Ihnen die Dokumente zeigen, Natalia
Stepanowna.

=Natalia Stepanowna.= Nein, Sie scherzen ganz einfach oder Sie
ziehen mich auf... Eine schöne Bescherung! Wir besitzen den Grund
seit nahezu dreihundert Jahren und plötzlich macht man uns die
Mitteilung, daß er nicht uns gehört! Iwan Wassiljitsch, verzeihen Sie,
aber ich traue meinen Ohren nicht... Für mich haben diese Wiesen
einen geringen Wert. Es sind im ganzen fünf Desjatin und sie haben
den Wert von ein paar hundert Rubel, etwa 300 Rubel, aber mich
empört die Ungerechtigkeit. Sagen Sie, was Sie wollen, aber
Ungerechtigkeit kann ich nicht ertragen.
=Lomow.= Hören Sie bis zu Ende, ich flehe Sie an! Die Bauern des
Großvaters Ihres geehrten Vaters, wie ich schon die Ehre hatte, Ihnen
zu sagen, brannten für die Großmutter meiner Tante Ziegel. Die
Großmutter der Tante wollte ihnen etwas Angenehmes...
=Natalia Stepanowna.= Großvater, Großmutter, Tante... Ich verstehe
von all dem nichts! Die Wiesen gehören uns und Punktum.
=Lomow.= Nein, mir!
=Natalia Stepanowna.= Uns! Wenn Sie auch zwei Tage lang beweisen,
und wenn Sie fünfzehn Fräcke anlegen, so sind sie doch unsere, unsere,
unsere!... Was Ihnen gehört, begehre ich nicht, aber ich wünsche auch
nicht, das zu verlieren, was mir gehört!
=Lomow.= Natalia Stepanowna, ich brauche nicht die Wiesen, ich tue
es doch nur aus Prinzip. Wenn es angenehm ist, so bitte ... ich schenke
sie Ihnen.
=Natalia Stepanowna.= Ich kann sie +Ihnen+ schenken, denn sie
gehören mir!... Das ist doch sehr sonderbar, Iwan Wassiljitsch! Wir
haben Sie bisher für einen guten Nachbarn gehalten, für einen Freund,
vergangenes Jahr überließen wir Ihnen unsere Dreschwalze und
konnten deshalb unser Getreide erst im November zu Ende mahlen und
Sie behandeln uns wie die Zigeuner. Sie schenken mir mein eigenes
Grundstück. Entschuldigen Sie, so handeln Nachbarn nicht. Nach
meiner Meinung ist es sogar eine Kühnheit ... wenn Sie wollen...

=Lomow.= Nach Ihrer Ansicht bin ich also ein Usurpator? Meine
Gnädige, niemals habe ich mir fremde Grundstücke angeeignet und ich
gestatte niemandem, mich dessen zu beschuldigen... (Er geht rasch zur
Flasche und trinkt Wasser.) Die Ochsenwiesen sind mein!
=Natalia Stepanowna.= Es ist nicht wahr! Unser!
=Lomow.= Mein!
=Natalia Stepanowna.= Nicht wahr! Ich werde es Ihnen beweisen!
Heute noch schicke ich meine Schnitter auf diese Wiesen!
=Lomow.= W--a--as?
=Natalia Stepanowna.= Heute werden meine Schnitter dort sein!
=Lomow.= Und ich werde sie fortjagen!
=Natalia Stepanowna.= Unterstehen Sie sich!
=Lomow= (greift nach seinem Herzen). Die Ochsenwiesen sind mein,
verstehen Sie, mein!
=Natalia Stepanowna.= Ich bitte, schreien Sie nicht! Sie können bei
sich zu Hause schreien und vor Wut schnauben, aber hier, bitte ich, sich
in gewissen Grenzen zu halten!
=Lomow.= Meine Gnädige, hätte ich nicht so furchtbares, quälendes
Herzklopfen und hämmerten mir nicht die Adern in den Schläfen, so
spräche ich anders mit Ihnen! (Schreit.) Die Ochsenwiesen gehören
mir!
=Natalia Stepanowna.= Uns!
=Lomow.= Mir!
=Tschubukow= (kommt von rechts).

Vierter Auftritt.
=Die Vorigen.= =Tschubukow.=
=Tschubukow.= Was gibt es hier? Weshalb schreit ihr?
=Natalia Stepanowna.= Papa, erkläre du, bitte, diesem Herrn. Wem
gehören die Ochsenwiesen: uns oder ihm?
=Tschubukow= (zu Lomow). Schätzchen, die Wiesen gehören uns!
=Lomow.= Aber erbarmen Sie sich, Stepan Stepanowitsch, wie
gehören sie denn Ihnen? Seien +Sie+ wenigstens ein räsonnabler
Mensch! Die Großmutter meiner Tante hat die Wiesen für eine gewisse
Zeit zur unentgeltlichen Benutzung den Bauern Ihres Großvaters
überlassen. Die Bauern benutzten den Grund vierzig Jahre lang und
gewöhnten sich an ihn wie an ihren eigenen, als aber der Ukas
erschien...
=Tschubukow.= Erlauben Sie, Wertester... Sie vergessen, daß gerade
die Bauern Ihrer Großmutter nicht gezahlt haben und dergleichen, weil
wegen der Wiesen gerade damals Prozeß geführt wurde und
dergleichen... Und jetzt weiß jeder Hund, daß sie uns gehören. Sie
haben den Plan nicht gesehen!
=Lomow.= Und ich werde Ihnen beweisen, daß sie mir gehören.
=Tschubukow.= Beweisen Sie es nicht, mein Liebling.
=Lomow.= Nein, ich werde es beweisen!
=Tschubukow.= Teuerster, warum denn so schreien? Gerade durch
Schreien werden Sie am wenigsten beweisen. Ich verlange nicht das
Ihrige und habe nicht die Absicht das Meinige abzutreten. Warum auch?
Ist es schon so weit gekommen, mein Liebster, beabsichtigen Sie
wirklich, uns die Wiesen zu bestreiten und dergleichen, dann schenke
ich sie lieber den Bauern als Ihnen! Ganz gewiß!
=Lomow.= Ich begreife nicht! Welches Recht haben Sie überhaupt,

fremdes Eigentum zu verschenken?
=Tschubukow.= Sie gestatten mir wohl, zu wissen, ob ich das Recht
dazu habe oder nicht. Junger Mann, ich bin nicht gewohnt, daß mit mir
in diesem Ton gesprochen wird und dergleichen. Ich, junger Mann, bin
zweimal so alt wie Sie und bitte, zu mir ruhig zu sprechen und
dergleichen.
=Lomow.= Nein, Sie halten mich zum Narren und machen sich lustig
über mich! Sie nennen mein Grundstück das Ihrige und wollen, daß ich
dabei gleichmütig bleiben und zu Ihnen menschlich sprechen soll. So
gehen gute Nachbarn nicht vor, Stepan Stepanowitsch! Sie sind kein
Nachbar, ein Usurpator sind Sie!
=Tschubukow.= Wa--as? Was
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