Ehstnische Märchen | Page 7

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des Flusses; Ertrinken habt ihr nicht zu befürchten. Dr?ngt euch dreist unter die Wurzeln des Teichr?schens, und l?set sie von Schlamm und Schilf, so da? sie nirgends mehr fest sitzen. H?ngt euch dann mit euren Scheeren an ein Zweiglein der Wurzel an, so wird euch das Wasser sammt dem Blümchen auf die Oberfl?che heben. Dann treibet mit dem Strom so lange fort, bis euch links am Ufer eine Eberesche mit bebl?tterten Zweigen zu Gesicht kommt. Nicht weit von der Eberesche steht ein Stein von der H?he einer kleinen Badstube. Beim Steine mü?t ihr die Worte aussto?en: ??Aus der Teichrose die Jungfrau, aus dem Krebs der Mann!?? In demselben Augenblick wird es so geschehen.? Als der Adler geendigt hatte, hob er die Fittige und flog davon. Der Jüngling sah ihm eine Weile nach und wu?te nicht, was er davon halten sollte.
Unter zweifelnden Gedanken verstrich ihm über eine Woche; er hatte weder Muth noch Vertrauen genug, die Befreiung in dieser Weise zu versuchen. Da h?rte er eines Tages aus dem Munde einer Kr?he: ?Was z?gerst du, der Weisung des Alten nachzukommen? Der alte Zauberer hat noch nie falschen Bescheid geschickt, und auch die Vogelsprache hat noch nie getrogen. Eile an das Ufer des Flusses und trockne die Sehnsuchtsthr?nen der Jungfrau.? Die Rede der Kr?he machte dem Jünglinge Muth; er dachte: Gr??eres Unglück kann mir nicht widerfahren als der Tod, aber leichter ist der Tod als unaufh?rliches Trauern. Er setzte sich zu Pferde und ritt den bekannten Weg zum Ufer des Flusses. Als er an die Brücke kam, h?rte er den Gesang:
?Durch der Mutter Fluch beschworen Mu? ich hier im Schlummer liegen, Mu? das junge Kind verwelken, In der Wellen Schoos hinsiechen. Feucht und kalt das tiefe Bette Decket jetzt die zarte Jungfrau.?
Der K?nigssohn legte seinem Pferde die Fu?fessel an, damit es sich nicht zu weit von der Brücke entfernen k?nnte, warf die Kleider ab, schmierte den K?rper über und über mit Schlamm, so da? nirgends ein wei?er Fleck blieb, fa?te sich dann an die Nasenspitze und sprang in's Wasser mit dem Rufe: ?Aus dem Mann ein Krebs!? Einen Augenblick zischte das Wasser auf, dann war Alles wieder still wie zuvor.
Das in einen Krebs verwandelte M?nnlein begann die Wurzeln der Teichrose aus dem Flu?bette loszumachen, brauchte aber viel Zeit dazu. Die Würzelchen sa?en im Schlamm und Schilf fest, so da? der Krebs sieben Tage schwere Arbeit hatte, bis die Sache von Statten ging. Als die Arbeit beendigt war, hakte das Krebsm?nnlein seine Scheeren in ein Zweiglein der Wurzel ein, und das Wasser hob ihn sammt dem Blümchen auf die Oberfl?che des Flusses. Die schaukelnden Wellen trieben Krebs und Teichrose nur allm?hlich vorw?rts, und wiewohl B?ume und Str?uche genug am Ufer sichtbar wurden, so kam doch immer die Eberesche mit dem gro?en Stein nicht zum Vorschein. Endlich sah er links am Ufer den Baum mit seinem Laube und den rothen Beerenbüscheln, und etwas weiterhin stand auch der Fels, der die H?he einer kleinen Badstube hatte. Jetzt stie? das Krebsm?nnlein die Worte aus: ?Aus der Teichrose die Jungfrau, aus dem Krebse der Mann!? -- Augenblicklich schwammen auf dem Wasser zwei Menschenh?upter, ein m?nnliches und ein weibliches, das Wasser trieb sie an's Ufer, aber Beide waren splitternackt, wie Gott sie geschaffen.
Die versch?mte Jungfrau bat nun: ?Lieber Jüngling, ich habe keine Kleider anzuziehen, darum mag ich nicht aus dem Wasser steigen.? -- Der Jüngling bat dagegen: ?Tretet an's Ufer unter die Eberesche, ich mache so lange die Augen zu, bis ihr hinauf klettert und euch unter dem Baume berget. Dann eile ich zur Brücke, wo ich mein Pferd und meine Kleider lie?, als ich in den Flu? sprang.? Die Jungfrau hatte sich unter der Eberesche verborgen, und der Jüngling eilte zur Brücke, wo er Kleider und Pferd gelassen hatte; aber er fand dort weder das Eine noch das Andere. Da? sein Krebszustand so viele Tage gedauert hatte, wu?te er nicht, vielmehr glaubte er nur einige Stunden auf dem Grunde des Wassers gewesen zu sein. Siehe, da kommt ihm am Ufer eine pr?chtige mit sechs Pferden bespannte Kutsche langsam entgegen. In der Kutsche fand er alles N?thige, sowohl für sich, wie für die aus dem Wasserkerker erl?ste Jungfrau; sogar ein Diener und eine Zofe waren mit der Kutsche angekommen. Den Diener behielt der K?nigssohn für sich, das M?dchen schickte er mit der Kutsche und den Kleidern dahin, wo sein nacktes Liebchen unter der Eberesche harrte. Es verging über eine Stunde, da kam die hochzeitlich geschmückte Jungfrau in der Kutsche an die Stelle, wo der K?nigssohn ihrer wartete. Er war gleichfalls pr?chtig als Br?utigam gekleidet und setzte sich zu ihr in die Kutsche. Sie fuhren gradeswegs zur Stadt und vor die Kirchenthür. Der K?nig und die K?nigin sa?en in Trauerkleidern in der Kirche, denn sie trauerten über den theuren verlorenen Sohn, den man im Flusse ertrunken glaubte, da man
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