gestern einige Menschen gerieten, die mich am Bach sahn, wo sie sich hingelegt hatten.?
?Menschen?? fragte Maja, ?ach, Menschen haben Sie gesehn??
?Nat��rlich,? sagte die Libelle, ?aber es wird Sie zweifellos auf das lebhafteste interessieren, wie ich hei?e, mein Name ist Schnuck, von der Familie der Netzfl��gler, im besonderen der Libellen.?
?Ach, erz?hlen Sie von den Menschen?, bat Maja, nachdem sie ihren Namen genannt hatte.
Die Libelle schien vers?hnt. Sie setzte sich neben Maja auf das Blatt, und die kleine Biene lie? es zu. Sie wu?te, da? Schnuck sich h��ten w��rde, ihr zu nahe zu treten.
?Haben die Menschen einen Stachel?? fragte Maja.
?Mein Gott,? sagte Schnuck, ?was sollten sie wohl damit anfangen. Nein, sie haben schlimmere Waffen gegen uns und sie sind uns sehr gef?hrlich. Es gibt niemand, der nicht Angst vor ihnen h?tte, besonders vor den kleinen, bei denen man die beiden Beine deutlich unterscheiden kann. Diese hei?en Knaben.?
?Stellen sie Ihnen nach?? fragte Maja, ganz atemlos vor Erregung.
?Ja, ist Ihnen denn das nicht verst?ndlich?? fragte Schnuck mit einem Blick ��ber ihre Fl��gel. ?Ich bin nur selten einem Menschen begegnet, der nicht den Versuch gemacht h?tte, mich zu greifen.?
?Weshalb denn nur?? fragte Maja ?ngstlich.
?Wir haben eben etwas sehr Anziehendes?, sagte Schnuck mit einem bescheidenen L?cheln und sah schr?g vor sich nieder. ?Einen andern Grund wei? ich nicht. Es ist vorgekommen, da? Leute unserer Familie, die sich haben greifen lassen, die furchtbarsten Qualen und zuletzt den Tod haben erleiden m��ssen.?
?Sind sie aufgefressen worden??
?Nein, nein,? sagte Schnuck beruhigend, ?das grade nicht. Soviel bekannt ist, n?hrt sich der Mensch nicht von Libellen. Aber im Menschen leben zuweilen Mordgel��ste, die wohl ewig unaufgekl?rt bleiben. Es mag Ihnen unglaublich erscheinen, aber in der Tat sind F?lle vorgekommen, in denen sogenannte Knabenmenschen Libellen gefangen haben und ihnen aus purem Vergn��gen die Fl��gel oder die Beine ausgerissen haben. Sie zweifeln??
?Nat��rlich zweifle ich daran?, rief Maja entr��stet.
Schnuck zuckte die glitzernden Achseln, ihr Gesicht sah ganz alt aus vor Erkenntnis.
?Ach, wenn man einmal offen sein d��rfte,? sagte sie, ganz bla? vor Traurigkeit, ?ich hatte einen Bruder, er berechtigte zu den besten Hoffnungen, nur war er etwas leichtsinnig und leider sehr neugierig. Er fiel in die H?nde eines Knaben, der ihm unversehens ein Netz ��berwarf, das an einer langen Stange befestigt war. Sagen Sie selbst, wer denkt an so was??
?Nein,? antwortete die kleine Maja, ?an so etwas habe ich niemals gedacht.?
Die Libelle sah sie an.
?Es ist ihm dann ein schwarzes Seil um die Brust gebunden worden, mitten zwischen seinen Fl��geln, so da? er wohl auffliegen, aber niemals entrinnen konnte. Jedesmal, wenn mein armer Bruder glaubte, seine Freiheit zur��ckgewonnen zu haben, sah er sich auf die grausamste Weise an jenem bereits erw?hnten Seil wieder in das Bereich des Knaben zur��ckgezerrt.?
Maja sch��ttelte nur den Kopf.
?Man darf es sich gar nicht vorstellen?, fl��sterte sie traurig.
?Wenn ich einmal einen Tag nicht daran gedacht habe, so tr?ume ich sicher davon?, fuhr Schnuck fort. ?Es kam damals sehr viel zusammen. Schlie?lich starb mein Bruder.? Schnuck seufzte tief auf.
?Woran starb er?? fragte Maja in aufrichtiger Teilnahme.
Schnuck konnte nicht gleich antworten, gro?e Tr?nen brachen aus ihren Augen und liefen langsam ��ber die Wangen:
?Er ist in die Tasche gesteckt worden,? schluchzte sie, ?das h?lt niemand aus ...?
?Was ist das?? fragte Maja ?ngstlich, die kaum in der Lage war, so viel Neues und B?ses auf einmal zu verstehn und zu bew?ltigen.
?Die Tasche?, erkl?rte ihr Schnuck, ?ist eine Vorratskammer, die die Menschen in ihrem ?u?eren Fell haben. Aber was glauben Sie, das sonst noch darin war? O, in welch furchtbarer Gesellschaft mu?te mein armer Bruder seine letzten Atemz��ge tun. Sie werden niemals darauf kommen!?
?Nein,? sagte Maja mit bebendem Atem, ?ich werde es nicht ... vielleicht Honig??
?Nein, nein?, meinte Schnuck, sehr wichtig und sehr traurig zugleich. ?Honig werden Sie selten in den Taschen der Menschen finden. Ich will Ihnen sagen, was darin war: es war ein Frosch, ein Taschenschwert und eine gelbe R��be. Nun??
?Schaurig,? fl��sterte Maja, ?was ist ein Taschenschwert??
?Es ist gewisserma?en der k��nstliche Stachel des Menschen. Da ihm die Natur diese Waffe versagt hat, sucht er sie nachzubilden. Der Frosch war gottlob bereits im Begriff, das Zeitliche zu segnen. Er hatte ein Auge verloren, ein Bein gebrochen und sein Unterkiefer war ausgerenkt. Aber sobald mein Bruder in der Tasche erschien, zischte der Frosch aus seinem schiefen Maul:
'Wenn ich genesen bin, werde ich Sie unverz��glich verschlingen.' Dabei schielte er mit dem ��briggebliebenen Auge auf den bedauernswerten Ank?mmling. Dieser Blick mu? in der D?mmerung des Gef?ngnisses auf das furchtbarste gewirkt haben. Mein Bruder hat die Besinnung verloren, als er gleich darauf durch eine unerwartete Ersch��tterung so gegen den Frosch gepre?t wurde, da? seine Fl��gel an dem kalten nassen Leib des Sterbenden kleben blieben. O, man kann keine Worte finden, um dies Elend in der treffendsten Weise zu kennzeichnen.?
?Woher wissen Sie das alles?? stotterte Maja aufs ?u?erste entsetzt.
?Sp?ter warf der Knabe meinen Bruder und den Frosch fort, als er

Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.