um das Erbe und
die Macht des Hauses zu wahren--gleichviel, der Brauch ist alt und
ehrwürdig. Ich kannte mein Los, welches mir nicht zuwider war, von
jung an. Mir wurde kein Zwang auferlegt.'
'Und das dritte?' holte Ezzelin nach--er meinte das dritte Gelübde.
Astorre verstand ihn.
Mit einem neuen, aber dieses Mal schwachen Erröten erwiderte er: 'Es
ist mir nicht leicht geworden, doch ich vermochte es wie andere
Mönche, wenn sie gut beraten sind, und das war ich. Von dem heiligen
Antonius', fügte er ehrfürchtig hinzu.
"Dieser verdienstliche Heilige, wie ihr wißt, Herrschaften, hat einige
Jahre bei den Franziskanern in Padua gelebt", erläuterte Dante.
"Wie sollten wir nicht?" scherzte einer unter den Zuhörern. "Haben wir
doch die Reliquie verehrt, die in dem dortigen Klosterteich
herumschwimmt: ich meine den Hecht, welcher weiland der Predigt
des Heiligen beiwohnte, sich bekehrte, der Fleischspeise entsagte, im
Guten standhielt und jetzt noch in hohem Alter als strenger
Vegetarier. .. " Er verschluckte das Ende des Schwankes, denn Dante
hatte gegen ihn die Stirn gerunzelt.
'Und was riet er dir?' fragte Ezzelin. 'Meinen Stand einfach zu fassen,
schlecht und recht', berichtete der Mönch, als einen pünktlichen Dienst,
etwa wie einen Kriegsdienst, welcher ja auch gehorsame Muskeln
verlangt, und Entbehrungen, die ein wackerer Krieger nicht einmal als
solche fühlen darf: die Erde im Schweiß meines Angesichts zu graben,
mäßig zu essen, mäßig zu fasten, weder Mädchen noch jungen Frauen
Beichte zu sitzen, im Angesicht Gottes zu wandeln und seine Mutter
nicht brünstiger anzubeten, als das Breviarium vorschreibt.'
Der Tyrann lächelte. Dann streckte er die Rechte gegen den Mönch aus,
ermahnend oder segnend, und sprach: 'Glücklicher! Du hast einen Stern!
Dein Heute entsteht leicht aus deinem Gestern und wird unversehens zu
deinem Morgen! Du bist etwas und nichts Geringes; denn du übst das
Amt der Barmherzigkeit, das ich gelten lasse, wiewohl ich ein anderes
bekleide. Würdest du in die Welt treten, die ihre eigenen Gesetze
befolgt, welche zu lernen es für dich zu spät ist, so würde dein klarer
Stern zum lächerlichen Irrwisch und zerplatzte zischend nach ein paar
albernen Sprüngen unter dem Hohn der Himmlischen!
Noch eines, und dies rede ich als der, welcher ich bin: der Herr von
Padua. Dein Wandel war meinem Volk eine Erbauung, ein Beispiel der
Entsagung. Der Ärmste getröstete sich deiner, den er seine karge Kost
und sein hartes Tagewerk teilen sah. Wirfst du die Kutte weg, freiest du,
ein Vornehmer, eine Vornehme, schöpfst du mit vollen Händen aus
dem Reichtum deines Hauses, so begehst du Raub an dem Volk,
welches dich als einen seinesgleichen in Besitz genommen hat, du
machst mir Unzufriedene und Ungenügsame, und entstände daraus
Zorn, Ungehorsam, Empörung, mich sollte es nicht wundern. Die
Dinge verketten sich!
Ich und Padua können dich nicht entbehren! Mit deiner schönen und
ritterlichen Gestalt stichst du der Menge in die Augen und hast auch
mehr oder wenigstens einen edlern Mut als deine bäurischen Brüder.
Wenn das Volk nach seiner rasenden Art diesen hier'--er deutete auf
Isaschar--'ermorden will, weil er ihm Hilfe bringt, was dem Juden in
der letzten Pestzeit--wenig fehlte--geschehen wäre, wer verteidigt ihn,
wie du tatest, gegen die wahnsinnige Menge, bis ich da bin und Halt
gebiete?
Isaschar, hilf mir den Mönch überzeugen!' wendete sich Ezzelin gegen
den Arzt mit einem grausamen Lächeln. Schon deinetwegen darf er
sich nicht entkutten!'
'Herr', lispelte dieser, unter deinem Zepter wird sich die unvernünftige
Szene, welche du so gerecht wie blutig gestraft hast, kaum wiederholen,
und meinethalb, dessen Glaube die Dauer des Stammes als Gottes
höchsten Segen preist, darf der Erlauchte'--so und schon nicht mehr den
Ehrwürdigen nannte er den Mönch--nicht unvermählt bleiben.'
Ezzelin lächelte über die Feinheit des Juden. 'Und wohin gehen deine
Gedanken, Mönch?' fragte er.
'Sie stehen und beharren! Doch ich wollte--Gott verzeihe mir die
Sünde--, der Vater erwachte nicht mehr, daß ich nicht hart gegen ihn
sein muß! Hätte er nur schon die Zehrung empfangen!' Er küßte heftig
die Wange des Ohnmächtigen, welcher darüber zur Besinnung kam.
Der wieder Belebte tat einen schweren Seufzer, hob die müden
Augenlider und richtete aus dem grauen Gebüsch seiner hängenden
Brauen einen Blick des Flehens auf den Mönch. 'Wie steht's?' fragte er.
Was hast du über mich verhängt, Geliebtester? Himmel oder Hölle?'
'Vater', bat Astorre mit bewegter Stimme, deine Zeit ist um! Dein
Stündlein ist gekommen! Entschlage dich der weltlichen Dinge und
Sorgen! Denke an die Seele! Siehe, deine Priester'--er meinte die der
Pfarrkirche--'sind nebenan versammelt und harren mit den hochheiligen
Sterbesakramenten.'
Es war so. Die Tür des Nebengemaches hatte sich sachte geöffnet, aus
demselben schimmerte schwaches, in der Tageshelle kaum sichtbares
Kerzenlicht, ein Chor präludierte gedämpft, und das leise Schüttern
eines Glöckchens wurde hörbar.
Jetzt klammerte sich der Alte, der seine Knie schon in die kalte Flut der
Lethe versinken fühlte, an den Mönch, wie weiland Sankt Petrus auf
dem See Genezareth an den Heiland. 'Du tust es
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