blödern Menschen mit dem Frauenzimmer habe ich noch in meinem
Leben gesehen.
Haudy. Das ist wahr, darin hat er recht. Er ist nicht imstande, ein Wort
hervorzubringen, sobald ihn ein Frauenzimmer freundlich ansieht.
Rammler (mit einer pedantisch plumpen Verstellung). Ich glaube in der
Tat--wo mir recht ist--ja es ist wahr, er korrespondiert noch mit ihr, ich
habe den Tag seiner Abreise einen Brief gelesen, den er an eine
Mademoiselle in Brüssel schrieb, in die er ganz zum Erstaunen verliebt
war. Er wird sie wohl nun bald heuraten, denke ich.
Einer aus der Gesellschaft. Ich kann nur nicht begreifen, was er so lang
in Lille macht.
Haudy. Wetter Element, wo bleibt unser Punsch denn--Madam Roux!!!
Rammler. In Lille? O das kann euch niemand erklären, als ich. Denn
ich weiß um alle seine Geheimnisse. Aber es läßt sich nicht öffentlich
sagen.
Haudy (verdrüßlich). So sag heraus, Narre! was hältst du hinter dem
Berge.
Rammler (lächelnd). Ich kann euch nur so viel sagen, daß er eine
Person dort erwartet, mit der er in der Stille fortreisen will.
Stolzius (steht auf und legt die Pfeile weg). Meine Herren, ich habe die
Ehre mich Ihnen zu empfehlen.
Haudy (erschrocken). Was ist--wohin liebster Freund--wir werden den
Augenblick bekommen.
Stolzius. Sie nehmen mir's nicht übel--mir ist den Moment etwas
zugestoßen.
Haudy. Was denn?--Der Punsch wird Ihnen guttun, ich versichere Sie.
Stolzius. Daß ich mich nicht wohl befinde, lieber Herr Major. Sie
werden mir verzeihen--erlauben Sie--aber ich kann keinen Augenblick
länger hierbleiben, oder ich falle um-Haudy. Das ist die Rheinluft--oder
war der Tabak zu stark?
Stolzius. Leben Sie wohl.
(Geht wankend ab.)
Haudy. Da haben wir's. Mit euch verfluchten Arschgesichtern!
Rammler. Ha, ha, ha, ha--(Besinnt sich eine Weile, herumgehend.) Ihr
dummen Teufels, seht ihr denn nicht, daß ich das alles mit Fleiß
angestellt habe--Herr Pfarrer, hab ich's Ihnen nicht gesagt?
Eisenhardt. Lassen Sie mich aus dem Spiel, ich bitte Sie.
Haudy. Du bist eine politische Gans, ich werde dir das Genick
umdrehen.
Rammler. Und ich brech dir Arm und Bein entzwei, und werf sie zum
Fenster hinaus. (Spaziert throsonisch umher.) Ihr kennt meine Finten
noch nicht.
Haudy. Ja du steckst voll Finten, wie ein alter Pelz voll Läuse. Du bist
ein Kerl zum Speien mit deiner Politik.
Rammler. Und ich pariere, daß ich dich und all euch Leute hier beim
Stolzius in Sack stecke, wenn ich's darauf ansetze.
Haudy. Hör, Rammler! es ist nur schade, daß du ein bißchen zu viel
Verstand bekommen hast, denn er macht sich selber zunicht, es geht dir,
wie einer allzuvollen Bouteille, die man umkehrt, und doch kein
Tropfen herausläuft, weil einer dem andern im Wege steht. Geh, geh,
wenn ich eine Frau habe, geb ich dir die Erlaubnis, bei ihr zu schlafen,
wenn du sie dahin bringen kannst.
Rammler (sehr schnell auf und ab gehend). Ihr sollt nur sehen, was ich
aus dem Stolzius noch machen will.
(Ab.)
Haudy. Der Kerl macht einem das Gallenfieber mit seiner Dummheit.
Er kann nichts als andern Leuten das Konzept verderben.
Einer. Das ist wahr, er mischt sich in alles.
Mary. Er hat den Kopf immer voll Intrigen und Ränken, und meint,
andere Leute können ebensowenig darohne leben, als er. Letzt sagt' ich
dem Reitz ins Ohr, er möcht' mir doch auf morgen seine Sporen leihen,
ist er mir nicht den ganzen Tag nachgegangen, und hat mich um Gottes
willen gebeten, ich möcht' ihm sagen, was wir vorhätten. Ich glaub, es
ist ein Staatsmann an ihm verdorben.
Ein andrer. Neulich stellt' ich mich an ein Haus, einen Brief im
Schatten zu lesen, er meinte gleich, es wär' ein Liebesbrief, der mir aus
dem Hause wär' herabgeworfen worden, und ist die ganze Nacht bis um
zwölf Uhr um das Haus herumgeschlichen. Ich dachte, ich sollte
aufbersten für Lachen, es wohnt ein alter Jude von sechzig Jahren in
dem Hause, und er hatte überall an die Straße Schildwachten ausgestellt,
die mir auflauren sollten, und ihm ein Zeichen geben, wenn ich
hereinginge. Ich habe einem von den Kerls mit drei Livres das ganze
Geheimnis abgekauft; ich dacht', ich sollte rasend werden.
Alle. Ha, ha, ha, und er meint', es sei ein hübsch Mädchen drin.
Mary. Hört einmal, wollt ihr einen Spaß haben, der echt ist, so wollen
wir den Juden avertieren, es sei einer da, der Absichten auf sein Geld
habe.
Haudy. Recht, recht, daß euch die Schwerenot, wollen wir gleich zu
ihm gehen. Das soll uns eine Komödie geben, die ihresgleichen nicht
hat. Und du, Mary, bring ihn nur immer mehr auf die Gedanken, daß da
die schönste Frau in ganz Armentieres wohnt, und daß Gilbert dir
anvertraut hat, er werde diese Nacht zu ihr gehn.
Dritte Szene
In Lille. Marie weinend auf einem Lehnstuhl, einen Brief in der Hand.
Desportes tritt herein.
Desportes. Was fehlt Ihnen, mein goldnes Mariel, was haben Sie?
Marie (will den Brief in die
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