Ehstnische Märchen. Zweite Hälfte | Page 5

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mit dem jungen Manne, welchen sie bei ihrer Rückkehr auf des Vaters Hofe gesehen hatte, Branntwein[6] getrunken.
Der Br?utigam blieb als Schwiegersohn im Hause, denn die Eltern waren beide schon betagt.
Im n?chsten Jahre brachte Tiu ein T?chterchen zur Welt, es war ein sehr sch?nes Kind, konnte aber doch der Mutter Herz nicht ausfüllen. Sie sehnte sich stets nach dem Nebelberge zurück und w?re gern hingezogen, wenn sie das Kind h?tte allein lassen k?nnen. Als aber die Tochter sieben Jahr alt geworden war, kam eine Nacht, wo die Mutter ihr Verlangen nicht mehr zurückdr?ngen konnte, sie hauchte auf die Spange und sah sich auf den Nebelberg versetzt. Der Rasenmutter T?chter kamen ihr mit Freudengeschrei entgegen. ?Warum bist du so lange weg geblieben?? fragten sie. Tiu sagte mit thr?nenden Augen, da? es ihr nicht m?glich gewesen sei zu kommen, wiewohl ihr das Herz gro?es Verlangen danach getragen habe. Des Nebelberges K?nig mu? uns helfen, sagten darauf die M?dchen und baten Tiu, nach zwei Wochen wieder zu kommen und ihr T?chterchen mitzubringen. Tiu versprach es zu thun, wenn es m?glich w?re.
Als aber die Zeit herangekommen war, schlief das Kind so ruhig an des Vaters Seite, da? die Frau nicht das Herz hatte, es mit sich zu nehmen, sie ging de?halb, indem sie sich der Spange bediente, allein. Der alte K?nig des Nebelberges lag beim Scheine des Feuers am Boden, und sagte als er Tiu erblickte: ?Du bist heute zur unglücklichen Stunde ohne dein Kind hergekommen, und es wird dir gro?e Qual daraus erwachsen. Doch kannst du zu guter Letzt noch eine vergnügte Nacht feiern, ehe deine Leidenstage beginnen.? Bei diesen Worten klopfte er mit dem Eisenstecken auf den Rasen, und sofort erschienen der Rasenmutter T?chter, nahmen Tiu mit sich und feierten ein sch?nes Fest miteinander.
Inzwischen war daheim der Mann erwacht und als er die Frau nicht im Bette fand, stand er auf und suchte sie auf dem Hofe. Auch hier fand er keine Spur der Verschwundenen. Da entbrannte im Manne der Zorn, denn er glaubte die Frau sei irgendwo auf b?sen Wegen, darum legte er sich nicht wieder hin, sondern ging sofort zu einem Weisen des Dorfes, ihm den Fall zu erz?hlen, und ihn um Rath fragen. Als der Weise sich aus einem Weinglase Aufschlu? verschafft hatte, sagte er: ?Mit deinem Weibe steht es nicht wie es sein soll, sie geht des Nachts als W?rwolf[7] um, und hat das gewi? schon lange getrieben, nur da? du es bis heute nicht bemerkt hast. Wenn sie nach Hause kommt, mu?t du sie sogleich vor Gericht stellen.?
Der Mann fand, als er nach Hause kam, die Frau an der Seite des Kindes ruhig im Bette schlafen, er weckte sie inde? nicht, um sie über ihren n?chtlichen Gang auszufragen, sondern ging vor Gericht, wie der Weise gewollt hatte. Die Frau wurde vorgefordert. Sie weigerte sich Auskunft darüber zu geben, wo sie vergangene Nacht gewesen sei, wollte auch nicht gestehen, wo sie früher als Kind sieben Jahre lang sich verborgen gehalten, und sagte nur: Meine Seele ist schuldlos, mehr kann ich nicht sagen. Auch sp?ter wollte sie ihr Geheimni? nicht verrathen, so da? endlich der Spruch gef?llt wurde: das Weib ist eine Hexe, ein W?rwolf und sonstige Uebelth?terin, de?halb mu? sie den Feuertod sterben. Es wurde dann ein gro?er Scheiterhaufen errichtet, an welchen man das arme Weib festband, worauf er angezündet wurde. Als aber die Flamme eben aufloderte, fiel so dichter Nebel, da? man die Hand vor Augen nicht sehen konnte[8]. Als sp?ter die Sonnenstrahlen den Nebel aufsogen, fand man den Scheiterhaufen noch unversehrt, das Weib aber war nirgends zu finden, es war als ob sie im Nebel zerflossen w?re. -- Des Nebelberges K?nig hatte sie gerettet.
Wiewohl nun Tiu jetzt auf dem Nebelberge gute Tage hatte, so fand ihr Herz doch keinen Frieden, sondern sehnte sich nach dem zurückgebliebenen Kinde. H?tte ich mein T?chterlein hier -- so seufzte sie oft -- dann k?nnte ich glücklich leben, so aber ist das halbe Herz immer bei dem Kinde im Dorfe, und die andere H?lfte lebt in Trauer. Des Nebelberges K?nig errieth ihre geheimen Gedanken und lie? einst bei Nacht das T?chterlein aus dem Dorfe zur Mutter bringen. Da waren beide, Mutter und Tochter, vollkommen glücklich und sehnten sich nach nichts mehr. Die Dorfleute und der Mann glaubten, da? die, in einen W?rwolf verwandelte Frau das Kind bei Nacht fortgenommen habe. Der Mann freite eine andere Frau, aber weder seine eigene Wirthschaft noch die der anderen H?fe nahmen so guten Fortgang wie sonst; allsommerlich litten sie Schaden durch Dürre, das Getreide und Gras verdarben, weil der erfrischende Nachtthau nicht auf den Strich fiel, den die Leute bewohnten. Des Nebelberges K?nig war zornig darüber, da? sie sein Pflegekind hatten umbringen wollen.
[Fu?note 4: Sterblichen im Elfen- oder Feenlande verflie?t die Zeit, ihnen unbewu?t, mit rei?ender Geschwindigkeit. S. K?hler's Anm. zu Bd. 1, S. 364. L.]
[Fu?note
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