Die Jungfrau von Treiden | Page 6

Adelbert Cammerer
--
_Verlobungfest_ der _Beiden_.
0. * *
Der Gartenkünste Meister liess,
Bei nimmermüdem Streben,
Für
_Segewold_ ein Paradies
Auf Oeden sich erheben.
Und noch ein
_neues Werk_ erstand,
Von seiner Kunst und Meisterhand:
Die
_Grotte_ sein, auf Höhen,
Soll ferne Zeit noch sehen.
Die _Liven-Grotte_ schuf _Natur_;
Die _seine_, hoch daneben:

Sieht unter sich, in Thalesflur,
Der Landschaft Reiz und Leben.
Da
mass die Jungfrau _Segewold_;
Und sah, bestrahlt von Abendgold,

Den Liebling täglich eilen,
Sein Glück mit ihr zu theilen.
Hier mochte sie, auf grüner Bank,
Den Bräutigam erwarten:
Der,
wenn sein Tag hinuntersank,
Verliess den Blüthengarten.
Mit
_Blumen_ war, von ihm gepflückt,
Die Grotte täglich neu
geschmückt;
Bis ihr von Rosenstunden

Die _letzte_ heut'
geschwunden!
Denn _heut'_, in früher Morgenstund',
(Was nie bisher geschehen!)

Liess _Heil_ an sie, durch _Boten_-Mund,
Den lauten _Wunsch_

ergehen:
Sie möge nach dem Mittagmahl',
Zum Gange nach dem
Höhlenthal',
In Liebe sich bequemen,
Und -- »_Scheidegruss_«
vernehmen!
Er habe noch der Arbeit Viel
Am Abend, zu besorgen;
Und -- Fahrt
ins Weite sei das Ziel,
Schon für den nächsten Morgen.
Er wolle,
wenn sein Glück entweicht,
Die Braut, zum _letzten_ Mal vielleicht,

In seiner Grotte schauen;
Und And'res -- _Gott_ vertrauen.
Die _Eltern_, um ihr Wort befragt,
Den Gang ihr zu gewähren:
Sie
mögen, was sie _nie_ versagt,
Auch heute nicht verwehren. --
Ob
_Ahnung_, ob es _Laune_ war:
Geschmückt, wie vor dem Traualtar,

Erscheint, im Festgewande,
Die schönste Braut im Lande.
Und sieh, der letzte Gang beginnt!
Er nimmt sie fort von _Treiden_!

Sie aber wandelt still und sinnt,
Und weilet noch im Scheiden! --

Dann, wie der Sonne Majestät
In Wolken freundlich untergeht,
Und
stirbt, im Abendrothe:
Geht _Rosa-Mai_ -- zum _Tode_!...
0. * *
Die _Freude_ sieht die Stunde nur
Wie _Augenblick_ entschwunden;

Der _Sehnsucht_ -- dehnt die Zeitenuhr
Zu Tagen oft Sekunden!

Vergebens fleht der _Alten_ Blick
Die Tochter ihrem Haus zurück!

_Sie_ wandelt hoch -- und ferne --
Auf unbekanntem Sterne!
Nicht heiter, wie der Bach entweicht,
Nicht, wie die Quelle munter:

Nur trüb', wie Sumpfgewässer, schleicht
Der träge Tag hinunter! --

Der Westen glüht, die Sonne sinkt;
Und Schattenkühl im Thale
winkt:
Da schmachtet Herzverlangen,
Die _Töchter_ zu
empfangen!
. * *
Nun wird es laut am Eisenthor!

Und sieh, empört, voll Grauen:
Tritt
_Heil_ von _Segewold_, hervor,
Gespenstern gleich zu schauen!

Wie Donner, trifft sein Wuthgeschrei:
»Herbei, du _Vater Greif_,

herbei!
Im Blute liegt, erschlagen,
Die du zur Welt getragen!« --
0. * *
Die _Hölle_ flammt in seinem _Wort_!
Ihr _Hohn_ ertönt im Schalle!

Dann eilig stürmt der _Wilde_ fort;
Und hinter ihm -- wir Alle.

Wir folgen seiner Tritte Spur,
Den Berg hinab, in Thales Flur;

Empor dann, am Gelände,
Zum Werke seiner Hände.
Und _dort_ -- in _seiner_ Grotte lag:
Die weiland Segenreiche!
Die
_Jungfrau_, todt durch Mörderschlag,
Nun Marmor-starre Leiche!

