Gedankenflug',
Geflügelt nach, die _Worte_:
»Hinweg denn mit dem Wanderstab!
Mein Schicksal ist entschieden!
Du Wiegenland und Vätergrab',
O, grünet fort, im Frieden!
Du Paradies der Heimathflur!
Des Neckar-Landes Auen!
Der
Jüngling wird im _Traume_ nur
Hinfort euch wieder schauen.
Der _Gärtner_ zog durch Länder hin,
Um fern, im Rosengarten,
Der
zarten Blumenkönigin
Zu pflegen und zu warten.
Und leb' ich nur vereint mit _Ihr_,
Der _Einzigen_ auf Erden:
Soll
auch die starre _Wüste_ mir
Ein Garten _Gottes_ werden!« --
0. * *
Mit _solcher Tröstung_ schien dem Gast'
Der Wünsche Ziel gefunden;
Und einer Zukunft Weltenlast
War seinem Traum geschwunden.
Doch _draussen_ ging sein _Wunderstern_,
Von Trauerflor
umhangen!
Und dräuend war, im Osten fern,
Sein _Schicksal_
aufgegangen.
VIII.
Die Felsengrotte des Victor Heil.
_Dort_, im Schattenkühl der _Guttmann'shöhle_,
Deren Felsendach
die Eiche _ziert_;
_Wo_, seit _Rosen's_ Heimgang, _Philomele_
Tief, wie Schwermuth, Dir die Seele rührt;
_Wo_ der _Live_ seinem _Freudengotte_,
Gern und einsam in der
Sommernacht,
Gaben senkend in den Quell der Grotte,
Seine
Dankesopfer dargebracht:
_Dort_ auch fanden, nach der Tage Sorgen,
Unter Blüthenduft im
Abendschein,
_Sich_ vertrauend und der Welt verborgen,
_Victor
Heil_ und _Rosa Mai_ sich ein.
0. * *
_Amor_ lieh sein Flügelpaar den _Beiden_,
Wann der Sonnengott zu
Bette ging;
_Ihm_ von Segewold und _Ihr_ von Treiden,
Bis die
Grotte dann ihr Glück umfing.
_Greifen's Tochter_ war der Braut Geleite;
Kind, das kaum den
neunten Frühling sah:
Blieb sie gern den _Lieben_ an der Seite;
Winkes harrend, ihrem Wunsche nah',
. * *
Aus der _Ferne_ schon die _Maid_ zu schauen,
War der _Jüngling_
bald bei Nacht bemüht:
Noch ein _zweites_ Höhlenwerk zu bauen,
Das der Fremdling noch zur Stunde sieht.
_Droben_, dem _Naturgebäu_ zur Linken,
Das sich _unten_ wölbt, in
Thalesgrund:
Seh'n wir heute _Victors Höhle_ winken,
Denn _sein
Name_ schmückt ihr Felsenrund.
0. * *
Fleiss der Liebe, Fleiss der Hände schufen:
Was gen _Segewold_ den
Blick gewährt;
Doch so manche, sonst bequeme Stufen
Haben
Zeiten und ihr Sohn zerstört!
. * *
Welche Freude kam auf ihre Seele:
Da die _Holde_ nun dem Ziele
nah',
Droben aus dem Bauwerk seiner Höhle,
Den _Geliebten_ in
der Ferne sah!
Und so weilte sie, bei Tagesneige,
Mit der _Schwester_, an der
_Grotte_ Rand':
Bis sie, schauend durch das Grün der Zweige,
Ihren _Freund_ auf seinem Wege fand.
Wie das ew'ge Licht der Kathedrale,
Hing der Abendstern am
Himmelsdom;
Widerstrahlend, längs dem Zauberthale,
Sah der
Vollmond aus dem Silberstrom.
Unten sang ihr Lied die Grottenquelle;
Ferne sprach der Mühle
Wasserfall;
Und im Laubdach auf der Felsenzelle
Schlug die
Flötenuhr der Nachtigall.
Und die _Lieben_ sassen, wonnetrunken,
Hand in Hand, auf moosig
weichem Pfühl,
In der _Liebe_ Seligkeit versunken,
Voll der
Andacht, voll von Dankgefühl!
