Staat, angerichtet hat, als alle Predigten
zusammengenommen, die Sie und Ihresgleichen in Ihrem ganzen
Leben gehalten haben und halten werden.
Obrister (winkt Haudy unwillig). Major!
Eisenhardt. Wenn ich mit Vorurteilen für mein Amt eingenommen
wäre, Herr Major, so würde ich böse werden. So aber wollen wir alles
das beiseite setzen, weil ich weder Sie noch viele von den Herren für
fähig halte, den eigentlichen Nutzen unsers Amts in Ihrem ganzen
Leben beurteilen zu können, und wollen nur bei der Komödie bleiben,
und den erstaunenden Nutzen betrachten, den sie für die Herren vom
Corps haben soll. Ich bitte Sie, beantworten Sie mir eine einzige Frage,
was lernen die Herren dort?
Mary. Ei was, muß man denn immer lernen, wir amüsieren uns, ist das
nicht genug.
Eisenhardt. Wollte Gott, daß Sie sich bloß amüsierten, daß Sie nicht
lernten! So aber ahmen Sie nach, was Ihnen dort vorgestellt wird, und
bringen Unglück und Fluch in die Familien.
Obrister. Lieber Herr Pastor, Ihr Enthusiasmus ist löblich, aber er
schmeckt nach dem schwarzen Rock, nehmen Sie mir's nicht übel.
Welche Familie ist noch je durch einen Officier unglücklich geworden?
Daß ein Mädchen einmal ein Kind kriegt, das es nicht besser haben
will.
Haudy. Eine Hure wird immer eine Hure, sie gerate unter welche
Hände sie will; wird's keine Soldatenhure, so wird's eine Pfaffenhure.
Eisenhardt. Herr Major, es verdrießt mich, daß Sie immer die Pfaffen
mit ins Spiel mengen, weil Sie mich dadurch verhindern, Ihnen
freimütig zu antworten. Sie könnten denken, es mische sich persönliche
Bitterkeit in meine Reden, und wenn ich in Feuer gerate, so schwöre
ich Ihnen doch, daß es bloß die Sache ist, von der wir sprechen, nicht
Ihre Spöttereien und Anzüglichkeiten über mein Amt. Das kann durch
alle dergleichen witzige Einfälle weder verlieren noch gewinnen.
Haudy. Na, so reden Sie, reden Sie, schwatzen Sie, dafür sind wir ja da,
wer verbietet es Ihnen?
Eisenhardt. Was Sie vorhin gesagt haben, war ein Gedanke, der eines
Nero oder Oglei Oglu Seele würdig gewesen wäre, und auch da bei
seiner ersten Erscheinung vielleicht Grausen würde verursacht haben.
Eine Hure wird immer eine Hure. Kennen Sie das andere Geschlecht so
genau?
Haudy. Herr, Sie werden es mich nicht kennen lehren.
Eisenhardt. Sie kennen es von den Meisterstücken Ihrer Kunst
vielleicht; aber erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen, eine Hure wird
niemals eine Hure, wenn sie nicht dazu gemacht wird. Der Trieb ist in
allen Menschen, aber jedes Frauenzimmer weiß, daß sie dem Triebe
ihre ganze künftige Glückseligkeit zu danken hat, und wird sie die
aufopfern, wenn man sie nicht drum betrügt?
Haudy. Red ich denn von honetten Mädchen?
Eisenhardt. Eben die honetten Mädchen müssen zittern vor Ihren
Komödien, da lernen Sie die Kunst, sie malhonett zu machen.
Mary. Wer wird so schlecht denken.
Haudy. Der Herr hat auch ein verfluchtes Maul über die Officiers.
Element, wenn mir ein anderer das sagte. Meint Er Herr denn, wir
hören auf Honettehommes zu sein, sobald wir in Dienste treten.
Eisenhardt. Ich wünsche Ihnen viel Glück zu diesen Gesinnungen.
Solang ich aber noch entretenierte Mätressen und unglückliche
Bürgerstöchter sehen werde, kann ich meine Meinung nicht
zurücknehmen.
Haudy. Das verdiente einen Nasenstüber.
Eisenhardt (steht auf). Herr, ich trag einen Degen.
Obrister. Major, ich bitt Euch--Herr Eisenhardt hat nicht unrecht, was
wollt Ihr von ihm. Und der erste, der ihm zu nahe kommt--setzen Sie
sich, Herr Pastor, er soll Ihnen Genugtuung geben. (Haudy geht hinaus.)
Aber Sie gehen auch zu weit, Herr Eisenhardt, mit alledem. Es ist kein
Officier, der nicht wissen sollte, was die Ehre von ihm fodert.
Eisenhardt. Wenn er Zeit genug hat, dran zu denken. Aber werden ihm
nicht in den neuesten Komödien die gröbsten Verbrechen gegen die
heiligsten Rechte der Väter und Familien unter so reizenden Farben
vorgestellt, den giftigsten Handlungen so der Stachel genommen, daß
ein Bösewicht dasteht, als ob er ganz neulich vom Himmel gefallen
wäre. Sollte das nicht aufmuntern, sollte das nicht alles ersticken, was
das Gewissen aus der Eltern Hause mitgebracht haben kann. Einen
wachsamen Vater zu betrügen, oder ein unschuldig Mädchen in Lastern
zu unterrichten, das sind die Preisaufgaben, die dort aufgelöst werden.
Haudy (im Vorhause mit andern Officiers: da die Tür aufgeht). Der
verfluchte Schwarzrock-Obrister. Laßt uns ins Kaffeehaus gehn, Pfarrer,
Sie sind mir die Revanche im Schach schuldig--und Adjutant! wollten
Sie doch den Major Haudy für heut bitten, nicht aus seiner Stube zu
gehen. Sagen Sie ihm, ich werde ihm morgen früh seinen Degen selber
wiederbringen.
Fünfte Szene
In Lille. Wesener sitzt und speist zu Nacht mit seiner Frau und ältesten
Tochter. Marie tritt ganz geputzt herein.
Marie (fällt ihn um den Hals). Ach Papa! Papa!
Wesener (mit vollem Munde). Was ist's, was fehlt dir?
Marie. Ich kann's Ihm nicht verhehlen, ich bin in der Komödie gewesen.
Was das für Dings ist.
Wesener (rückt seinen Stuhl vom Tisch weg, und kehrt das
Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.