Ehstnische Märchen | Page 8

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Pferd und Kleider am Ufer gefunden hatte. Gro? war der Eltern Freude, als der für todt beweinte Sohn lebend an der Seite einer sch?nen Jungfrau vor sie trat, beide in Prunkgew?ndern. Der K?nig führte sie selbst zum Altar und sie wurden getraut. Dann wurde ein Hochzeitsfest veranstaltet, das in Saus und Braus sechs Wochen lang dauerte.
Im Gange der Zeit ist zwar kein Stillstand und keine Ruhe, dennoch scheinen die Tage der Freude rascher dahin zu flie?en als die Stunden der Trübsal. Nach dem Hochzeitsfeste war der Herbst eingetreten, dann kam Frost und Schnee, so da? das junge Paar nicht viel Lust hatte, den Fu? aus dem Hause zu setzen. Als aber der Frühling wiederkehrte und neue Freuden brachte, ging der K?nigssohn mit seiner jungen Gattin im Garten spazieren. Da h?rten sie, wie eine Elster vom Wipfel eines Baumes herab rief: ?O du undankbares Gesch?pf, das in den Tagen des Glücks seine hülfreichen Freunde vergessen hat. Sollen die beiden armen Jungfrauen ihr Lebelang Goldgarn spinnen? Die lahme Alte ist nicht die Mutter der M?dchen, sondern eine Zauberhexe, welche die Jungfrauen als Kinder aus fernen Landen gestohlen hat. Der Alten Sünden sind gro?, sie verdient keine Barmherzigkeit. Gekochter Schierling w?re für sie das beste Gericht; sonst würde sie wohl das gerettete Kind abermals mit einem Hexenkn?uel verfolgen.?
Jetzt fiel es dem K?nigssohne wieder ein und er bekannte seiner Gattin, wie er zur Waldhütte gegangen sei, die Schwestern um Rath zu fragen, dort die Vogelsprache gelernt und den Jungfrauen versprochen habe, sie aus ihrer Gefangenschaft zu erl?sen. Die Gattin bat mit Thr?nen in den Augen, den Schwestern zu Hülfe zu eilen. Als sie den andern Morgen erwachte, sagte sie: ?Ich hatte einen bedeutungsvollen Traum. Die alte Mutter war von Hause gegangen und hatte die T?chter allein gelassen; jetzt w?re gewi? die rechte Zeit ihnen zu Hülfe zu kommen.?
Der K?nigssohn lie? sofort eine Kriegerschaar sich rüsten und zog mit ihnen zur Waldhütte. Am andern Tage langten sie dort an. Die M?dchen waren, wie der Traum geweissagt hatte, allein zu Hause und kamen mit Freudengeschrei den Errettern entgegen. Einem Kriegsmanne wurde Befehl gegeben, Schierlingswurzeln zu sammeln und daraus für die Alte ein Gericht zu kochen, so da?, wenn sie nach Hause k?me und sich daran satt ??e, ihr die Lust am Essen für immer verginge. Sie blieben zur Nacht in der Waldhütte und machten sich am andern Morgen in der Frühe mit den M?dchen auf den Weg, so da? sie Abends die Stadt erreichten. Der Schwestern Freude war gro?, als sie sich hier nach zwei Jahren wieder vereinigt fanden.
Die Alte war in derselben Nacht nach Hause gekommen; sie verzehrte mit gro?er Gier die Speise, welche sie auf dem Tische fand und kroch dann in's Bett um zu ruhen, wachte aber nicht wieder auf: der Schierling hatte dem Leben des Unholds ein Ende gemacht. Als der K?nigssohn eine Woche sp?ter einen zuverl?ssigen Hauptmann hinschickte, sich die Sache anzusehen, fand man die Alte todt. In der heimlichen Kammer wurden funfzig Fuder Goldgarn aufgeh?uft gefunden, welche unter die Schwestern vertheilt wurden. Als der Schatz weggeführt war, lie? der Hauptmann den Feuerhahn auf's Dach setzen. Schon streckte der Hahn seinen rothen Kamm zum Rauchloch[9] heraus, als eine gro?e Katze mit glühenden Augen vom Dache her an der Wand herunterkletterte. Die Kriegsleute jagten der Katze nach und wurden ihrer bald habhaft. Ein V?gelchen gab von einem Baumwipfel herab die Weisung: ?Heftet der Katze eine Falle an den Schwanz, dann wird Alles an den Tag kommen!? Die M?nner thaten es.
?Peinigt mich nicht, ihr M?nner!? bat nun die Katze. ?Ich bin ein Mensch wie ihr, wenn ich auch jetzt durch Hexenzauber in Katzengestalt gebannt bin. Es war der Lohn für meine Schlechtigkeit, da? ich in eine Katze verwandelt wurde. Ich war weit von hier in einem reichen K?nigsschlosse Haush?lterin, und die Alte war der K?nigin erste Kammerjungfer. Von Habgier getrieben machten wir mit einander den heimlichen Anschlag, des K?nigs drei T?chter und au?erdem einen gro?en Schatz zu stehlen und dann zu entfliehen. Nachdem wir allm?hlich alle goldenen Ger?the bei Seite geschafft hatten, welche die Alte in goldenen Flachs verwandelte, nahmen wir die Kinder, deren ?ltestes drei Jahre, das jüngste sechs Monate alt war. Die Alte fürchtete dann, da? ich bereuen und anderen Sinnes werden m?chte, und verwandelte mich deshalb in eine Katze; zwar wurde mir in ihrer Todesstunde die Zunge gel?st, aber die frühere Gestalt habe ich nicht wieder erhalten.? Der Kriegshauptmann sagte, als die Katze ausgesprochen hatte: ?Du brauchst kein besseres Ende zu nehmen, als die Alte!? und lie? sie in's Feuer werfen.
Die beiden K?nigst?chter aber bekamen bald, wie ihre jüngste Schwester, K?nigss?hne zu M?nnern, und das von ihnen in der Waldhütte gesponnene Goldgarn war ihnen reiche Mitgift. Ihr Geburtsort und ihre Eltern blieben unbekannt. Man erz?hlt sich, da? das alte Weib noch manches Fuder Goldgarn unter der Erde vergraben hatte, aber
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