. * *
Gleich dem Blüthenthal vor ihrem Blicke,
Gleich des Stromes
ungetrübtem Lauf':
Fern dem Unheil, fern dem Missgeschicke,
Ging die Zukunft ihren Träumen auf.
Keine Ahnung jener Schicksalmächte,
Die dem Glücke liefern blut'ge
Schlacht:
Weckte noch den süssen Schlaf der Nächte;
Trübte noch
der Tage Rosenpracht!
_Ach_, -- und _morgen_, eh' dem Sonnenwagen
Folgt der
Abendröthe letzte Gluht:
Hat Dich, _Rosa_, schon der _Mord_
erschlagen!
Trank die Erde schon Dein Heldenblut!
IX.
Der 6. August.
»Junker _Victor_ lässt Euch grüssen,
Mit dem _Wunsch'_ an Euer
Herz:
Ihm noch, tröstlich, zu versüssen
Bald'ger
_Trennung_-Stunde Schmerz!
Hat am Abend noch zu sorgen,
Im Geschäfte für den _Herrn_:
Aber
schon der nächste Morgen
Findet ihn -- dem Hause _fern_.
Fräulein möge sich bequemen:
Von dem _Treuen_ noch ein Wort,
Vor der Reise zu vernehmen,
Dort, am ihr bewussten Ort'!
Heute, nach vollbrachtem Mahle,
Bei der _Mittagsonne_ Strahl',
Harret _Victor Heil_ im Thale;
Und -- vielleicht -- zum _letzten_
Mal!«
Diese trauervolle Kunde,
Nicht der Liebe Träumen hold:
Kam der
_Braut_ aus _Boten-Munde_,
Nach dem _Schein_, von _Segewold_.
0. * *
Sinnend ob des Wort's Bedeuten,
Sprach sie dennoch schnell gefasst:
»Wenn sie heut' zu _Mittag_ läuten,
Bin ich meines Trauten Gast.«
--
. * *
Und der Bote zieht von dannen,
Eilig wie Verhängnissflug:
Seinem
Orte zu, von wannen
Ihn der Hölle Dämon trug.
Todeskälte, Fieberbeben,
Namenloses Weh' und Leid:
Ueberzog
Dein Rosenleben,
_Rosa_, wundersüsse Maid!
0. * *
»Heute, nach vollbrachtem Mahle.
Bei der _Mittagsonne_ Strahl,
Harret _Victor Heil_ im Thale;
Und -- vielleicht -- zum _letzten_
Mal?«
»Welch Gebot ist dir geworden?
Welche Sendung trägt dich fort? --
Wer, um unser Glück zu morden,
Sprach dir solches Unheilwort?
--
_Dich_, mein _Leben_, soll ich meiden,
Noch im _Frühling_ deiner
Bahn?
Von dem _Himmel_ soll ich scheiden,
Der sich kaum mir
aufgethan? --
Träger Morgen, nimm dir Schwingen!
Mittagstunde, komm herbei!
Sich're Kunde mir zu bringen,
Ob mein Traum zu Ende sei. --
_Kommen will_ ich, zu dir eilen:
Einer flücht'gen Stunde Frist,
Glücklich noch, bei _Dem_ zu weilen,
Dessen Glück mein Himmel
ist.« --
_Also_ tönt der Jungfrau Klage;
Und sie eilt im Flügelschritt';
Und
den Pflegern ihrer Tage
Theilt sie schnell die _Kunde_ mit.
Bergend in der Brust die Wunde,
Ruhig scheinend, ohne Ruh',
Sprach sie; -- und der bösen Kunde
Hören _bang_ die _Lieben_ zu.
Inn're _Warnerstimmen_ sprechen,
_Zweifel_ stürmt die alte Brust:
_Rosa_ weiss den Sturm zu brechen,
Sich nur _frommer_ That
bewusst.
Weich, wie Flötenklänge wehen,
Zärtlich, wie das Auge sprach,
Sendet sie der Blicke Flehen
Noch einmal die _Worte_ nach:
»Möge Vaterhuld gestatten,
Was die Mutter nie versagt!
Jener
Gang im Abendschatten,
Sei zu _Mittag_ heut' gewagt!« --
0. * *
Und die _Lieben_? -- Sie gewähren
Ihr, zu Tages heller Zeit,
Neu,
den alten Gang in Ehren,
Und die _Schwester_ zum Geleit'.
. * *
Dann
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