und
Hütten zu bauen. Sie kennen mich nicht und ich kenne Sie nicht, und es
wäre voreilig, heute schon über die Zukunft entscheiden zu wollen. Chi
va piano, va sano.
Aber auch lontano, schaltete sie ein. Sie reisen wieder nach Hause?
Es kommt ganz auf Euch an, wie lange ich Pisas Lüfte atmen werde,
sagte ich mit schamloser Doppelzüngigkeit und antwortete ebenso
hinterhältig auf ihre Frage, ob ich schon eine Frau habe: nein, noch
nicht, aber ich sei entschlossen, kein halbes Jahr mehr ein Junggeselle
zu bleiben.--Da beschämte mich diese große Seele mit dem offenen
Geständnis, sie habe vier Kinder; die zwei jüngsten seien über Tag
meist bei der Tante, die beiden älteren, von fünf und vier Jahren, in
Florenz bei der Mutter ihres Seligen.--Schön, sagte ich, ich hoffe, ich
lerne die kleinen Engel bald kennen; ich habe eine wahre Passion für
alle Haustiere, Kinder, Hunde und Kanarienvögel.--O Sie sind eine
Ausnahme! rief sie schwärmerisch; mein Carlo wollte immer aus der
Haut fahren, wenn die Kinder schrien und die Vögel zwitscherten und
ich dazwischen Solfeggien sang. Sie sind gewiß ein Engländer, die
haben immer so einen aparten Geschmack.--Nur ein Deutscher, sagte
ich; aber auch bei uns gibt es Narren genug, die es entweder schon sind,
oder doch für ein Paar schöne Augen sich nicht lange besinnen, es zu
werden. Also meinen Koffer darf ich herbringen lassen?
Ich begleitete diese Frage mit einem ehrerbietigen Handkuß, stand auf
und empfahl mich so eilig, als ich höflicherweise konnte, um meinen
Sieg nicht wieder aufs Spiel zu setzen. Denn wenn sie mir einen
Mietsvertrag vorgelegt hätte, um mich in Paragraph Eins ausdrücklich
zum Heiraten zu verpflichten, wäre meine ganze Doppelzüngigkeit zu
Schanden geworden.--Ich drückte dem Aschenputtel Erminia ein paar
Franken in die Hand, und schon eine Stunde nachher war ich mit Sack
und Pack wieder vor der Tür und hielt triumphierend meinen Einzug.
Auch hatte ich die ersten Tage keine weiteren Unbequemlichkeiten von
meiner Kriegslist, keine Anfechtungen, weder in meinem Gewissen,
noch in meinen vier Pfählen. Der überrumpelte schöne Feind begnügte
sich offenbar damit, mich zu beobachten; denn bei der Kaltblütigkeit,
mit der das "neue Lebensglück" betrieben wurde, konnte sie sich Zeit
lassen, zu untersuchen, ob sie auch kein schlechtes Geschäft mache mit
diesem wildfremden Zukünftigen. Leider schien das Ergebnis ihrer
Forschungen täglich mehr zu meinen Gunsten auszufallen. Und ich
machte es auch danach! Einen stilleren, geduldigeren, fleißigeren
zweiten Mann, als ich in diesen Tagen darstellte, kann sich keine junge
Witwe wünschen, und wenn ich im Punkte der Zärtlichkeit manches zu
wünschen übrig ließ, so war dies mit der ritterlichen Diskretion zu
entschuldigen, die unsere Zimmernachbarschaft mir zur Pflicht machte.
Kam ich von meinen Vermessungsgeschäften am Kampanile nach
Hause, so pflanzte ich mich sofort hinter den bewußten Tisch, um die
Resultate in meine Zeichnung einzutragen. Währenddessen konnte sie
nebenan ihr "Ah sin' all' ore all' ore estreme" oder eine andere
schmelzende Kazitilene schmettern, so viel sie wollte: Ich pries, zum
ersten Male im Leben, mein stumpfes Ohr, das mir half, dieser
Lockung mannhaft zu widerstehen. Ein paarmal schickte sie mir die
Kinder herein, die einen greulichen Unfug mit meinen Mappen und
anderen Habseligkeiten anstellten, bis ich mit einigen Orangen den
Frieden von ihnen erkaufte. Auch in dieser Prüfung benahm ich mich
musterhaft. Ging ich darin in der Abendkühle am Lungarno spazieren
unter dem Schwarm von Studenten, Pisaner Bürgern mit ihren Familien
und einigen wenigen Stutzern, die auch hier nicht fehlten-nun Sie
kennen ja das alles aus eigener Anschauung-, so begegnete ich
regelmäßig einige Male meiner schönen Hauswirtin, die an der Seite
einer Freundin mit züchtigen Witwenschritten dichtverschleiert
lustwandelte und, wie ich merken konnte, viele Verehrer hatte.
Mancher von diesen hätte mich wohl beneidet, wenn er gewußt hätte,
wie bequem es mir gemacht wurde. Ich aber begnügte mich mit
devotem Hutabziehen und kam regelmäßig erst nach Hause, wenn ich
wußte, daß sie schon Nacht gemacht hatte. Das geschah sehr früh-,
denn da sie, wie die meisten Italienerinnen, völlig ungebildet war und
höchstens einen französischen Roman in der Übersetzung las, so
langweilte sie sich entsetzlich, sobald es dunkel wurde und sie nicht
mehr aus dem Fenster sehen und sich bewundern lassen konnte.
Dieser friedfertige Zustand, der meinen Wünschen sehr entsprach--ein
Leben wie im Paradiese, wo Wolf und Lamm in Unschuld
nebeneinander hausten--, hatte etwa eine Woche gedauert, da merkte
ich, daß das Lamm sich zu wundern anfing, wie zahm der Wolf sich
betrage; ja es schien der armen Unschuld ordentlich gegen die Ehre zu
gehen, daß sie noch immer ungefressen blieb, da sie sich selbst doch
appetitlich genug vorkam. Nun kehrte sich der Naturzustand um, und
das Lamm rüstete sich, den Wolf nach allen Regeln zu belagern. Einige
Tage blieb es bei frischen Blumensträußen, mit denen ich meinen
Zeichentisch geschmückt fand, wenn ich nach Hause kam. Dann fand
ich, da meine Hausschuhe in ziemlich desolatem Zustande waren,
abends ein
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