Die Abtissin von Castro | Page 6

Stendhal
Energie zum Leiden, die andern Frauen unbekannt bleiben.
Andern Tages kam S��nec�� wieder vorbei und sah fortweisende Zeichen. Er ging vergn��gt weiter, trotzdem war er leicht verletzt. 'Also hat sie mir neulich meinen Abschied gegeben? Ich mu? sie weinen sehen', sagte sich seine Eitelkeit. Er empfand eine leichte Spur von Liebe, da er eine so sch?ne Frau und Nichte des Papstes f��r immer verlieren sollte. Er kroch durch den unsauberen Kellergang, der ihm solchen Widerwillen verursachte, und drang gewaltsam in den gro?en Saal des Erdgeschosses, wo die F��rstin ihn zu empfangen pflegte.
"Sie wagen es hierher zu kommen?" rief die F��rstin erstaunt.
'Das Erstaunen ist nicht aufrichtig', dachte der junge Franzose. 'Sie h?lt sich in diesem Raum nur auf, wenn sie mich erwartet.'
Der Chevalier ergriff ihre Hand; sie zitterte. In ihre Augen kamen Tr?nen; sie erschien dem Chevalier so sch?n, da? er einen Augenblick lang an Liebe dachte. Und sie verga? alle Eide, die sie w?hrend zweier Tage dem Glauben geschworen hatte, warf sich in seine Arme. 'Und dieses Gl��ck soll k��nftig die Orsini genie?en!' ... S��nec��, der wie gew?hnlich die r?mische Seele falsch verstand, glaubte, sie wolle sich in guter Freundschaft von ihm trennen und w��nsche den Besuch in guter Form. 'Es ziemt sich nicht f��r mich als Attach�� der k?niglichen Gesandtschaft, die Nichte des Souver?ns, bei dem ich akkreditiert bin, zur Todfeindin, die sie sein w��rde, zu haben.' Sehr stolz ��ber diese gl��ckliche L?sung begann S��nec��, ihr vern��nftig zuzureden. "Sie w��rden in angenehmster Harmonie leben; warum sollten sie nicht sehr gl��cklich sein? Was k?nnte man ihm denn auch vorwerfen? Die Liebe w��rde einer guten und z?rtlichen Freundschaft Platz machen. Er bitte inst?ndig um das Vorrecht, von Zeit zu Zeit an diesen Ort hier zur��ckkommen zu d��rfen; ihre Beziehungen w��rden immer zarte bleiben ..." Zuerst verstand ihn die F��rstin nicht. Als sie ihn endlich mit Entsetzen begriff, blieb sie unbeweglich stehen, mit starrem Blick. Da unterbrach sie ihn bei der letzten Wendung von den zarten Beziehungen mit einer Stimme, die aus der Tiefe der Brust zu kommen schien, sagte langsam Wort f��r Wort:
"Das hei?t, Sie finden mich h��bsch genug, um mich als Dirne in Ihrem Dienst zu behalten?"
"Aber teure und liebe Freundin, ist Ihre Eigenliebe denn verletzt?" antwortete S��nec��, jetzt wirklich erstaunt. "Wie kann es Ihnen in den Sinn kommen, sich zu beklagen? Gl��cklicherweise ist unsere Beziehung niemals von irgend jemand geargw?hnt worden. Ich bin ein Ehrenmann; ich gebe Ihnen von neuem mein Wort, nie soll ein lebendes Wesen das Gl��ck, das ich genossen habe, erfahren."
"Nicht einmal die Orsini?" fragte sie in einem so k��hlen Ton, da? er den Chevalier wieder irref��hrte.
"Habe ich Ihnen jemals von den Frauen erz?hlt," meinte der Chevalier naiv, "die ich, bevor ich Ihr Sklave wurde, geliebt habe?"
"Trotz meiner Achtung vor Ihrem Ehrenwort will ich doch diese Gefahr nicht auf mich nehmen", sagte die F��rstin in einer entschiedenen Art, welche nun den jungen Franzosen doch etwas in Erstaunen setzte. "Adieu, Chevalier ..." Und als er ein wenig unsicher ging: "Komm, k��sse mich!"
Sie war sichtlich ger��hrt. Dann wiederholte sie in einem bestimmten Ton: "Adieu Chevalier ..."
Die F��rstin lie? Ferraterra holen. "Ich will mich r?chen", sagte sie ihm. Der Pr?lat war entz��ckt. 'Sie wird sich kompromittieren; sie geh?rt mir f��r immer.'
Zwei Tage sp?ter ging S��nec��, weil die Hitze dr��ckend war, gegen Mitternacht auf den Corso, um Luft zu sch?pfen. Ganz Rom war auf der Stra?e. Als er seinen Wagen wieder besteigen wollte, konnte ihm sein Bedienter kaum antworten: er war betrunken. Der Kutscher war verschwunden; der Bediente meldete stammelnd, der Kutscher sei mit einem Feind in Streit geraten.
"Ah, mein Kutscher hat Feinde!" sagte S��nec�� lachend.
Beim Heimweg merkte er, kaum zwei oder drei Stra?en ��ber den Corso hinaus, da? er verfolgt werde. Vier oder f��nf M?nner hielten an, wenn er stehen blieb, schritten weiter, wenn er weiterging. 'Ich k?nnte einen Bogen machen und durch eine andre Stra?e wieder auf den Corso kommen', dachte S��nec��. 'Aber dieses Gesindel lohnt nicht die M��he, und ich bin gut bewaffnet.' Er nahm seinen blanken Dolch in die Hand.
In solchen Gedanken durcheilte S��nec�� zwei drei abgelegene und immer einsamere Gassen. Er h?rte die M?nner ihre Schritte beschleunigen. In diesem Augenblick sah er auf und erblickte grade vor sich eine kleine Kirche, die den Ordensbr��dern des Heiligen Franziskus geh?rte; ihre Fenster warfen einen befremdlichen Schein ins Dunkel. Er st��rzte zur T��re und pochte heftig mit seinem Dolchgriff dagegen. Die M?nner, die ihn verfolgten, waren f��nfzig Schritt entfernt von ihm. Nun kamen sie auf ihn zugelaufen. Ein M?nch ?ffnete; S��nec�� st��rzte in die Kirche; der M?nch schlo? schnell die T��re zu. Im gleichen Augenblick schlugen die Meuchelm?rder mit den F��?en gegen die T��re. "Die Gottlosen!" sagte der M?nch. S��nec�� gab ihm eine Zechine. "Sicher wollten sie mir ans Leben", sagte er.
In dieser Kirche brannten mindestens tausend Kerzen.
"Wie? Ein Gottesdienst zu dieser Stunde?" fragte er den M?nch.
"Eccellenza, es ist
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