Die Biene Maja | Page 7

Waldemar Bonsels
vielleicht ein gro?er Frosch und schaute sie mit seinen vorquellenden, hungrigen Augen an, wollte rasch auffliegen, als etwas ganz Furchtbares geschah, worauf sie in der Tat in keiner Weise vorbereitet war. Anfangs konnte sie in der ersten Verwirrung nicht genau unterscheiden, was eigentlich vor sich ging, sie h?rte nur ein helles, klirrendes Sausen ��ber sich, das so klang, als schwirrte der Wind in welken Bl?ttern; dazu h?rte sie ein singendes Pfeifen, einen hellen zornigen Jagdruf, und ein feiner, durchsichtiger Schatten huschte ��ber ihr Blatt. Und dann erkannte sie, und ihr Herz stand still vor Angst, da? eine gro?e, schillernde Libelle sich des armen Hans Christophs bem?chtigt hatte und den verzweifelt Schreienden in ihren gro?en, messerspitzen F?ngen hielt. Sie lie? sich mit ihrer Beute auf dem Schilfhalm nieder, der sich unter ihrer Last etwas niederbeugte, so da? Maja die beiden ��ber sich schweben sah und zugleich das Spiegelbild im klaren Wasser. Hans Christophs Geschrei zerri? ihr Herz. Ohne Besinnen rief sie laut:
?Lassen Sie sofort den Brummer los, wer immer Sie sein m?gen. Sie haben nicht das geringste Recht, in so eigenm?chtiger Weise in die Gewohnheiten anderer einzugreifen.?
Die Libelle lie? den Brummer aus ihren F?ngen, hielt ihn aber sorgf?ltig mit den Armen fest und drehte den Kopf nach Maja um. Maja erschrak sehr ��ber die gro?en ernsten Augen der Libelle und ��ber die b?sen Bei?zangen, die sie hatte, aber das Glitzern ihrer Fl��gel und ihres Leibes entz��ckte sie. Es blitzte wie Wasser, Glas und Edelsteine. Nur die ungeheure Gr??e der Libelle entsetzte sie, sie begriff ihren Mut nicht mehr und begann auf das heftigste zu zittern.
Aber die Libelle sagte ganz freundlich:
?Kind, was ist denn mit Ihnen??
?Lassen Sie ihn los,? rief Maja und in ihre Augen kamen Tr?nen, ?er hei?t Hans Christoph ...?
Die Libelle l?chelte.
?Weshalb denn, Kleine?? fragte sie und machte ein interessiertes Gesicht, das aber einen Ausdruck von gro?er Herablassung hatte.
Maja stotterte hilflos:
?Ach, er ist doch ein so netter, sauberer Herr und hat Ihnen, soviel ich wei?, nichts zuleide getan.?
Die Libelle sah Hans Christoph nachdenklich an:
?Ja, er ist ein lieber, kleiner Kerl?, antwortete sie z?rtlich und bi? ihm den Kopf ab.
Maja glaubte die Besinnung zu verlieren, so sehr ersch��tterte sie dieser Vorgang. Sie konnte lange kein Wort hervorbringen und mu?te nun, voll Grauen, die krachenden und knuspernden Laute h?ren, unter denen der K?rper des stahlblauen Hans Christoph ��ber ihr zerlegt wurde.
?Stellen Sie sich doch nicht an,? sagte die Libelle mit vollem Mund und kaute weiter, ?Ihre Empfindsamkeit macht nur geringen Eindruck auf mich. Machen Sie es denn besser? Augenscheinlich sind Sie noch sehr jung und haben sich im eigenen Hause nur wenig umgesehn. Wenn im Sommer das Drohnenmorden in Ihrem Stock beginnt, emp?rt sich die Umwelt nicht weniger, und ich meine, mit mehr Recht.?
Maja fragte: ?Sind Sie fertig da oben?? Sie konnte sich nicht entschlie?en hinaufzusehen.
?Ein Bein ist noch da?, sagte die Libelle.
?Schlucken Sie es bitte herunter, dann werde ich Ihnen antworten?, rief Maja, die genau wu?te, weshalb die Drohnen im Sommer im Bienenstock get?tet werden mu?ten, und die sich ��ber die Dummheit der Libelle ?rgerte. ?Aber unterstehen Sie sich nicht, mir auch nur um einen Schritt n?her zu treten. Ich w��rde mich nicht besinnen, unverz��glich von meinem Stachel Gebrauch zu machen.?
Die kleine Maja war wirklich sehr ?rgerlich geworden. Zum erstenmal erw?hnte sie ihren Stachel und zum erstenmal freute sie sich dieser Waffe.
Die Libelle machte b?se Augen. Sie hatte ihre Mahlzeit beendet und sa? nun, etwas geduckt, da, schaute Maja lauernd an und sah aus wie ein Raubtier, das im Begriff ist, sich auf seine Beute zu st��rzen. Aber die kleine Biene blieb nun ganz ruhig. Sie konnte nicht recht begreifen, woher ihr Mut kam, aber sie empfand keine Furcht mehr. Sie lie? ein ganz feines helles Summen h?ren, wie sie es einmal im Stock vom W?chter geh?rt hatte, als eine Wespe sich dem Flugloch n?herte.
Die Libelle sagte drohend und langsam:
?Die Libellen leben in bestem Einvernehmen mit dem Volk der Bienen.?
?Sie tun auch gut daran?, sagte Maja rasch.
?Meinen Sie etwa, ich h?tte Furcht vor Ihnen, ich -- vor Ihnen?? fragte die Libelle. Sie lie? mit einem Ruck den Schilfhalm los, der in seine alte Lage zur��ckschnellte, und sauste mit einem klirrenden, blitzenden Fl��gelschlag bis dicht auf die Oberfl?che des Wassers nieder. Es sah ganz herrlich aus, wie sie sich im See spiegelte, man glaubte zwei Libellen zu sehn, und beide bewegten ihre gl?sernen Fl��gel so rasch und fein, da? es aussah, als flie?e ein heller Silberschein um sie her. Es sah so herrlich aus, da? die kleine Maja ihren ganzen Verdru? um den armen Hans Christoph und jede Gefahr verga?. Sie klatschte in die H?nde und rief ganz begegeistert:
?Wie wundersch?n. Wie wundersch?n!?
?Meinen Sie mich?? fragte die Libelle ganz erstaunt. Aber dann f��gte sie rasch hinzu: ?Ja, ich kann mich sehn lassen, das ist wahr. Sie h?tten die Begeisterung erleben sollen, in die
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