Sie lag in Blut, von Blut bedeckt;
Und -- von _demselben_ Blut
befleckt
Lag jenes _Beil_ daneben,
Das ihr den Tod gegeben!
Wer solches Beil sein _eigen_ nennt:
Kann _Mehr_ vom Morde
sagen;
_Wer_ aber, der den Jüngling kennt,
Darf hier ein _Urtheil_
wagen? --
Es ist, was ihm Verdammniss droht,
Sein _Werkzeug_
hier, von Blute roth:
Wenn volle Thatenreihen
Ihn dort zum
_Helden_ weihen. --
Und so verlangt die erste Pflicht:
Uns, _Herr_! an _Euch_ zu wenden;

_Euch_ -- werden seine _Thaten_ nicht,
Noch hier sein _Eisen_,
blenden.
Wir leben sorgvoll, ohne Ruh'!
Und senden Euch den
_Wagen_ zu;
Bei _Bitte_, nicht zu weilen,
Nach _Treidens_ Burg
zu eilen!«
XI.
Am nächsten Tage.
(Zu Treiden.)
Auf, _Gericht_, bei Morgenroth!
Oeffne deine Schranken!
Und es
sei der _Jungfrau Tod_
Seele der Gedanken!
Fern dem Wahne, fern der Scheu,
Wirf den Schein danieder;
Und
vernimm, der Wahrheit treu,
Zeugen für und wider!

Dort die Leiche, dort das Beil,
Dort das Blut im Staube!
Hier die
_Klage_, hier der _Heil_,
Hier gesunk'ner Glaube! --

Und sofort zu Kampfe zog,
Wider _Heil_, die _Klage_;
Und des
Landes _Richter_ wog
Mit der _Themis_ Waage.
_Heil_, der Jüngling, trat hervor,
Todesbleich die Wangen;
Wie der
Mond den Schein verlor,
Von Gewölk umfangen.
Tief gesunken und zerstört,
Heldenthum's Ruine;

Schmerz-gebrochen, Gram-verzehrt,
Stand er auf der Bühne.
Und der hohe _Richter_ spricht:
»Lass' dich, _Jüngling_, fragen!

Kennst du _diese Waffe_ nicht,
Und, wer sie getragen?
_Dich_ erkennt an solcher Spur,
Wer sie aufgefunden;
Und mit
_solcher_ Waffe nur
Schlägt man _solche_ Wunden. --
War es nicht der Bote dein:
Der, von Dir verblendet,
Deine _Braut_,
durch leeren Schein,
In den _Tod_ gesendet?
Gieb das zarte _Kind_ zurück:
Das, durch _dich_ entschwunden;

Dessen Spur auch _Vater_-Blick
Nirgend noch gefunden!« --
0. * *
_Heil_, im Auge seine _Braut_,
Die der Mord erschlagen:
Schien
mit allem Tod' vertraut,
Nicht mit solchen Klagen.
Nun, bekannt mit seinem Loos,
Rings um sich Verderben,
Sprach
der _Jüngling_, ruhig gross,
Wie der Held im Sterben:
»Jenes _Beil_, mein _Kläger_ hier,
Meine Lieblingshabe:
Wie es
frommte mir und _Ihr_,
Folg' es mir zu Grabe!

_Solch_ ein Werkzeug nur allein
Sollte mich begleiten:
_Ihr_, im
weichen Sandgestein,
Obdach zu bereiten.
Zürne nicht, verklärte _Braut_!
Wenn ich _nicht_ verhehle:
Dass
ich nur für _Dich_ gebaut
Jene zweite _Höhle_.
_Was_ dem Blicke dort erstand,
Stufen und Gelände:
Schuf das
_Beil_ in meiner Hand;
Schufen diese Hände.
Sank denn _Heil_ so tief herab:
Sich ein Werk voll Grauen, --

Seiner _Braut_ ein frühes Grab --
Schmachvoll zu erbauen? --
Doch, wir stehen vor _Gericht_;
Und die Richter sagen:
Jenes Beil
im Blute spricht,
_Er_ hat sie erschlagen!...
Höret nun von mir Bescheid,
Auf die _zweite_ Klage!
Neues Weh'
und neues Leid
Weckt die _Boten_-Frage.
Glaubet! meine Seele weiss
Noch von keinem _Boten_:
Der die
_Braut_, auf mein Geheiss,
Sandte zu den _Todten_.
Nur bei Tages _Untergeh'n_
War es uns beschieden:
Dort zu feiern
Wiederseh'n,
In der Höhle Frieden.
_Also_ war es Fug und Brauch
Für
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