Die von denen Faunen gepeitschte Laster | Page 9

Sidonia Hedwig Zaeunemann
in verhaßten Orden,
Und ist jetzt leider!
fast zur Exulantin worden.
Die Boßheit und der Geitz, der Laster
schnaubend Heer
Treib sie aus ihrem Reich; und klagt sie noch so
sehr,
So sind die Ohren taub. Mit ihren frommen Minen,
Muß sie
der tollen Welt zum Hohn=Gelächter dienen.
Wie jämmerlich siehts
doch um ihr geheiligt Haus,
Um ihren Richterstuhl und Schwerd und

Wage aus.
Den Brief, den der Prophet am Himmel sahe fliegen,
Nach welchem
Diebstahl, Mord, und Meineid und Betrügen
Vor from gesprochen
ward, der ist anjetzt das Geld,
Wodurch man Frömmigkeit und alles
Recht erhält.
Geld hat schon hier und da die Oberhand genommen;

Nur durch der Berge Mark kan man zum Rechte kommen;

Durchbrich das Mauerwerk und stiehl wie Nickel List.
Wenn du nur
Reich an Raub und alten Thalern bist,
So fürchte dich nur nicht vor
Bande, Strick und Ketten,
Geld kan vom Staupenschlag, ja gar vom
Galgen retten.
Und bist du wieder loß, so stiehl behertzt aufs neu,

Gedencke, daß dieß Gut vor böse Richter sey.
Allein hast du kein
Geld die Richter zu verblenden,
Und deinem Advocat ein Wildpret
zuzusenden:
So halte Ruth und Strick nur Hals und Rücken hin,

Und wär dein Diebstahl auch vom schlechtesten Gewinn;
Hast du
gleich Joabs Schwerd auf Abners Brust gezücket
Und deinen
Gegenpart in Plutons Reich geschicket,
So geh und stelle nur
verlangte Caution,
Gieb denen Richtern Geld, so kömst du bald
davon.
Hast du die Eh befleckt, den Glaubiger betrogen;
Dem
Nachbar Wieß und Feld durch Falschheit abgelogen;
Des Nächsten
Unschulds=Kleid und guten Ruf verletzt,
Und der Beträngten Pfand,
das man bey dir versetzt,
Mit List an dich gebracht: So darffst du
nicht verzagen,
Man mag dich noch so sehr in dem Gericht verklagen.

Bemühe dich nur bald um einen Advocat,
Der ein Gewissen so wie
Priester-Ermel hat,
Den Hader, Eigennutz und Zank so hoch
vergnüget,
Als einen Kriegesmann der was zu plündern krieget,

Und dessen Herz voll Trotz, das Haupt voll arger List,
Die Seele voll
Betrug, und frecher Boßheit ist,
Der sieben Zeilen nur auf eine Seite
schreibet,
Und seine Schriften stets auf zwanzig Bogen treibet.
Der
so viel Kosten macht als der Proceß begehrt,
Und ihn so boßhaft
dreht, daß er viel Jahre wehrt.
Dem füll die krumme Hand mit Ophirs
güldnen Schätzen,
So wird er bald das Recht der Gegen=Part
verletzen;

Nimm selbst den Advocat von deinem Gegner ein;


Schenk ihm ein Stück zum Kleid, ein stark und fettes Schwein, Ein Faß
voll Rebensaft, und andre schöne Sachen,
So wirst du ihn schon mild,
und dir gewogen machen.
Geh auch zum Richter hin, und fülle ihm
die Hand
Mit wilden Männern an, mit Gold aus Ungerland.
Und
weigert er sich ja; so gieb es seinem Weibe,
Bring ihr ein Stück
Damast und Sammtes Zeug zum Leibe,
Band, Spitzen, Leinewand,
und Peltz zum Unterkleid,
Füll Stall und Küche aus; so kriegst du
immer Zeit.
Der Advocat hälts auf, der Richter wirds verziehen,

Dein Gegner mag sich gleich auch noch so sehr bemühen
Den letzten
Spruch zu sehn. Ja wenn er sich beschwehrt,
Des Zahlens müde wird,
und endlich Recht begehrt,
Da heists: Ihr habt kein Recht: Wer Geld
giebt der gewinnet. Des Frommen Angesicht, das voller Thränen rinnet,

Wird jetzt nicht mehr geacht; der Witwen Klag=Geschrey,
Der
Waysen heisses Flehn steht man durchs Recht nicht bey.
Verfluchte Gottesfurcht! verdammtes Christen=Leben!
Heist dieß
dem Recht sein Recht nach GOttes Vorschrift geben? O! sollen dieses
wohl der Armen Väter seyn?
O! möchte nicht das Recht zu GOtt um
Rache schreyn?
Bey Heyden wird man kaum dergleichen That und
Sünden,
So wenig Gottesfurcht, als unter Christen finden.
O groser Samuel! bleib ja in deiner Gruft,
Steh nicht von Todten auf;
komm nicht in deutsche Luft.
Man würde sonst dein Amt und
richterlich verwalten
Vor dumm, vor abgeschmackt, vor kahl und
thörigt halten.
Du hast ja, wie bekannt zu Israel gesagt:
Kommt her!
Wer wieder mich und meinen Richtstab klagt!
Kommt! sagt mir, ob
ich euch in meinem Amt betrogen?
Ob ich Geschenk geliebt; das Gut
an mich gezogen?
Wem ich das Recht gebeugt, der zeuge wider mich!

O! diese Reden sind anjetzt zu lächerlich:
Der Hochmuth wächst
und steigt, der Geitz hat zugenommen.
Wie würde man denn sonst zu
solchen Reichthum kommen?
O! gieng der Heyland jetzt von neuen auf die Welt,
Und spräch: Wer
unter euch nichts von Geschenken hält,
Und davon freyer ist als dort

die Pharisäer
Von Sünd und Ehebruch, der komm und trete näher,

Ihr andern weicht von mir! wie viele würden fliehn,
Und sich
beschämt und stumm mit Furcht zurücke ziehn.
Solt Alexander jetzt wie ehemals geschehen,
In ganz verstellter
Tracht auf manches Richthaus gehen, (b) Er träffe warlich nicht
dergleichen Männer an,
Die also handelten wie jener Mund gethan,

Die Richter würden nicht den Schatz zurücke weisen,
Da sie ihn heut
zu Tag begierig zu sich reisen.
Solt jetzt Cambyses wohl dem Richter,
der das Recht
Des Geldes wegen beugt, der Freundschaft wegen
schwächt,
Die Haut vom Leibe ziehn und an den Richtstuhl nageln, (c)

Wie grausam würde man auf solche Strafe hageln?
Wie mancher
Richter=Sitz, den man jetzt prächtig schaut,
Bekäm an statt des
Schmucks wohl mehr als eine Haut.
Erforschte mancher Fürst (d)
zugleich die Advocaten,
O! so bekäm gewiß der Hencker manchen
Braten.
Es würde mancher Baum zum Galgen abgehackt
Und
manches Glied vom Leib mit Eisen abgezwackt,
Hingegen aber auch
(was wünscht man
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