Ein Bruderzwist in Habsburg | Page 3

Franz Grillparzer
Vorgrunde steht). Dort sind Sie
selbst.
Rumpf. Je, Diener, Diener!--Geht nicht. Des Kaisers Majestät sind
unwohl.--Acta, Negotia.
Klesel. Nur wenige Minuten. (Leise zu Mathias.) Drängt ihn! Drängt
ihn!
Mathias. Herr Rumpf, gebt mir die Hand!
Rumpf. Je, meritier's nicht. Aber kann nicht sein. Nicht wohl geruht;
empfinden sich turbiert Mit mal di testa. Wage meinen Dienst So ich es
permittier--
Klesel. Ihr scherzt Herr Rumpf. Wer kennt nicht Eure Macht an diesem
Hof.
Rumpf. So scheint's, so scheint's. Doch sind der Herr gar streng. Je
näher ihm, so näher seinem Zorn. Noch gestern abend, waren hoch
ergrimmt, Sei'n kein Philipp der Dritte schrieen Sie, Diktieren sich zu
lassen von Privaden. Mußt' meinen Abzug nehmen eilig durch die Tür.
Es darf nicht sein. Ich kann nicht, kann nicht, nein! (Er entfernt sich
von ihnen.)
(Don Cäsar stürmt zur Türe herein.)
Don Cäsar. Wo ist der Kaiser? Nun, Perückenmann, Ist er zu sprechen?

Rumpf. Huldreichst guten Morgen Senjor Don Cäsar. Gott erhalt' Eu'r
Gnaden.
Don Cäsar. Wie geht's dem Kaiser?
Rumpf. Gut. Verwunderlich. Der Herr verjüngen sich mit jedem Tage,
Sehn wie ein Dreißiger. Sagt' ich doch heut nur: Daß Sie so selten
öffentlich sich zeigten, Die Weiber sein's, die drob am meisten klagten.
Da lachten Seine Majestät.
Don Cäsar. Ich glaub's wohl. War ich dabei ich hätte auch gelacht. Ein
Dreißiger! mit solchen Bauch und Beinen. Wie nun, kann ich ihn
sprechen?
Rumpf. Allerdings. Ein Weilchen nur hochgnädige Geduld. Des
Kaisers Majestät sind-- (Er spricht ihm ins Ohr auf Mathias zeigend.)
Don Cäsar. Gut denn, gut. Wem ist das Pferd das man im Hofe führt?
Rumpf. Ach Euer wenn Ihr wollt. Der Kaiser hat es heute Besehen und
gekauft.
Don Cäsar. Ich will's besteigen. (Ab.)
Mathias. Wer ist der junge Mann?
Klesel. So wißt Ihr nicht? Ein Findelkind, im Schlosse hier gefunden.
Der Kaiser liebt ihn sehr. Begreift Ihr nun?
Mathias. Don Cäsar?
Klesel. Wohl, er selbst.--Nun noch einmal Begehrt in Ungarn ein
Kommando.
Mathias. Wozu?
Klesel. Ihr sollt noch hören. Doch verlangt es!
(Ein Kämmerer tritt ein.)
Kämmerer. Erzherzog Ferdinand aus Steiermark Sind angekommen,
bitten um Gehör.
Rumpf. Du liebe Zeit! Ihr Gnaden sind willkommen.
(Kämmerer ab.)
Klesel. Seht Ihr? Da kommt der künft'ge Kaiser an, Der Erb' von
Österreich, wenn Ihr nicht vorseht.
Mathias. Ich will in Ungarn ein Kommando suchen. Dann--Hab ich
dich verstanden?--Klesel, dann, Die Macht in Händen--
Klesel. Nur gemach, gemach! Ihr habt die Macht noch nicht.
Mathias. Und ich soll betteln?
Klesel. Um Gottes willen, Ihr verderbt noch alles.
(Ein Kämmerer öffnet die Seitentüre rechts.)

Rumpf. Der Kaiser kommt. Ich bitt Eu'r Durchlaucht freundlichst
Abseit zu treten, bis ich angefragt.
Mathias. Ich muß den Kaiser sprechen und ich bleibe.
Rumpf. Bedenkt!
Mathias. Ich hab's gesagt.
Rumpf. Nun denn, mit Gott! Stellt Euch dorthin. Der Kaiser geht
vorüber Wenn er zur Messe sich verfügt. Vielleicht Will Euch das
Glück, daß er Euch sieht und anspricht. Er kommt.
Klesel. Verfärbt Ihr Euch? Nur Mut, nur Mut! Der Augenblick gibt
alles oder nimmt es.
(Alles steht in ehrfurchtsvoller Erwartung. Erzherzog Mathias zieht
sich bis hinter die Seitentüre links zurück. Klesel in seiner Nähe.
--Zwei Trabanten treten aus der Seitentüre rechts und stellen sich
daneben auf; dann einige Pagen, zuletzt der Kaiser auf einen
Krückenstab gestützt. Zwei Männer, Gemälde haltend, knien auf
seinem Wege. Er bleibt vor dem ersten stehen, betrachtet es, zeigt dann
mit dem Stocke darnach hin und bezeichnet an seinem eigenen linken
Arme die Stelle wo das Bild ihm verzeichnet scheint. Er schüttelt den
Kopf, das Bild wird weggebracht. Er steht vor dem zweiten und gibt
Zeichen der Billigung. Endlich nickt er Rumpfen zu, daß dieses zu
behalten sei. Zugleich hebt er drei Finger der rechten Hand empor.)
Rumpf. Zweitausend?
Rudolf (heftig und stark). Drei. (Er tritt zum Tische auf dem mehrere
Bücher liegen. Er ergreift eins derselben.)
Rumpf. Aus Spanien.
Rudolf (heiter). Lope de Vega!
Rumpf. Depeschen auch von Eurer Majestät Gesandten an dem Hofe zu
Madrid.
(Rudolf schiebt die auf dem Tische liegenden Briefschaften verächtlich
zurück. Er setzt sich und liest, das aufgeschlagene Buch in der Hand.)
Rumpf. Erzherzog Ferdinand sind angelangt.
(Rudolf sieht, aufhorchend, einen Augenblick vom Buche weg und liest
dann weiter.)
Rumpf. Don Cäsar waren hier.
(Rudolf, obige Bewegung.)
Rumpf. Sie kommen wieder.
Klesel (zu Mathias). Nehmt Euch nur Mut! Ihr zittert, weiß es Gott.

(Der Kaiser lacht unterm Lesen laut auf.)
Klesel. Die Zeit ist günstig. Seine Majestät Scheint frohgelaunt.
Versucht's!
Rudolf (im Lesen). Divino autor Fenix de España.
(Mathias nähert sich ihm.)
Mathias. Gnäd'ger Herr und Kaiser, Ich hab's gewagt aus meinem Bann
zu Linz--
Rudolf (vom Buche aufblickend). Sortija del olvido--Ei, ei, ei! »Ring
des Vergessens«--Ja, wer den besäße!
Mathias. Ob ihr vergönnt-- (Er läßt sich auf ein Knie nieder.) Bereit,
mein Herr und Kaiser, Die Rechte alle, die mein Eigentum, Und die
man mir beneidet, Aufzugeben, Mein Erbrecht auf die
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