Streich spielen. Heut geht es nicht mehr
an, aber übermorgen geben sie ein fürtreffliches Stück, "La chercheuse
d'esprit", und die erste Piece ist der Deserteur--haben Sie hier nicht eine
gute Bekannte?
Marie. Frau Weyher.
Desportes. Wo wohnt sie?
Marie. Gleich hier, an der Ecke beim Brunnen.
Desportes. Da komm ich hin, und da kommen Sie auch hin, so gehn wir
miteinander in die Komödie. (Wesener kommt mit einer großen
Schachtel Zitternadeln. Marie winkt Desportes lächelnd zu.)
Wesener. Sehen Sie, da sind zu allen Preisen--Diese zu hundert Talern,
diese zu funfzig, diese zu hundertfunfzig, wie es befehlen.
Desportes (besieht eine nach der andern, und weist die Schachtel
Marien). Zu welcher rieten Sie mir?
(Marie lächelt, und sobald der Vater beschäftigt ist, eine
herauszunehmen, winkt sie ihm zu.)
Wesener. Sehen Sie, die spielt gut, auf meine Ehr'.
Desportes. Das ist wahr. (Hält sie Marien an den Kopf.) Sehen Sie auf
so schönem Braun, was das für eine Wirkung tut. O hören Sie, Herr
Wesener, sie steht Ihrer Tochter gar zu schön, wollen Sie mir die
Gnade tun, und sie behalten.
Wesener (gibt sie ihm lächelnd zurück). Ich bitte Sie, Herr Baron, das
geht nicht an--meine Tochter hat noch in ihrem Leben keine Präsente
von den Herren angenommen.
Marie (die Augen fest auf ihre Arbeit geheftet). Ich würde sie auch
zudem nicht haben tragen können, sie ist zu groß für meine Frisur.
Desportes. So will ich sie meiner Mutter schicken. (Wickelt sie
sorgfältig ein.)
Wesener (indem er die andern einschachtelt, brummt etwas heimlich zu
Marien). Zitternadel du selber, sollst in deinem Leben keine auf den
Kopf bekommen, das ist kein Tragen für dich. (Sie schweigt still und
arbeitet fort.)
Desportes. So empfehle ich mich denn, Herr Wesener! Eh' ich wegreise,
machen wir richtig.
Wesener. Das hat gute Wege, Herr Baron, das hat gute Wege, sein Sie
so gütig, und tun uns einmal wieder die Ehre an.
Desportes. Wenn Sie mir's erlauben wollen--Adieu Jungfer Marie!
(Geht ab.)
Marie. Aber sag Er mir doch, Papa, wie ist Er denn auch?
Wesener. Na, hab ich dir schon wieder nicht recht gemacht. Was
verstehst du doch von der Welt, dummes Keuchel.
Marie. Er hat doch gewiß ein gutes Gemüt, der Herr Baron.
Wesener. Weil er dir ein paar Schmeicheleien und so und so--Einer ist
so gut wie der andere, lehr du mich die jungen Milizen nit kennen. Da
laufen sie in alle Aubergen und in alle Kaffeehäuser, und erzählen sich,
und eh' man sich's versieht, wips ist ein armes Mädel in der Leute
Mäuler. Ja, und mit der und der Jungfer ist's auch nicht zum besten
bestellt, und die und die kenne ich auch, und die hätt' ihn auch
gern-Marie. Papa. (Fängt an zu weinen.) Er ist auch immer so grob.
Wesener (klopft sie auf die Backen). Du mußt mir das so übel nicht
nehmen, du bist meine einzige Freude, Narr, darum trag ich auch Sorge
für dich.
Marie. Wenn Er mich doch nur wollte für mich selber sorgen lassen.
Ich bin doch kein klein Kind mehr.
Vierte Szene
In Armentieres. Der Obriste Graf Spannheim am Tisch mit seinem
Feldprediger, einem jungen Grafen, seinem Vetter, und dessen
Hofmeister, Haudy, Untermajor, Mary und andern Officiers.
Der junge Graf. Ob wir nicht bald wieder eine gute Truppe werden
herbekommen?
Haudy. Das wÄre zu wÜnschen, besonders für unsere junge Herren.
Man sagt, Godeau hat herkommen wollen.
Hofmeister. Es ist doch in der Tat nicht zu leugnen, daß die
Schaubühne eine fast unentbehrliche Sache für eine Garnison ist, c'est à
dire eine Schaubühne, wo Geschmack herrscht, wie zum Exempel auf
der franzÖsischen.
Eisenhardt. Ich sehe nicht ab, wo der Nutzen stecken sollte.
Obrister. Das sagen Sie wohl nur so, Herr Pastor, weil Sie die beiden
weißen Läppgen unterm Kinn haben, ich weiß, im Herzen denken Sie
anders.
Eisenhardt. Verzeihen Sie, Herr Obriste! ich bin nie Heuchler gewesen,
und wenn das ein notwendiges Laster für unsern Stand wäre, so dächt'
ich, wären doch die Feldprediger davon wohl ausgenommen, da sie mit
vernünftge Leuten zu tun haben. Ich liebe das Theater selber, und gehe
gern hinein, ein gutes Stück zu sehen, aber deswegen glaube ich noch
nicht, daß es ein so heilsames Institut für das Corps Officiers sei.
Haudy. Aber um Gottes willen, Herr Pfaff oder Herr Pfarr, wie Sie da
heißen, sagen Sie mir einmal, was für Unordnungen werden nicht
vorgebeugt oder abgehalten durch die Komödie. Die Officiers müssen
doch einen Zeitvertreib haben?
Eisenhardt. Mit aller Mäßigung, Herr Major! Sagen Sie lieber, was für
Unordnungen werden nicht eingeführt unter den Officiers durch die
Komödie.
Haudy. Das ist nun wieder so in den Tag hinein räsoniert. Kurz und gut,
Herr, (lehnt sich mit beiden Ellenbogen auf den Tisch) ich behaupte
Ihnen hier, daß eine einzige Komödie, und wenn's die ärgste Farce
wäre, zehnmal mehr Nutzen, ich sage nicht unter den Officiers allein,
sondern im ganzen
Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.