t?glichen Eint?nigkeit. Da zieht eine Schauspielertruppe in die Stadt und weht sie nach allen Seiten zu Flammen auf. Sinnlichkeit und Liebe, Eifersucht und Ehrgeiz, vergessene und noch schlummernde Leidenschaften wirbeln knisternd hoch. Der Kampf zwischen Priester und Advokat, Reaktion und Fortschritt teilt und erregt die Massen. Die Glocken der Kirche und die Melodien der Oper streiten miteinander. Doch aus dem Feuer der Leiden und Leidenschaften glüht die Blume der Vers?hnung, der Verbrüderung, der Liebe zu Volk und Menschheit auf: "Was sind wir!"-- fragt der Advokat beim Abzug der Schauspieler.--"Eine kleine Stadt. Was haben uns jene gebracht? Ein wenig Musik. Und dennoch--wir haben uns begeistert, wir haben gek?mpft, und wir sind ein Stück vorw?rtsgekommen in der Schule der Menschlichkeit." Für kurze Stunden, für eilende Seiten durchzuckt Heinrich Mann, den heimatlosen Literaten, das Wesen und Glück des epischen Dichters: "Was macht diese Dinge gro??" "Da? ein Volk sie mitfühlt, ein Volk! das wir lieben!" "Ich habe ein Volk gesehen! Ich wu?te es, wir seien nicht allein; ein Volk h?re uns! Wir wecken seine Seele, wir... Und es gibt sie uns!"
Thomas Mann, dem Verfallsepiker des Bürgertums--eines patriarchalisch-aristokratischen Bürgertums--in der Grundstimmung verwandt ist der Verfallsepiker des Adels: Eduard Graf von Keyserling (1855-1918.). Wie Lübeck die bürgerlichen Lebensformen, so hat Kurland, Keyserlings Heimat, die Lebensformen des Adels am l?ngsten und reinsten behauptet. Mehr als Keyserling vor dem grausigen Kriegsschicksal der baltischen Provinzen ahnen konnte, steht auch er am Ende einer Entwicklung, ein Zugeh?riger und Au?enseiter. In München erlebt der Alternde, kr?nklich, gel?hmt, gekrümmt, zuletzt erblindet, vom Krankenstuhl und -bett aus die Welt seiner V?ter und seiner Jugend wieder. Die tiefe Heimatliebe des Epikers und die melancholische, gütige Erkenntnis des Ausgehenden zeichnen die Menschen, die Schicksale, die Umwelt dieses ?stlichen Gutsadels in schmalen, erw?hlten, sicheren Linien, Er gibt keine breiten epischen Fresken, keine weiten Geschlechterfolgen wie die Buddenbrooks, er gibt in seinen Romanen "Beate und Mareile" "Dumala", "Wellen", "Abendliche H?user", "Fürstinnen" fast novellistische Einzelbilder; sie schlie?en sich zu einem Gesamtbild von epischer Bedeutung. Die Darstellung ist von klarer Sichtbarkeit und Farbigkeit, aber durchzittert von der müden, melancholischen Seelenmusik Hermann Bangs, dem sie Tiefstes verdankt.
Die Adelsgeschlechter Keyserlings haben l?ngst nicht mehr die naiv-sicheren Lebensformen ihrer V?ter, der "starken Leute, die das Leben und die Arbeit liebten, roh mit den Weibern und and?chtig mit den Frauen umgingen und einen angeerbten Glauben und angeerbte Grunds?tze hatten", die um ihre einmal gew?hlte Fahne die H?nde schlossen: "Nun vorw?rts in Gottes oder des Teufels Namen!" Ihr Leben ist in Wissen und Handeln zerfallen; sie haben die Relativit?t ihrer Lebensformen und -gesetze durchschaut. Die alten Ideale sind zersetzt, neue noch nicht geschaffen: "An meiner ganzen Generation ist etwas vers?umt worden ", sagt von Egloff in den "Abendlichen H?usern", "unsere V?ter waren kolossal gut, sie nahmen alles sehr ernst und and?chtig. Es war wohl dein Vater, der gern von dem heiligen Beruf sprach, die Güter seiner V?ter zu verwalten und zu erhalten. Na, wir konnten mit dieser Andacht nicht recht mit, nach einer neuen Andacht für uns sah man sich nicht um. Und so kam es denn, da? wir nichts so recht ernst nahmen, ja selbst die V?ter nicht." Aber die adelige Gebundenheit ihres Blutes schreckt zurück vor dieser Willkür, die ihnen zuchtlos scheint, vor dieser Freiheit, die den Müden nicht zur sch?pferischen Erneuerung dienen kann. Gegen ihre Hellsicht flüchten sie in die Tradition ihrer V?ter zurück: "...Unsere Gesetze hier--" "Glauben Sie an diese Gesetze?" "Ich glaube nicht an sie, aber ich gehorche ihnen." Wie Thomas Buddenbrook werden sie zu den Helden und Schauspielern der alten Ideale.
Je weniger sie ihnen innerlich eins sind, desto sorgsamer unterstellen sie sich ihnen. Haltung! Tenue! In allem inneren und ?u?eren Leben die Tradition wahren! Wohlgeordnet, festgefügt, bis in jede Tagesstunde bestimmt! "Du und ich sind zu gut erzogen, um in ein Drama zu passen."
Aber an diese starre, unterh?hlte Konvention klopft das Leben. Die Natur, die aus der frühlingswilden, sommerschwülen Landschaft, den W?ldern und dem Meere, aus dem animalisch-vegetativen Leben der Gutsd?rfer steigt, treibt in den jungen Komtessen, die, "kleine berauschte Gespenster, vor Verlangen zittern, drau?en umzugehen, und wenn sie hinauskommen, nicht atmen k?nnen," treibt in den jungen Baronen, die das Erotische aus den schützenden Konventionen in die K?mpfe und Gefahren sinnlich-seelischer Abenteuer dr?ngt. Keiner dringt durch zur Freiheit, sie fallen oder flüchten zurück. Das Leben wird zum Schatten und Traum: "Man lebt hier, als ob man gleich erwachen mü?te, um dann erst mit der Wirklichkeit zu beginnen." "Eine dunkle Traurigkeit machte sie todmüde. All das still zu Ende gehende Leben um sie her schw?chte auch ihr Blut, nahm ihr die Kraft, weiterzuleben; wir sitzen still und warten, bis eins nach dem anderen abbr?ckelt."
Neben der adeligen und bürgerlichen wird die Zersetzung der b?uerlichen Formenwelt nur von der materiellen Seite episch bedeutsam gestaltet durch Wilhelm von Polenz' "Büttnerbauern" (1895) und Peter Roseggers "Jakob der Letzte". Diese ?u?ere Not der
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