Die ungleichen Schalen | Page 6

Jakob Wasserman
mir tr?ufeln f��r alle, die sich b��cken. Wollust, zu befehlen, und mit einem Atemzug die M?chtigsten zum Schweigen bringen! Alles unter mir sehen, was jetzt noch verf��hrerisch lockt, aus der Enge heraus, wo man horchen mu?, ehe man spricht, und rechnen, bevor man zahlt. Ohne Bedachtsamkeit leben, planen ohne Angst und Ma?! Unten geh?rt alles auch dem Nachbarn, was mir geh?rt, oben bin ich allein und f��rchte keine Grenze. Keine Grenze f��rchten, das ist's. Mit seinem Willen allein sein, frei mit jeder Tat und doch der Richtpunkt aller Aufmerksamen. Ein Reich ��bersehen, den Arm von Ozean zu Ozean strecken, die Willf?hrigen mit Provinzen lohnen, die Unzufriedenen hinschmettern, -- und eine Kaiserin umschlingen, eine Kaiserin, in den Mienen einer Kaiserin Unterwerfung lesen, -- das ist mein Spiel, Alexei Grigorjewitsch! Die W��rfel liegen zwischen uns. Werfen Sie jetzt und z?hlen wir die Augen.
Rasumowsky
(kalt)
So spricht ein Spieler. Im W��rfelspiel m?gen Sie gewinnen, Graf Orlow, im Schicksalsspiel nicht.
Orlow
Auch das Schicksal kann man zwingen, alter Mann.
Rasumowsky
Wie den Teufel in der eigenen Brust.
Orlow
Wer w��rde anders handeln an meiner Stelle? Nur wenn ich zaudere, verliere ich.
Rasumowsky
Und Gott soll mit bei diesem ... Spiele sein?
Orlow
Gott ist auf meiner Seite, weil ich will. Ich f��hle die Bestimmung.
Rasumowsky
��ber Blutbestimmung und Gottes Wahl l??t sich nicht rechten.
Orlow
L��gendunst! Zar Peter war ein Narr, ein Verr?ter, Affe des Preu?enk?nigs, ein Schw?chling. Herrliche Bestimmung!
Rasumowsky
Besser ein Schw?chling als ein gewissenloser Empork?mmling.
Orlow
(hochm��tig)
Die Br��cke zwischen uns f?ngt an zu krachen, Erlaucht.
Rasumowsky
So mag sie bersten.
Orlow
Ich habe keine Zeit mehr zu verlieren.
Rasumowsky
Doch die Zeit wird Sie auffressen.
Orlow
Jetzt, da Sie mich ��berzeugt haben, da? Sie die Dokumente besitzen und sie in Ihrer Hand halten, kann ich Sie zwingen, Alexei Grigorjewitsch.
Rasumowsky
Sie wollen damit sagen, da? Ihre Helfershelfer mein Haus umstellt halten?
Orlow
Leute, die mir blindlings ergeben sind, ja.
Rasumowsky
Und wozu ich mich freiwillig nicht mehr entschlie?en w��rde, das glauben Sie mit Gewalt durchsetzen zu k?nnen. Mit eigener Faust oder mit dem Beistand fremder F?uste.
Orlow
Wenn Sie mich zu dieser Notwendigkeit dr?ngen, -- ja. Ich kann nicht zur��ck. Ich kann nur vorw?rts.
Rasumowsky
Bis zum Abgrund. -- Sie vergessen nur eines, Graf Orlow. Sobald Ihre Leute diese Schwelle ��bertreten, oder sobald Sie selbst, von dieser Sekunde ab, eine Bewegung machen, die auf Gewalttat zielt, fallen die Dokumente hier in das Feuer. Sie sehen, es brennt loh genug, um ein paar Papiere rasch verzehren zu k?nnen. (Pause. Beide blicken einander schweigend ins Gesicht.)
Orlow
(mit verschr?nkten Armen)
So also steht es.
Rasumowsky
Ja.
