Die ungleichen Schalen | Page 8

Jakob Wasserman
bin in meiner Hut, denn ich f��rchte die Menschen nicht mehr.
(Vorhang)

Gentz und Fanny El?ler
Personen:
Friedrich von Gentz, Hofrat Felix Graf Reitzenstein Fanny El?ler Jean ) Martin } Diener bei Gentz Franz ) Lieferanten, Geldleute usw.
Spielt in Wien, Herbst 1830
Ein Zimmer der Villa Gentz in Weinhaus bei Wien. Kostbare Empirem?bel, Nippsachen, Kunstwerke, gebl��mte Tapeten. Auf einer Kommode stehen zwei Glasglocken mit eingemachten Fr��chten zum Naschen. Vom Kamin leuchtet eine goldene Stehuhr. Im Hintergrund zwei Fenster, zwischen ihnen eine hohe Glast��re in den Garten. Links T��re zum Vorzimmer, rechts in das Ankleidezimmer des Hofrats; diese T��r ist offen.
Hinter der T��re links wird lebhaft gesprochen. Gleich darauf Jean, livrierter Diener, von links durch das Zimmer nach rechts ab. Die T��re links wird ge?ffnet, und ein dicker Jude will herein, Martin, ein zweiter livrierter Diener, der im Zimmer damit besch?ftigt ist, frisches Wasser in blumengef��llte Vasen zu gie?en, eilt hin und schl?gt dem Eindringling die T��r vor der Nase zu. Protestierende Rufe von drau?en. Martin steht Wache.
Gentzens Stimme
(von rechts)
Was erfrecht Er sich? Ich zahle nicht. ��bermorgen. Die Schufte sollen Geduld haben.
Jean
(eilig wieder von rechts nach links ab).
Gentzens Stimme
Die gebl��mte Weste! Die gebl��mte!
Lebhafte Stimmen
(hinter der T��re links).
Jean
(kommt abermals mit verzweifelter Miene nach rechts).
Martin
(h?lt die T��rklinke).
Stimme Jeans
Der Weinlieferant und der Parf��meur wollen partout mit dem Herrn Hofrat selber sprechen.
Gentzens Stimme
Ach was, Er Esel, Er hat ja gar keine Schneid. -- Die Ringe, Franz. Jetzt lauf Er zum G?rtner wegen frischer Blumen.
Franz
(ein alter Diener, durch die Mitte ab in den Garten.)
(Gleich darauf)
Gentz
(Mann von f��nfundsechzig Jahren. Hohe schlanke Gestalt. Er hat einen m��den, etwas geb��ckten Gang. Sein Gesicht ist h?chst geistreich, die ganze Physiognomie hat einen feinen, lebhaften und verf��hrerischen Ausdruck, und der Blick ist von intensiver Kraft. Kinn und Unterkiefer sind etwas schwer, um den Feinschmeckermund liegt bisweilen ein trauriger, bisweilen ein zynischer Zug. Er ist nach der letzten Mode gekleidet: brauner, langer Rock, gestickte Weste, Vaterm?rder, schwarze Binde)
War schon jemand vom F��rsten Metternich da?
Martin
Niemand, Herr Hofrat.
Gentz
(nach links ab, die T��re bleibt halb offen).
Stimmen der Lieferanten
K��? die Hand, Herr Hofrat! -- W��nsch guten Morgen, Herr Hofrat! -- K��? die Hand, Euer Gnaden.
Gentzens Stimme
Also, was soll's -- Was bel?stigt ihr mich?
Stimme des Parf��meurs
Halten zu Gnaden, Herr Hofrat, hab f��r siebenundachtzig Gulden K?lnisch Wasser geliefert.
Stimme des Weinh?ndlers
Ich f��r dreihundertzwanzig Gulden Sekt.
Gentzens Stimme
Geduld, ihr Leute. Morgen schick ich zum Rothschild hin. Der Rothschild zahlt alles, das wi?t ihr doch. Jetzt schert euch friedlich nach Hause. (Er tritt ins Zimmer zur��ck, der dicke Jude folgt ihm.)
