Denkst du, daß ich darauf warte? Das fehlte noch.
Übrigens, ich kriege schon einen und vielleicht bald. Da ist mir nicht
bange. Neulich erst hat mir der kleine Ventivegni von drüben gesagt:
'Fräulein Effi, was gilt die Wette, wir sind hier noch in diesem Jahre zu
Polterabend und Hochzeit.'«
»Und was sagtest du da?«
»'Wohl möglich', sagte ich, 'wohl möglich; Hulda ist die Älteste und
kann sich jeden Tag verheiraten.' Aber er wollte davon nichts wissen
und sagte: 'Nein, bei einer anderen jungen Dame, die geradeso brünett
ist, wie Fräulein Hulda blond ist.' Und dabei sah er mich ganz ernsthaft
an... Aber ich komme vom Hundertsten aufs Tausendste und vergesse
die Geschichte.«
»Ja, du brichst immer wieder ab; am Ende willst du nicht.« »Oh, ich
will schon, aber freilich, ich breche immer wieder ab, weil es alles ein
bißchen sonderbar ist, ja beinah romantisch.«
»Aber du sagtest doch, er sei Landrat.«
»Allerdings, Landrat. Und er heißt Geert von Innstetten, Baron von
Innstetten.«
Alle drei lachten.
»Warum lacht ihr?« sagte Effi pikiert. »Was soll das heißen?«
»Ach, Effi, wir wollen dich ja nicht beleidigen und auch den Baron
nicht. Innstetten, sagtest du? Und Geert? So heißt doch hier kein
Mensch. Freilich, die adeligen Namen haben oft so was Komisches.«
»Ja, meine Liebe, das haben sie. Dafür sind es eben Adelige. Die
dürfen sich das gönnen, und je weiter zurück, ich meine der Zeit nach,
desto mehr dürfen sie sich's gönnen. Aber davon versteht ihr nichts,
was ihr mir nicht übelnehmen dürft. Wir bleiben doch gute Freunde.
Geert von Innstetten also und Baron. Er ist geradeso alt wie Mama, auf
den Tag.«
»Und wie alt ist denn eigentlich deine Mama?« »Achtunddreißig.«
»Ein schönes Alter.«
»Ist es auch, namentlich wenn man noch so aussieht wie die Mama. Sie
ist doch eigentlich eine schöne Frau, findet ihr nicht auch? Und wie sie
alles so weg hat, immer so sicher und dabei so fein und nie unpassend
wie Papa. Wenn ich ein junger Leutnant wäre, so würd ich mich in die
Mama verlieben.«
»Aber Effi, wie kannst du nur so was sagen«, sagte Hulda. »Das ist ja
gegen das vierte Gebot.«
»Unsinn. Wie kann das gegen das vierte Gebot sein? Ich glaube, Mama
würde sich freuen, wenn sie wüßte, daß ich so was gesagt habe.«
»Kann schon sein«, unterbrach hierauf Hertha. »Aber nun endlich die
Geschichte.«
»Nun, gib dich zufrieden, ich fange schon an ... Also Baron Innstetten!
Als er noch keine zwanzig war, stand er drüben bei den Rathenowern
und verkehrte viel auf den Gütern hier herum, und am liebsten war er in
Schwantikow drüben bei meinem Großvater Belling. Natürlich war es
nicht des Großvaters wegen, daß er so oft drüben war, und wenn die
Mama davon erzählt, so kann jeder leicht sehen, um wen es eigentlich
war. Und ich glaube, es war auch gegenseitig.« »Und wie kam es
nachher?«
»Nun, es kam, wie's kommen mußte, wie's immer kommt. Er war ja
noch viel zu jung, und als mein Papa sich einfand, der schon
Ritterschaftsrat war und Hohen-Cremmen hatte, da war kein langes
Besinnen mehr, und sie nahm ihn und wurde Frau von Briest ... Und
das andere, was sonst noch kam, nun, das wißt ihr ... das andere bin
ich.«
»Ja, das andere bist du, Effi«, sagte Bertha. »Gott sei Dank; wir hätten
dich nicht, wenn es anders gekommen wäre. Und nun sage, was tat
Innstetten, was wurde aus ihm? Das Leben hat er sich nicht genommen,
sonst könntet ihr ihn heute nicht erwarten.«
»Nein, das Leben hat er sich nicht genommen. Aber ein bißchen war es
doch so was.«
»Hat er einen Versuch gemacht?«
»Auch das nicht. Aber er mochte doch nicht länger hier in der Nähe
bleiben, und das ganze Soldatenleben überhaupt muß ihm damals wie
verleidet gewesen sein. Es war ja auch Friedenszeit. Kurz und gut, er
nahm den Abschied und fing an, Juristerei zu studieren, wie Papa sagt,
mit einem 'wahren Biereifer'; nur als der Siebziger Krieg kam, trat er
wieder ein, aber bei den Perlebergern statt bei seinem alten Regiment,
und hat auch das Kreuz. Natürlich, denn er ist sehr schneidig. Und
gleich nach dem Kriege saß er wieder bei seinen Akten, und es heißt,
Bismarck halte große Stücke von ihm und auch der Kaiser, und so kam
es denn, daß er Landrat wurde, Landrat im Kessiner Kreise.«
»Was ist Kessin? Ich kenne hier kein Kessin.«
»Nein, hier in unserer Gegend liegt es nicht; es liegt eine hübsche
Strecke von hier fort in Pommern, in Hinterpommern sogar, was aber
nichts sagen will, weil es ein Badeort ist (alles da herum ist Badeort),
und die Ferienreise, die Baron Innstetten jetzt macht, ist eigentlich eine
Vetternreise oder doch etwas Ähnliches. Er will hier alte Freundschaft
und Verwandtschaft wiedersehen.«
»Hat er denn hier Verwandte?«
»Ja und nein, wie man's nehmen will. Innstettens gibt es
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