Orlow
(langsam und mit Nachdruck)
Eines noch, Alexei Grigorjewitsch: ich k?nnte Sie belohnen, wie nie ein Sterblicher belohnt worden ist.
Rasumowsky
Lohn? F��r mich? Welchen Lohn? Reichtum? Pal?ste? Titel und W��rden? F��r mich?
Orlow
(wie oben)
Wenn auch nicht f��r Sie, Erlaucht, so doch f��r einen Knaben ...
Rasumowsky
Einen Knaben --?
Orlow
F��r Iwan, den Sohn Rasumowskys und der Kaiserin Elisabeth.
Rasumowsky
(schwankt einen Augenblick, h?lt sich am Rand des Sessels, sinkt dann darauf nieder).
Orlow
Der Pope Maximow hat mich zu ihm gef��hrt.
Rasumowsky
M?ge Gott ihm verzeihen. Es gibt keine Treue mehr.
Orlow
F��rchten Sie nichts mehr von der verr?terischen Geschw?tzigkeit dieses Priesters, Erlaucht. Ich habe daf��r gesorgt, da? seine Zunge keinen Schaden mehr stiftet. Sie und ich, wir sind die beiden einzigen Menschen auf Erden, die um Iwan wissen ...
Rasumowsky
(dumpf)
Einer zu viel, Graf Orlow.
Orlow
Ich habe den Knaben gesehn. Es war eine weite Fahrt auf das Gut Domnina im Epifanskischen Kreis. Ein sch?ner, blonder Knabe. Welche Einsamkeit f��r einen Vierzehnj?hrigen. Wie durstig er in die Ferne blickte! Er wu?te nichts von Vater und Mutter, die Leute, bei denen er ist, halten ihn f��r den Sohn von Euer Erlaucht verstorbenem Bruder. Er ahnt nicht, welche Versprechungen das Leben ihm schenken k?nnte, und wer nur sein Gesicht sieht (deutet auf das Bild der Kaiserin Elisabeth), braucht keinen andern Beweis seiner Abkunft. Grausam schien es mir, die junge Bl��te in der Steppenw��ste verkommen zu lassen. Ich habe ihn ��ber seine Geburt aufgekl?rt.
Rasumowsky
(springt auf)
Das haben Sie getan?
Orlow
Ich habe es getan.
Rasumowsky
(sinkt wieder auf den Sessel, umklammert krampfhaft die Dokumente vor der Brust.)
Gro?er Himmel! Sie hatten kein Mitleid mit dem arglos spielenden Gesch?pf? Frevlerisch das Gift des Ehrgeizes und der ungen��genden Begierde in die junge Brust versenkt! Fruchtlose Erwartungen geweckt, die ein gl?ubiges Gem��t zerfleischen m��ssen! So war meine Entbehrung vergeblich, vergeblich, da? ich mein Herz von ihm entw?hnt habe, vergeblich das Opfer, vergeblich der Gram der Mutter, alles vergeblich!
Orlow
(mit leisem Spott)
Ist es nicht besser, wenn der Wissende sich bescheidet, als wenn der Get?uschte verkommt?
Rasumowsky
(die Worte tief aus seiner Brust ringend)
Zweiunddrei?ig Jahre, Graf Orlow, war ich mit Elisabeth Petrowna verbunden. Sie war eine musterhafte Christin und eine z?rtliche Mutter Millionen Volks. Auch mich liebte sie, doch schien es mir so ��berfl��ssig wie s��ndhaft, meinen Ehrgeiz ��ber das Ma? dessen zu erheben, was sie mir als Weib gew?hren konnte. Niemals in zweiunddrei?ig Jahren ist die Versuchung ��ber mich gekommen, den geheiligten Glanz der Majest?t f��r mich zu erborgen. Sie war auserw?hlt zu herrschen. Von den Ahnen her war ihr die Gnade verliehen. Woran soll das Volk glauben, diese Zahllosen, von denen wir keine Namen
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