aber, das
ohne den Willen der Oberen erzeugt würde, dessen Eltern sich also
freiwillig, aus Liebe umarmten, sollte dem Staat für unecht und
unheilig gelten,[28] und demselben Schicksal verfallen wie die
Verkrüppelten und Schwachen. Der Staat allein sollte das Recht haben,
die geeignete Frau dem geeigneten Mann zu geben, und zwar nicht ein
für allemal, sondern so oft er es für nützlich hielt auch einem anderen.
Der Kinderernährung und Pflege sollten diese Frauen enthoben sein;
ihre Kinder sollten ihnen sofort entrissen und gemeinsam von Ammen
und Wärterinnen aufgezogen werden. Die Frau sollte, erklärt Plato
ausdrücklich, vom zwanzigsten bis zum vierzigsten Jahre "dem Staat
gebären".[29] Er vertritt den echt griechischen Standpunkt von der
Omnipotenz des Staates und führt in logischer Weise nur weiter aus,
was das griechische Recht und die Sitte von den Frauen forderte. Sie
waren verpflichtet, dem Staate die Bürger zu schenken, Plato wünschte,
daß es auch tüchtige Bürger seien, darum verlangte er, daß die Frauen
in "Musik und Gymnastik" unterrichtet würden. Aber, wohlgemerkt,
nur die Frauen der obersten Klasse. Aus diesem Umstand und daraus,
daß er Weibergemeinschaft, gewaltsame Trennung von den Kindern
und eine lediglich grobsinnliche, zwangsweise Geschlechtsverbindung
als das Wünschenswerte pries, läßt sich ersehen, wie fern es ihm lag,
die Frauen, um ihrer selbst willen, aus einer unwürdigen Stellung zu
befreien und sie insgesamt den Männern gleichzustellen. So gewiß es
ist, daß große Geister, die einen tieferen Blick für die hinter ihnen und
die vor ihnen liegende Menschheitsentwicklung haben, die
Gerechtigkeit und Notwendigkeit gewisser Umwälzungen predigen,
ehe irgend ein anderer auch nur ihre Möglichkeit einzusehen vermag,
so gewiß ist es auch, daß Fragen, die erst nach langer Zeit zur Lösung
reif sein werden, nicht schon Jahrhunderte vorher von einem einzelnen
in der Theorie gelöst werden können.
Trotzdem hat Plato dem weiblichen Geschlecht einen großen Dienst
geleistet, indem er die Bedeutung der Frau als Mutter und die Pflicht
des Staates, sie für ihren Naturberuf fähig und würdig zu machen, in
eindringlicher Weise zum Ausdruck brachte.
Weniger eingehend hat sich Aristoteles über die Stellung der Frauen
ausgesprochen. Aber so wenig Plato ein Feminist nach modernen
Begriffen war, so wenig war Aristoteles der erste Antifrauenrechtler,
für den er oft gehalten wird. Wenn er sagt, daß die Herrschaft des
Mannes über das Weib mit der Regierung einer obrigkeitlichen Person
in einer freien Republik zu vergleichen sei,[30] und wenn er erklärt,
daß die eheliche nicht zugleich die ursprünglichste herrschaftliche
Gesellschaft und das Weib nicht der Sklave des Mannes sei,[31] so war
das gegenüber der thatsächlichen Stellung der griechischen Frau eine
revolutionäre Ansicht. In der Frage der Erziehung stimmte er sogar mit
Plato überein, denn auch er forderte Musik und Gymnastik[32] für
beide Geschlechter. Einen höheren Begriff aber als Plato hatte er von
der ehelichen Verbindung, denn er hielt die strenge Monogamie für ihre
höchste Form. Wenn er an anderer Stelle von den weiblichen Tugenden
spricht[33] und meint, ein Mann sei noch feige, wenn er so
heldenmütig wäre, wie eine Frau, so erinnert dieser Ausspruch
augenfällig an den Platos, der im Hinblick auf die Seelenwanderung
sagt, daß alle feigen und ungerechten Männer bei der Wiedergeburt
"wie billig" zu Weibern würden.[34]
So konnten sich selbst die bedeutendsten Denker der Hellenen nicht
von dem Einfluß ihrer Zeit und ihres Volkes befreien. Auch für sie war
die Frau ein minderwertiger Mensch.
Wollen wir nun statt der Griechin die Römerin betrachten, so tritt der
Gegensatz zwischen beiden am klarsten hervor, wenn wir Cornelia, die
Mutter der Gracchen, der Penelope, der Mutter Telemachs,
gegenüberstellen: hier würdevolle Größe, ruhige Selbständigkeit, dort
ängstliche Schüchternheit, Bedürfnis nach Schutz und Anlehnung; hier
Söhne, die der Mutter Ehrerbietung zollen, dort ein Sohn, der sie, als
der Herr, zur Ruhe verweist. Schon in der Sage von der Egeria, der
weisen Beraterin König Numa Pompilius', spricht sich die Achtung des
Römers vor der Frau aus. Ihr Ursprung mag in der dünnen Bevölkerung
des Landes zu suchen sein, in dem nicht genug Frauen vorhanden
waren. Die Geschichte vom Raub der Sabinerinnen spricht für diese
Annahme, ebenso die ursprünglich für Mann und Weib gleich strenge
monogamische Ehe. Es gab nicht so viel Frauen, als daß der Mann ihrer
mehrere hätte haben können. Er forderte von seinem Weibe
unverbrüchliche Treue, aber seine Volksgenossen forderten von ihm
dasselbe, denn sein Treubruch konnte zugleich den Treubruch eines
ihrer Weiber bedeuten.
Die Römer waren in ihren ersten historischen Anfängen ein
abgehärtetes Landvolk. Ihre Götter waren Personifikationen der Saat,
des Lichtes, des Lenzes. Der Begriff der Familie umschloß Eltern,
Kinder, Knechte und Mägde gleichmäßig. An einem Tisch vereinigten
sich alle; die Arbeit, der nichts Ehrloses anhaftete, beschäftigte sie
gemeinsam. Die römische Hausfrau, die Matrone, stand der inneren
Wirtschaft und der Erziehung der Kinder vor. Ihre Stellung war von
vornherein eine gefestigtere und ehrwürdigere, da sie keine Rivalin
neben sich hatte und die einzige Herrin im Hause war.
Die höhere Achtung, die sie genoß, verschaffte
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