Ein Bruderzwist in Habsburg | Page 4

Franz Grillparzer
österreich'schen
Lande, Die Hoffnung einst zu folgen auf dem Thron, Für einen Ort um
ruhig drauf zu sterben. (Er legt die Hand auf die Armlehne von des
Kaisers Stuhl.)
Rudolf. Wer da?--Rumpf! Will allein sein!--Rumpf, allein! Allein.
Mathias. Mein Kaiser und mein Herr!
Rudolf (den Stock gegen Rumpf gehoben). Allein!
Rumpf. Ich sagt' es ja, doch Seine Durchlaucht drängten.
Rudolf (mit steigender Heftigkeit). Allein!
Rumpf (zu Mathias) Entfernt Euch, gnäd'ger Herr!
Klesel. Kommt, kommt! Verloren geht sonst alles.
Mathias. Gott!
Rudolf (vor sich hin). Allein.
Mathias. Führt mich ins Grab, da wird mir doch wohl Ruh.
(Ab, von Klesel geführt.)
Rudolf (dumpf). Allein!
Rumpf. Was nun beginnen? Gott! (Er hebt das Buch auf, das der Kaiser
weggeworfen hat, und reicht es ihm.) Das Buch!
(Rudolf weist es zurück.)
Rumpf. Berichte sind aus Ungarn eingelangt: Raab ist entsetzt und
Papa wird belagert. Die Malkontenten sollen willens sein-- (Lebhafter.)
Ein Kaufmann aus Florenz hat sich gemeldet. Geschnittne Steine führt
er aller Art Von hohem Werte.
Rudolf. Sehn!
Rumpf. Allein die Preise Sei'n unerschwinglich.
Rudolf. Albern.

Rumpf. Soll ich also?--Gut. Der spanische Orator Balthasar Zuñiga
wünscht Gehör.
(Der Kaiser schüttelt den Kopf.)
Rumpf. Beliebt's Euch etwa Nunmehro die Berichte--?
(Der Kaiser stößt unwillig mit dem Stocke auf den Boden.)
Rumpf. Guter Gott!
(Don Cäsar kommt.)
Rumpf. Ihr kommt zur rechten Zeit. Versucht, ob etwa--
Don Cäsar. Ich küß Eu'r Majestät die hohen Hände.
(Der Kaiser mißt ihn mit zornigem Blicke.)
Don Cäsar. Ihr scheint nicht gut gelaunt, doch muß ich sprechen. Es
gilt ein Leben, gilt wohl mehr als dies.-- Es hat ein Kriegsgericht, ob
eines Totschlags, Verübt im herben Fall der Selbstverteid'gung, Zum
Henkersschwert verurteilt Herman Rußworm, Den treusten Diener
Eurer Majestät, Den Helden in der Türken heißen Schlachten. Ich bitt
Euch nun, das Urteil aufzuheben, Das Unsinn ist, Verrücktheit,
Gotteslästrung. Euch zu erhalten ein so teures Leben, Mir einen Freund,
den ich nicht lassen kann, Und retten muß, gält' es das Äußerste.
(Rudolf sieht Wolfen Rumpf fragend an.)
Rumpf. Es ist von wegen Herman Rußworm, Der, halb gereizt, und
halb aus leid'gem Zufall, Den Obersten erschlug.
(Der Kaiser wirft, wie suchend, die auf dem Tische liegenden Papiere
untereinander.)
Rumpf. Vielleicht das Urteil? Es lag zur Unterschrift in Dero Kabinett.
Soll ich vielleicht--? Ich gehe, es zu holen. (Ab durch die Türe rechts.)
Don Cäsar. Ich dank Eu'r Majestät denn nur im voraus Für die
Begnadigung des wackern Manns, Der alles ist was dieses Wort besagt,
Indes sein Feind ein Weiber-, Pfaffendiener, Ein Heuchler und ein
Schurk! Und wenn der Rußworm In Zornesglut sich allzuweit vergaß,
So denkt: derselbe Zorn, der hier den Gegner schlug, Gewann Euch
auch in Ungarn zwanzig Schlachten.
(Rumpf kommt mit einem gesiegelten Paket zurück.)
Rumpf. Das Urteil.
(Er reicht die Schrift dem Kaiser, der sie zurückweist.)
Rumpf. Guter Gott!--Beliebt vielleicht Eu'r Majestät hochgnädig zu
bestimmen Was Dero Absicht mit so wicht'ger Schrift?
(Der Kaiser nimmt das Paket, liest hohnlachend die Aufschrift und gibt

es zurück.)
Rumpf. Ich weiß recht wohl: die äußre Fert'gung lautet An Rat und
Schöffen Eurer Altstadt Prag. Doch, wenn das Urteil wirklich
unterschrieben, Wie ich vermuten sollte--
(Der Kaiser stößt unwillig mit dem Stocke auf den Boden.)
Don Cäsar. Gnäd'ger Herr! Ich muß Euch bitten für zwei Augenblicke
Die feindlich düstre Laune aufzugeben, Die sich in diesem Schweigen
wohlgefällt. Bedenkt: kommt dieses Urteil so gefertigt Und
unterschrieben auf das Prager Schloß, So stirbt mein Freund.
Rudolf. Er stirbt!--Und du mit ihm, Wagst ferner du's ein Wort für ihn
zu sprechen. Entarteter! Ich kenne deine Wege. Du schwärmst zu Nacht
mit ausgelaßnen Leuten, Stellst nach den Kindern ehrbar stiller Bürger,
Hältst dich zu Meutern, Lutheranern.
Don Cäsar. Meuter Hab ich mit meiner Freundschaft nie beehrt. Und
was den Glauben, Herr, betrifft, da richtet Nur Gott.
Rudolf. Ja Gott und du. Ihr beide, nicht wahr? Glaub du an das was
deine Lehrer glaubten, Die Weiseren, die Bessern laß entscheiden,
Dann kommt's wohl noch an dich.--Der Rußworm stirbt! Und dank es
Gott und einem Rest von Neigung, Daß ich die Helfer, sie die darum
wußten Die lobten, billigten den feigen Mord An Belgiojoso freventlich
vollbracht, Nicht ebnermaßen suche mit dem Schwert.-- Das Mädchen,
dem du nachstellst, wüsten Sinns, Laß frei!
Don Cäsar. Nein Herr, denn sie betrog mich.
Rudolf. Meinst du? Cäsar, solang die ew'gen Sterne kreisen, Betrügt
der Mann das Weib.
Don Cäsar. Zum mindsten war's so, Mit einer Frau, die mir gar nah
verwandt.
Rudolf. Die dir verwandt? So kennst du deine Mutter? Und kennst du
den, der dir das Leben gab? Sag ja! sag ja! und ewiges Gefängnis,
Entfernt vom Strahl des gottgegebnen Lichts-- So haben in den Sternen
sie's gelesen: Je näher mir, mir um so grimmrer Feind. Und also steht er
da, hohnlachend, trotzend, Wie einst der Teufel vor des Menschen
Sohn. Fort dieses Lachen, fort!--Gib deine Waffen! Nehmt ihn
gefangen!--Wie, ihr zögert?
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