mir. Schon erheben
sie die Dolche, Schon glaub ich die Todeswunde, Schreiend, in der
Brust zu fühlen: Da teilt schnell sich das Gebüsche, Reißend springt ein
junger Mann, Hoch den Degen in der Rechten, In der Linken eine
Laute Auf die bleichen Mörder zu. Wie er ihnen obgesieget, Wie er,
einzeln, sie bezwang, Wie die kühne Tat gelang Weiß ich nicht. In
starre Ohnmacht War ich zagend hingesunken. Ich erwacht' in seinen
Armen, Und zum Leben neu geboren, Unbehilflich, schwach und
duldend Wie ein Kind am Mutterbusen Hing ich an des Teuren Lippen
Seine heißen Küsse trinkend. Und mein Vater, für das alles Was er erst
für mich getan, Konnt' ich wen'ger als ihn lieben?
Graf. Und ihr saht euch öfter?
Berta. Zufall Ließ mich drauf ihn wieder finden. Bald--nicht bloß der
Zufall mehr.
Graf. Warum flieht er deines Vaters, Seines Freundes Angesicht.
Berta. Obgleich edlem Stamm entsprossen, Nur des Hauses edler Stolz,
Nicht sein Gut kam auf den Erben. Arm und dürftig wie er ist, Fürchtet
er, hört' ich ihn sagen, Daß der reiche Borotin Andern Lohn für seine
Tochter, Als die Tochter selber zahle.
Graf. Ich weiß Edelmut zu ehren, Wenn er sich und andre ehrt. Bring
ihn mir, er soll erfahren, Daß dem reichen Borotin Er sein reichstes Gut
erhalten, Soll erfahren, daß dein Vater Für das Gold der ganzen Welt
Dich nicht für bezahlet hält.-- Doch jetzt, Berta, nimm die Harfe Und
versuch es, meinen Kummer Um ein Stündchen zu betrügen. Spiel ein
wenig, liebe Tochter!
(Berta nimmt die Harfe. Bald nach den ersten Akkorden nickt der Alte
und schlummert ein. Sobald er schläft stellt Berta die Harfe weg.)
Berta. Schlummre ruhig, guter Vater! Daß doch all die süßen Blumen,
Die du streust auf meinen Pfad, Dir zum Kranze werden möchten Auf
dein sorgenschweres Haupt.-- Ich soll also ihm gehören, Mein ihn
nennen, wirklich mein? Und das Glück, das schon als Hoffnung Mir
der Güter größtes schien, Gießt in freudiger Erfüllung Mir sein
schwellend Füllhorn hin!
Ich kann's nicht fassen, Mich selber nicht fassen, Alles zeigt mir und
spricht mir nur ihn, Den Wolken, den Winden Möcht' ich's verkünden,
Daß sie's verbreiten so weit sie nur ziehn!
Mir wird's zu enge In dem Gedränge Fort auf den Söller, wie lastet das
Haus; Dort von den Stufen Will ich es rufen In die schweigende Nacht
hinaus.
Und naht der Treue, Dem ich mich weihe, Künd ich ihm jubelnd das
frohe Geschick An seinem Munde Preis ich die Stunde Preis ich die
Liebe, preis ich das Glück. (Ab.)
(Pause.--Die Ahnfrau, Bertan an Gestalt ganz ähnlich, und in der
Kleidung nur durch einen wallenden Schleier unterschieden, erscheint
neben dem Stuhle des Schlafenden und beugt sich schmerzlich über
ihn.)
Graf (unruhig im Schlafe). Fort von mir!--Fort!--Fort! (Er erwacht.)
Ah--bist du hier meine Berta? Ei das war ein schwerer Traum, Noch
empört sich mir das Innre! Geh doch nach der Harfe, Berta, Mich
verlangt's Musik zu hören!
(Die Gestalt hat sich aufgerichtet und starrt den Grafen mit
weitgeöffneten toten Augen an.)
Graf (entsetzt). Was starrst du so graß nach mir, Daß das Herz im
Männerbusen Sich mit bangem Grausen wendet, Und der Beine Mark
gerinnt! Weg den Blick! Von mir die Augen! Also sah ich dich im
Traume Und noch siedet mein Gehirn. Willst du deinen Vater töten?
(Die Gestalt wendet sich ab und geht einige Schritte gegen die Türe.)
Graf. So!--Nun kenn ich selbst mich wieder!-- Wohin gehst du Kind?
Die Gestalt (wendet sich an der Türe um. Mit unbetonter Stimme).
Nach Hause. (Ab.)
Der Graf (stürzt niedergedonnert in den Sessel zurück. Nach einer
Weile). Was war das?--Hab ich geträumt?-- Sah ich sie nicht vor mir
stehn, Hört' ich nicht die toten Worte, Fühl ich nicht mein Blut noch
starren Von dem grassen, eis'gen Blick?-- Und doch, meine sanfte
Tochter!-- Berta! Höre, Berta!
(Berta und Kastellan kommen.)
Berta (hereinstürzend). Ach, was fehlt Euch, lieber Vater?
Graf. Bist du da! Was ficht dich an, Sprich, was ist's, unkindlich
Mädchen, Daß du wie ein Nachtgespenst Durch die öden Säle wandelst
Und mit seltsamen Beginnen Lebensmüde Schläfer schreckst?
Berta. Ich, mein Vater?
Graf. Du, ja du! Wie, du weißt nicht? Und noch haften Deine starren
Leichenblicke Mir gleich Dolchen in der Brust.
Berta. Meine Blicke?
Graf. Deine Blicke! Zieh nicht staunend auf die Augen! Siehst du,
so!--doch nein, viel starrer! Starr?--die Sprache hat kein Wort! Blickst
du mich liebkosend an, Um den Eindruck wegzuwischen Jenes finstern
Augenblicks? All umsonst! So lang ich lebe Wird das Schreckbild vor
mir stehn, Auf dem Todbett werd ich's sehn! Scheint dein Blick gleich
Mondenschimmer Über einer Abendlandschaft, O ich weiß, er kann
auch töten!
Berta. Ach, was hab ich denn begangen, Das Euch also aufgeregt, Und
Euch heißt die Augen schelten, Die den Euern bang begegnend Sich
mit Wehmutstränen füllen. Daß ich Euch im Schlaf verlassen,
Unbedachtsam fortgegangen--
Graf.
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