zu Dienste.
Berta (kommt,). Hört' ich hier nicht seine Stimme? Ja er ist's!--Mein
Jaromir!
Jaromir. Berta!
(Eilt auf sie zu. Plötzlich hält er ein, und tritt mit einer Verbeugung
zurück.)
Graf. Wär' es etwa dieser?--
Berta. Ja er ist's, er ist's, mein Vater! Ja er ist's, der mich gerettet, Ja er
ist's der teure Mann!
Graf. Zieht Euch nicht so fremd zurück, Seid Ihr doch nicht unter
Fremden! Schließt sie immer in die Arme; Ihr habt Euch ein Recht
erworben, Daß sie lebt ist Euer Werk! Wohl mir, daß mir ward
vergönnt Den zu sehen, dem zu danken, Der mir meine letzten Tage,
Mir mein Sterbebett verschönt, Mit dem Glücke mich versöhnt. Komm
an meine Brust, du Teurer, Lebensretter, Segensengel! Könnt' ich
dankbar nur mein Leben Für dich hin, du Guter, geben, Wie du deines
gabst für sie!
Jaromir. Staunend steh ich und beschämt--
Graf. Du? An uns ist's so zu stehn! Ist doch unser Dank so wenig, Ach,
und deine Tat so viel!
Jaromir. Viel? O daß ich's sagen könnte! Daß es etwas mich gekostet!
Daß ich eine Wunde trüge, Eine kleine, kleine Narbe Nur als Denkmal
jener Tat! Es kränkt tief das Köstliche Um so schlechten Preis zu
kaufen!
Graf. Ziert Bescheidenheit den Jüngling, Nicht verkenn er seinen Wert!
Berta. Glaubt ihm nicht, o glaubt ihm nicht! Er liebt selber sich zu
schmähen, Ich weiß das von lange her! Wie so oft lag er vor mir, Meine
Kniee heiß umfassend, Und mit schmerzgebrochner Stimme Rief er
klagend, weinend aus, Ich verdiene dich nicht Berta! Er nicht mich, er
mich nicht!--
Jaromir. Berta!
Graf. Wolltet Ihr wohl, daß sie minder Des Geschenkes Wert erkennte!
Trieb Euch gleich zu jener Tat Nur des Herzens edles Streben Recht zu
tun und groß und gut, Laßt uns glauben, laßt uns schmeicheln, Daß auf
uns, auf unsre Not Auch ein flücht'ger Blick gefallen, Daß Ihr nicht nur
bloß beglücken, Daß ihr uns beglücken wolltet. Wer sich ganz dem
Dank entzieht, Der erniedrigt den Beschenkten, Freund, indem er sich
erhebt!
Jaromir. Was erwidr' ich auf das alles! Wie ich bin, vom Kampf
ermüdet, Von den Schrecken dieser Nacht, Taug ich wenig zu bestehen
In der Großmut edlem Wettstreit.
Graf. Mußtet Ihr mich erst erinnern Daß Ihr müd und ruhedürstend!
Berta. Ach, was ist ihm denn begegnet?
Graf. Das auf morgen, liebes Kind. Berta komm und laß uns gehn.
Unser Günther mag ihn weisen In das köstlichste Gemach. Dort
umhülle tiefer Frieden Mit der Segenshand den Müden Bis der späte
Morgen naht. O er hat ein weiches Kissen Ein noch unentweiht
Gewissen, Das Bewußtsein seiner Tat!-- So, noch diesen Händedruck,
So, noch diesen Segenskuß, So, mein Sohn jetzt geh zur Ruh' Ein Engel
drück' das Aug' dir zu!
Berta (den Alten abführend). Schlummre ruhig!
Jaromir. Lebe wohl'
Berta (an der Türe umwendend). Gute Nacht denn!
Jaromir. Gute Nacht!
(Graf und Berta ab.)
Günther. So, nun kommt mein wackrer Herr Ich will Euch zur Ruhe
leiten.
Jaromir (in den Vorgrund tretend). Nehmt mich auf Ihr Götter dieses
Hauses, Nimm mich auf du heil'ger Ort, Von dem Laster nie betreten,
Von der Unschuld Hauch durchweht. Unentweihte, reine Stelle Werde
wie des Tempels Schwelle Mir zum heiligen Asyl!--
Unerbittlich strenge Macht, Ha nur diese, diese Nacht, Diese Nacht nur
gönne mir, Harte! und dann steh ich dir!
(Mit Günther ab.)
Ende des ersten Aufzuges
Zweiter Aufzug
Halle wie im vorigen Aufzuge. Dichtes Dunkel.
Jaromir (stürzt herein). Ist die Hölle losgelassen Und knüpft sich an
meine Fersen? Grinsende Gespenster seh ich Vor mir, an mir, neben
mir, Und die Angst mit Vampirrüssel Saugt das Blut aus meinen Adern,
Aus dem Kopfe das Gehirn! Daß ich dieses Haus betreten! Engel sah
ich an der Schwelle Und die Hölle Hauset drin!-- Doch wo bin ich
hingeraten Von der innern Angst getrieben? Ist dies nicht die würd'ge
Halle, Die den Kommenden empfing? Still! Die Schläfer nicht zu
stören! Stille! Wenn sie würden innen Hier mein seltsames Beginnen!
(An des Grafen Gemach horchend.)
Alles stille.
(An der Türe zur linken Seite des Hintergrundes.)
Welche Laute! Süße Laute, die ich kenne, Die ich einzuschlürfen
brenne! Horch!--ha!--Worte!--Ach sie betet! Betet!--Betet wohl für
mich! Habe Dank du reine Seele! (Horchend.) »Heil'ger Engel steh uns
bei!« Steh mir bei du heil'ger Engel! »Und beschütz uns!«--O beschütz
uns! Ja beschütz mich vor mir selber! O du süßes, reines Wesen! Nein,
ich kann mich nicht mehr halten, Ich muß hin, ich muß zu ihr. Will vor
ihr mich niederstürzen Und an ihrer reinen Seite Ruh' und Frieden mir
erflehn! Ja sie möge über mir Wie ob einem Leichnam beten, Und in
ihres Atems Wehn Will ich heilig auferstehn!
(Er nähert sich der Türe; sie geht auf und die Ahnfrau tritt heraus, mit
beiden Händen ernst ihn fortwinkend.)
Jaromir. Ach, da bist du ja du Holde! Ich bin's Teure, zürne nicht!
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