Die von denen Faunen gepeitschte Laster | Page 8

Sidonia Hedwig Zaeunemann

Fleiß gezeugt, und durch die Faust geschossen, Da eine Gasterey aus
Honig, Wein und Bier,
Aus einem guten Kalb, nebst einem fetten
Stier
Und Kuchenwerck bestund; da man noch Fürsten Frauen
Bey
ihrer Mägde Fleiß und Arbeit konte schauen;
Da man wie Jacob dort
wohl ganzer vierzehn Jahr
Um eine Braut gedient, die schön und
häußlich war.
Da man mit Eyden nicht als wie mit Blumen spielte;

Und was man zugesagt, bey Treu und Glauben hielte;
Da noch die
Tapferkeit in Thiere Häute kroch,
Und man im Felde nicht nach Mehl
und Biesam roch;
Da man ein schlechtes Kleid statt seidner Stofe
führte,
Und ein gestickter Rock nur Königs=Kinder zierte,
Da war
noch gute Zeit; da blühte Volk und Staat;
Da fand der Landmann
Trost; da fand der Bürger Rath,
Und jeder Schutz und Recht; da
dürfte man nicht klagen,
Daß die Gerechtigkeit zu Grabe sey getragen.

Kein Reicher ward geprest, kein Landmann arm gemacht,
Die
Waysen wurden nicht um Geld und Guth gebracht.
Da gieng die
Redlichkeit durchaus in vollem Schwange?
Weil Mein und Dein noch
nicht die nächsten Freunde drange.
Da ward der Eltern Schweiß nicht
freventlich verpraßt;
Verschwendung war so sehr als wie der Geitz
verhaßt;
Da pflegte man sich noch in reine Keuschheits=Seiden,

Und nicht in Wollusts=Schmuck und Hoffart einzukleiden.
Ein jeder
hatte sich nach seinem Stand geschmückt.
Da aber nach der Zeit der Thier=Kreiß sich verrückt,
Und ein
Copernicus den Erd=Ball umgedrehet,
Daß nun derselbe lauft, die
Sonne stille stehet;
So hält die Tugend auch im Lauf gar öfters ein,

Es scheint der Menschen Thun ganz umgekehrt zu seyn.

Jetzt zeigt
die Demuth nicht die schönen alten Proben.
Die Sitten sind verderbt,

wer will die Zeiten loben?
0. * *
Der Seelen Wandelung wird niemand Glauben geben.
Warum? Wir
wissen jetzt von einem andern Leben.
Inzwischen sieht man doch daß
Ahabs schnöder Geist,
Mit samt der Jesabel sich noch auf Erden
weist.
Ich dächt, es sässe ja dort am Regierungs=Ruder
So mancher
ungerecht und böser Ahabs Bruder,
Der nach des Nächsten Haus, Gut,
Feld und Garten tracht,
Und täglich sorgt und sinnt, wie er es klüglich
macht,
Daß er durch armen Schweiß mit einem Schein der Rechte

Sein Haus noch grösser bau, sein Gut verstärken möchte.
Hier dürst
er geitziglich nach einem Reben-Berg;
Dort nach dem schönen Stück
von Feld und Gartenwerk.
Hier macht er auch so gar nach Hunden,
Vieh und Pferden
Die eigennützigsten und gräulichsten Geberden.

Da fällt ihm wiederum der Vögel Stimm und Zier,
Hier Flinten und
Gewehr zum Augenmerke für.
Kurz, was er hört und sieht, das will
und muß er haben,
Und solt er sichtbarlich damit zur Hölle traben.

Sein Geitz und Eigennutz, sein Neid, Stolz und Betrug
Macht den
verruchten Geist durch krumme Ränke klug;
Doch weil ein böser
Geist die Einsamkeit verfluchet,
Und sieben Stärkre noch zur treuen
Freundschaft suchet.
So wehlt er sich zum Trost, zum Rath und
Hülf=Gesell
Der Tugend Mörderin, die freche Jesabel.
Da muß die
Themis fort; das Recht wird unterdrücket;
Und auf des Nächsten Halß
der Boßheit Schwerd gezücket;
Da wird des Bürgers Gut um
Spott=Geld feil gemacht;
Da heists: verkaufs doch dem, der Strafe,
Recht und Macht
In seinen Händen hat; er kan euch wieder schaden,

O! setzt euch doch vielmehr bey ihm in Gunst und Gnaden.
Spricht
denn der arme Mann: Der Reiche hat sein Brod,
Dieß aber dienet mir
zu meiner Leibes=Noth;
Dieß ist das einzige, woran ich mich erfreue;

Sein Haus ist groß genug zur Wohnung, Stall und Streue.
Mein
Häusgen ist zwar schlecht, doch liegt es mir bequem,
Weil ich von
diesem Ort die meiste Nahrung nehm,
Drum ist es mir nicht feil. Da
lodert denn das Feuer

Aus seiner Asch herfür; da tobt das Ungeheuer,


Da raßt die Höllen=Brut, und saget ohne Scheu:
Daß dieß ein
troziger und böser Bürger sey.
Da kränkt, da drückt man ihn, daß er
sich soll vergehen,
Da sucht man Sylb und Wort mit Vorsatz zu
verdrehen.
Da bürdet man ihm auf, er hab der Obrigkeit
Geflucht,
und ihr mit GOtt und seinem Zorn gedräut.
Da heists, man straf ihn
nur an Leib und Gut und Ehre,
Und wenns auch wider GOtt und alle
Rechte wäre.
Die Warheit wird verlacht, die Unschuld ausgehöhnt,

Und die Gerechtigkeit mit Schimpf und Spott gekrönt.
Das
Evangelium mag hin und her gebiethen,
So sucht doch Jesabel und
Ahab fort zu wüthen.
Da wird der arme Mann mit List, Gewalt und
Macht
Um Haus und Feld und Vieh, und was er hat, gebracht.
Heist dieß das Richter=Amt an GOttes statt verwalten?
Heist diß den
Unterthan bey Freyheit zu erhalten?
Es sollen Väter seyn, durch die
sich jeder nehrt;
Ja Räuber, deren Wuth der Armen Schweiß verzehrt.
Wenn edle Geister sich durch Pulver oder Schriften,
Durch Großmuth,
Fleiß und Witz ein ewig Denkmaal stiften:
So wünscht ihr auch ein
Maal damit man von euch spricht.
Doch weil euch Geist, Vernunft
und Trieb darzu gebricht,
Weil euch der Weg zu schwer; so tragen
Ahabs Hände
Des Nahmens schnöden Ruf biß an der Erden Ende.

O Ruf! O Nahmens=Maal! das zwar nicht untersinkt;
Das aber nur
nach Schand und nach der Hölle stinkt.
O Ruf! der euch ein Maal, ein
Brandmaal ins Gewissen
Und Schandfleck ins Gesicht geritzet und
gebissen.
So tobt, so raßt die Welt, so stirbet die Vernunft;
So lebt
die Laster=Brut; so blüht der Thoren Zunft.
0. * *
Ach! die Gerechtigkeit steht
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