Jude
Euer Exzellenz, der Wechsel ist schon emal prolongiert.
Gentz
Fort, fort, fort!
Der Schneider
(hat sich sch��chtern nachgedr?ngt)
Ich freu mich, da? der Herr Hofrat so gut ausschaut.
Gentz
Keine Konfidenzen! Ich hab' gern, wenn Lieferanten was liefern. Konfidenzen sind mir verha?t. -- Hat der G?rtner schon was wegen der Rosen gemeldet?
Martin
Nein, Herr Hofrat.
Gentz
Ich will mal selber mit ihm reden. Wenn er frische Rosen hat, ist es besser, sie erst am Stock zu sehen. (Durch die Mitte ab.)
Der Schneider
Herr Hofrat! --
Jean
Na, was gibt's denn noch? Er hat doch geh?rt, da? wir heut nicht bei Kassa sind.
Der Schneider
Morgen ist die Trauung von meiner Tochter, und wenn mir halt der Herr Hofrat zwanzig Gulden geben t?t ...
Jean
La?t eure T?chter im ledigen Stand, wenn ihr kein Geld habt's.
Martin
(ver?chtlich)
Heiraten! Alle gemeinen Leute heiraten best?ndig.
Jean
Und jetzt allons! marsch! (Nimmt den Besen.) Hinaus! Es wird gel��ftet.
Der Jude
Was wird sein? Wer ich den Wechsel zu Protest bringen. (Ab, desgleichen der Schneider, die Stimmen drau?en verlieren sich.)
Martin
Was macht er denn heut f��r an Kramuri, der Hofrat?
Jean
Die Fanny war doch drei Tag am Land bei ihrer Schwester.
Martin
Ah so. Froher Empfang nach schmerzlicher Trennung.
Jean
Zu Mittag kommt s' mit der Extrapost, die Fanny.
Martin
Fahr'n jetzt die vom Theater auch schon mit der Extrapost?
Jean
Die Fanny is was man eine bessere T?nzerin hei?t. Hast es schon tanzen seh'n am K?rntnertor? Die Leut' soll'n sich die Haxen abtreten hab'n.
Martin
(d��ster)
Der Hofrat g'fallt mir gar nicht mit seiner Verliebtheit. Das is ja schon ganz au?er der Normalit?t. Wenn's nur keine Mesallianz gibt.
Gentz
(vom Garten, zwei Burschen folgen ihm, die einen kupfernen, mit Rosen gef��llten Kessel tragen.)
Dorthin, ins Eck, ... auf die S?ule.
Franz
(von links)
Herr Graf Reitzenstein. (Ab, auch Jean und Martin, die G?rtnerburschen durch die Mitte ab.)
Gentz
(zur T��r)
Guten Morgen, lieber Felix. Ein sch?ner Herbsttag heute, warm wie im August.
Graf Reitzenstein
(f��nfundzwanzig Jahre, elegante Erscheinung; er ist ein wenig Poet, und in seinen Z��gen dr��ckt sich die Schw?rmerei eines vornehmen M��?igg?ngers aus, dessen Lieblingsautor Lord Byron ist)
Guten Morgen, Gentz. Wissen Sie, da? Fanny schon aus der Br��hl zur��ck ist.
Gentz
Wie, schon zur��ck?
Graf Reitzenstein
Ich habe sie vor einer halben Stunde mit Stuhlm��ller beim Theatereingang gesehen.
Gentz
Haben Sie mit ihr gesprochen?
Graf Reitzenstein
Nein, sie hat mich gar nicht bemerkt.
Gentz
Dann wird sie jeden Moment kommen. Stuhlm��ller? Stuhlm��ller? Wer ist das doch? Richtig, der T?nzer.
Graf Reitzenstein
Ein exzellenter T?nzer. Er geht jetzt nach Berlin.
Gentz
Ah, nach Berlin. -- Ich erinnere mich: ein h��bscher Bursche.
Graf Reitzenstein
Ja. Beine wie ein Narzi?.
Gentz
Wie sah meine Fanny aus?
Graf Reitzenstein
Entz��ckend wie immer. Wenn man sie anblickt, hat man das Gef��hl,
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