b?uerlichen Welt ist durch die wirtschaftliche Entwicklung behoben, ihrer inneren Zersetzung, die da und dort merkbar wird (vgl. Josef Ruederers Kom?die "Die Fahnenweihe", 1895), begegnet der lebendig nahe Zusammenhang mit der Natur, der Landschaft, den Jahreszeiten. Aus ihnen quellen jene Formenkr?fte, die das b?uerliche Leben immer wieder von Grund aus aufbauen und erneuern, wie sie Knut Hamsun im gr??ten modernen Bauernroman, einem wahrhaft altepischen Werke, dargestellt hat, im "Segen der Erde". Unseren Bauerndichtern ist die Strenge und Gr??e dieses Zusammenhanges kaum deutlich geworden. Ganghofer ist oberfl?chlich und sentimental, auch Rosegger ist in aller Volkstümlichkeit und Liebenswürdigkeit zu unproblematisch im tieferen Sinne--nur die "Schriften des Waldschulmeisters" und "Des Gottsucher" ragen hervor--, Gustav Frenssens einst so berühmte Romane ("J?rn Uhl", 1901) sind zwar voll landschaftlicher Stimmungskunst, aber in der Weltanschauung des liberalen protestantischen Pfarrers zwiesp?ltig und verschwommen, in der Charakterisierung der Hauptpersonen romanhaft, in der Gesamtdarstellung lehr- und predigerhaft, ohne Kraft des Aufbaus, ohne Einheit der inneren Form. Erdkr?ftiger wurzeln Ludwig Thomas Bauernromane "Andreas V?st" und "Der Wittiber", sie bleiben aber naturalistisch gebunden. Hermann Stehrs "Heiligenhof" fehlt zur grübelnden Mystik seiner Bauern die natürliche Fülle und plastische Kraft; er ist--wie alle Romane dieses Ringenden--mehr reflektiert als gewachsen.
über die zersetzten bürgerlichen und adeligen Formenwelten ist die Entwicklung der deutschen Kultur und Epik noch nicht zu neuen Lebensformen vorgedrungen. Die Gro?st?dte sind ebenso formlos geblieben wie die Gro?stadtromane. Max Kretzers Berliner, Michael Georg Conrads Münchener Romane sind nichts als Stoff und Tendenz. Arthur Schnitzlers Versuch zu einem Wiener Roman gro?en Stiles, "Der Weg ins Freie", ist in der episch bedeutungslosen Umwelt des Literaten- und Judentums zergangen. Ein Arbeiterroman gleich der Bedeutung von Zolas "Germinal" ist uns nicht geworden. Die Welt der Arbeiter wird sich über Angriff und Verneinung, über die zerbr?ckelte, materialistische Weltanschauung des Marxismus erst zur eigenen Form durchringen müssen.
Aus der modernen Frauenbewegung hat sich ein besonderer Frauenroman entwickelt. Als Mutter und Gattin ist das Weib der Urgrund der epischen Welt, aber die neue Zeit rei?t zahllose Frauen aus dem Frieden der Familie und st??t sie in den Kampf des pers?nlichen Schicksals. Auch hier sind zersetzte Lebensformen zu überwinden und zu erneuern. Gabriele Reuters (geb. 1859) Romane, "Aus guter Familie" (1895), "Ellen von der Weiden", "Das Tr?nenhaus" zeugen davon, ohne die überzeugung stets in Darstellung, die Tendenz in reine Menschlichkeit wandeln zu k?nnen. Auch Helene B?hlaus (geb. 1859) polemische Frauenromane, wie "Das Recht der Mutter" und "Halbtier", verm?gen das nicht. Wo aber die reine Weiblichkeit ihrer lebensvollen Natur durchbricht, da wachsen aus der lichten Kindlichkeit ihrer Jugenderinnerungen die Weimarer "Ratsm?delgeschichten", aus der leidgel?uterten, warmen Mütterlichkeit ihrer Reife "Der Rangierbahnhof" (1895), der voll tiefster Güte, voll tragischer Sch?nheit ist.
Klara Viebig (geb. 1860) steht den Problemen des eigentlichen Frauenromans fern; sie ist Naturalistin, die Schülerin Zolas. Elementare Triebe und Gestalten, Massenleidenschaften und Massenszenen sind ihr Feld. Die Eiffellandsthaft mit ihren wortkargen, düsteren Menschen, die--einmal geweckt in ihren Leidenschaften--furchtbar ausbrechen, gibt ihr die besten ihrer Romane: "Das Weiberdorf", "Vom Müllerhannes", "Das Kreuz im Venn". Mit scharfer Beobachtung und sicherer Technik packt sie ihre Gestalten und Probleme von au?en, mehr eine geschickte Schriftstellerin als formende Künstlerin.
Weit über die Welt der Frauenromane, über die Welt selber hinaus führen die Romane Ricarda Huchs (geb. 1864). Ein durchaus romantisches Lebensgefühl, die Sehnsucht nach Unerreichbarem durchschimmert und durchglüht sie. Aber das Unerreichbare ist hier nicht das Unendliche, sondern das Leben, das in all seiner Sch?nheit, Kraft und Vollkommenheit doch ein unaufhaltsames, stetiges Vergehen ist. Obwohl alle wissen, wie traurig und flüchtig das Dasein ist, wie "es keinen Sinn hat, die Dinge so fest ans Herz zu schlie?en, die wir nach einem bangen Augenblick wieder wegwerfen müssen und nie mehr sehen", bleibt es doch aller "Bestimmung und Seligkeit, die himmelhohe Flamme des Lebens mit dem Strahl ihres Wesens zu n?hren". "O Leben, o Sch?nheit!" singt es durch alle Dichtungen Ricarda Huchs. Die "schauerliche Wollust, in der tr?umerisch spülenden Lebensumflut mitzustr?men", ist die Inbrunst all ihrer Gestalten. "Nimm uns Tote wieder, o Leben," singen die Toten. Der Tod selber singt dem Leben ein Liebeslied.
Eine romantische Natur--so steht Ricarda Huch in Reflexion und Bewu?theit au?erhalb der Wirklichkeit. Im Zeitalter der Romantik h?tte sie sich sehnend dem Unendlichen zugewandt; im Zeitalter Nietzsches, Bergsons, Simmels lodert ihr Wollen und Sehnen in metaphysischer Glut zum Endlichen, zur Wirklichkeit, zum Leben zurück. Das Leben wird ihr zum h?chsten, zum einzigen Wert. Ihre Gestalten sind Kinder der Reflexion und der Sehnsucht wie sie, oder ihr Wunsch und Gegenbild: Kinder des Lebens.
Metaphysisch klingt--nach den noch knospenhaften "Erinnerungen von Ludolf Ursleu dem Jüngeren"--die Musik von der Sch?nheit und Furchtbarkeit des Lebens in den Skizzen "Aus der Triumphgasse", kosmisch klingt sie in "Von den K?nigen und der Krone". über diese metaphysische und kosmische Gel?stheit dr?ngen die historischen Romane zur Wirklichkeit, zum plastisch Greifbaren, Festbeharrenden. "Die Geschichten von Garibaldi" gestalten den Befreier Italiens zur herrlichsten Verk?rperung, zum mystisch-gewaltigen Symbol des Lebens, das alle
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