Die von denen Faunen gepeitschte Laster | Page 7

Sidonia Hedwig Zaeunemann
Stief=Kind stets vom Glücke, Ihr
Lohn sind noch darzu der Mißgunst Feuer=Blicke,
Absonderlich
wenn sich das Frauen=Volk bemüht,
Und nach der Musen Art die
Sayten künstlich zieht.
Da sieht man Haß und Neid sich auf den
Schau=Platz stellen; Sie borgen von dem Hund das ungezähmte Bellen;

Sie knirschen mit dem Mund wenn unsre Lorbeer blühn,
Und
suchen uns den Ruhm durch Lästern zu entziehn.
Der Ehre stoltzes
Schif wird als vom Wind bestürmet,
Mit giftgen Schaum umringt,
von Wellen aufgethürmet,
Um seinen schnellen Lauf nur Einhalt bald
zu thun.
Ihr Toben läßt sie nicht bey unsern Siegen ruhn.
Der Neid,
das Ungeheur das sich doch selber quälen
Und endlich fressen muß,
wohnt in so vielen Seelen,
Die toben wider uns, wenn irgend unser
Geist,
Ein Philosophisches und Dichter=Feuer weist.
Ihr dummer
Hochmuth meint, wir dürften mehr nicht lesen,
Als nur wer Ismael
und Moses Weib gewesen,
Wie dort Rebeccens Hand mit Isaacs
Baarte scherzt,
Wie Hiob allen Hohn von seiner Frau verschmerzt.

Des Salomonis Spruch und Syrachs Sitten=Leben
Wär uns, nur
Seneca und Plato nicht gegeben.
Blieb uns Sanct Paulus nur bekannt

und offenbar,
So wär es schon genug: Uns gienge Pallas Schaar

Und Phöbus gar nichts an. Wir hätten gnug zu singen,
Die zarten
Kindergen in Schlaf und Ruh zu bringen.
Zwirn, Nadel, Flachs und
Garn, die Küche und der Heerd
Wär nur vor uns bestimmt; nicht aber
Kiel und Schwerd.
Der Männer Eigenthum sey Feder, Buch und
Waffen;
Nur ihnen wär allein ein Löwen=Herz erschaffen.
Gar
recht! ihr brüllt zu Haus so arg als Löw und Bär.
Wie feurig, wie
ergrimmt lauft ihr oft hin und her?
Ihr meint die Tapferkeit sey euch
nur angebohren.
Ihr habt so manchem Glaß, o That! den Tod
geschworen.
Ihr nennet euch beherzt; ihr kämpftet ritterlich;
Ich
widerspreche nicht, denn dieses zeiget sich
Im Krieg, wo Cypripor
der Venus Feldherr worden.
Ihr sagt: Die Wissenschaft wär nur dem
Männer=Orden
Vom Schöpfer zugedacht: Ihr müstet nur allein

Beherrscher über Buch, und Kunst und Federn seyn.
Was vor ein toller Wurm hat euren Kopf durchfressen,
Daß ihr euch
nur allein dieß Recht sucht beyzumessen?
Der Schöpfer hat uns ja mit
gleichen Geist bedacht,
Und gleiche Seelen=Kraft und Triebe
beygebracht.
Wie solten wir denn nun dieß theure Pfand und Gaben

Um euren Eigensinn zu folgen, gar vergraben?
So wahr Minerva
lebt! so soll es nicht geschehn,
Daß wir auf euer Wort der Musen
Dienst verschmähn.
Jemehr die Mißgunst raßt, und wider uns sich
setzet;
Jemehr der Neid auf uns ergrimmt die Zähne wetzet;
Jemehr
das Mannes=Volk aus toller Eifersucht
Auf unsre Wissenschaft,
Kunst, Fleiß und Feder flucht,
Jemehr soll unser Geist das Chor der
Musen lieben,
Jemehr wird untersucht, je mehr wird aufgeschrieben.

Wir sind dem Palm=Baum gleich, der sich gen Himmel schwingt,
Jemehr man Druck und Last auf seine Zweige bringt.
Ein kluges Weibes=Bild das auf was hohes sinnet,
Buch, Kiel und
Rohr ergreift,und Phöbum lieb gewinnet;
Der Warheit Grund
erforscht; den Geist in Schriften übt,
Stellt bey dem ersten Kuß, den
ihr Apollo giebt,
Sich gleich die Eifersucht, die Mißgunst und das

Schmähen
Der dummen Männer für. Wer dieses nicht will sehen,

Wer dieß nicht leiden kan, der lege nur bey Zeit,
Die Lust zur
Wissenschaft, Buch, Kiel und Rohr beyseit.
Der Haß wird gleich
erweckt so bald die Flöthen klingen,
Und wir nach Musen Art mit
unsern Lippen singen.
Wie oftmals hab ich nicht aus Unmuth und Verdruß,
Weil man so
viel Geplärr und Narrheit hören muß,
Manch schönes Tage=Werck in
tausend Stück zerrissen,
Und Phöbens Lauten=Spiel in Winkel
hingeschmissen.
Nur neulich nahm mich noch der feste Vorsatz ein,

Ein Feind der Poesie biß in die Gruft zu seyn.
Allein der jähe
Schluß ward bald zurück getrieben;
Wie könt ich das verschmähn,
was kluge Leute lieben?
Man schweige gänzlich still; man tadle
Midas Sohn,
Man lobe Mavors Kind, man findet gleichen Lohn.

Man mag die Tugend schön, die Laster heßlich schelten,
Der Danck
ist einerley; wir müssens doch entgelten.
Wer Tugend und Vernunft
an allen Menschen liebt;
Die Weißheit ehrt und schätzt, der Warheit
Beyfall giebt,
Sich niemahls scheel dazu, wenn man Satyrisch dichtet,

Und auf die üble Zucht die schärfste Hechel richtet.
Ist jemand
Nabals Art, an Geld und Boßheit reich,
Der bleibet doch verstockt es
gilt ihm alles gleich.
Kan ich die Narren nicht durch sanfte Lieder
rühren,
Ey! So versuch ichs jetzt durch beissende Satyren!
Der
Vorsatz ist gefaßt, die Flöthe ist gestimmt;
Was frag ich nach dem
Neid, der sich schon windt und krümt. Ich singe von der Welt und von
verderbten Sitten:
Mein Satyr hat sich schon ein neues Rohr
geschnitten.
0. * *
Da noch die Erde stund; die Sonn im Cirkel lief;
Da man den
tapfersten zum Regiment berief;
Da Helden aus der Schlacht durch
ihre Kunst im Siegen,
Den höchsten Fürsten=Stuhl, und
Königs=Thron bestiegen;
Da man den Adel nicht nach sechzehn
Ahnen maß,
Und den nur adlich hieß der Tugenden besaß,
Der sich
nur durch sich selbst Glanz, Ehr und Ruhm erworben, Dem Vaterland

zu Nutz gelebt und auch gestorben.
Da man den Würdigsten zum
Landes=Vater nahm,
Ob er schon nicht vom Blut gekrönter Prinzen
kam;
Da man aus Liebe nur zu solcher Zeit die Bräute,
Nicht aber
nach Geburt und Tonnen Goldes freyte;
Da mancher Fürst im Thor
und im Gerichte saß,
Die Klagen selbst vernahm, und erst das Urteil
laß
Eh er es unterschrieb; da Fürsten das genossen,
Was sie durch
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