Deutsche Charaktere und Begebenheiten | Page 8

Jakob Wasserman
Alle R?ume waren neu m?bliert worden. Er durfte in dem an seine Wohnung sto?enden Feigengarten spazieren gehen, und wenn er ausfahren wollte, stand ihm eine k?nigliche Equipage zur Verfügung. Zu seiner Beaufsichtigung wurde der Sekret?r Nemitz bestimmt, der dafür ein besonderes Zimmer im Schlo? hatte, nach Belieben G?ste einladen konnte, aber bei Verlust seiner Freiheit für B?ttiger verantwortlich war. Au?er Tschirnhausen durfte niemand ohne seine Erlaubnis zu B?ttiger gehen. Ein Baron Schenk war angewiesen, B?ttiger in dessen freien Stunden Gesellschaft zu leisten, ihm die Zeit zu vertreiben und, wenn er es verlangte, im roten Zimmer mit ihm zu speisen. Es speisten auch viele andere Personen bei ihm, so der Bergrat Pabst von Ohain, der berühmte Metallurg, der geheime Kammerier Starke, ein Liebling des K?nigs, der seine Schatulle besorgte, und der Sekret?r Malhieu; Tschirnhausen, der B?ttiger so lieb gewonnen hatte, da? er sich mehr in Dresden als in Kieslingswalde aufhielt, war h?ufig sein Gast und brachte manchmal den Statthalter mit. B?ttigers Deputat im Schlosse waren mittags und abends fünf Gerichte mit Wein und Bier. Das Tafelger?t war aus Silber. Er konnte Geld haben soviel er wollte, man hielt ihm sogar M?tressen wie einem vornehmen Kavalier.
B?ttigers Umgang hatte, wenn er bei Laune war, ungemein viel Anziehendes. Er war ein jovialer Mensch mit der lebendigsten Unterhaltungsgabe, mit der er alle zu bezaubern wu?te. Der Statthalter lebte mit ihm auf vertrautem Fu?, fuhr oft mit ihm nach Moritzburg auf die Jagd, die B?ttiger leidenschaftlich liebte, und schrieb ihm die z?rtlichsten Briefe. Auch der K?nig, der sich mit Bezug auf B?ttiger überschwenglichen Hoffnungen hingab, behandelte ihn in seinen Briefen mit gro?er Rücksicht. Er gratulierte ihm zum neuen Jahr, versichert ihm wiederholt, da? der Statthalter die Vollmacht habe, alles nach B?ttigers Belieben einzurichten, und ihm niemand aufdringen dürfe, der von ?widrigem Naturell? sei. In Briefen des K?nigs an andere wird er Monsieur Schrader genannt oder ?die Person? oder ?der Bewu?te? oder ?l'homme de Wittenberg?; B?ttiger selbst unterzeichnete sich nur mit seinen beiden Vornamen oder mit Notus.
Anderthalb Jahre lang war B?ttiger vor dem Mi?trauen des K?nigs durch den Hund geschützt, der in Warschau die Schachtel mit dem Merkurglas umgeworfen hatte und der Vorwand genug gab, zu sagen, der K?nig und sein Minister seien bei dem Tingierversuch ohne Geschick verfahren. W?hrend dieser anderthalb Jahre lebte B?ttiger in Herrlichkeit und Freude. Sein Aufenthalt kostete dem K?nig vierzigtausend Taler. B?ttiger war bei den Leuten von gutem Ton allgemein beliebt. Man speiste gern bei ihm, denn er legte jedem Gast eine gro?e, goldene Schaumünze von eigener Arbeit unter den Teller; dies bewog sogar die Damen, sich zahlreich bei ihm einzufinden. Man spielte auch gern mit ihm, weil er gern verlor.
Die hohe Ehre hatte seinen Kopf so g?nzlich eingenommen, da? er kaum der M?glichkeit gedachte, sein Schatz k?nne ersch?pft werden. Allenfalls erwartete er von einigen Winken, die Laskaris im Gespr?ch hatte fallen lassen, da? sie ihn auf den rechten Weg führen würden, wenn es Zeit sei, ihn zu suchen. Diese Zeit schob er leichtsinnig hinaus, bis endlich Bedürfnis und Verlegenheiten mahnten, an die Auffindung der Goldquelle mit Ernst zu denken. Da fand er sich aber in seiner Hoffnung bedroht. Was er auch probierte, alles schlug fehl, und er überzeugte sich, da? er sich die Sache zu leicht gedacht habe und weit vom Ziel entfernt sei. Die berechnende Politik seiner G?nner w?hnte sich jetzt am Ziel. B?ttigers sechs Bediente waren schon l?ngst gewonnen und belauerten ihn Tag und Nacht. Was sie berichteten, gefiel nicht mehr. Man argw?hnte, da? er die Umstellung merke und absichtlich das Rechte verfehle, um seine Kunst für sich zu behalten. Da erfuhr man, da? er Vorbereitungen treffe, um heimlich nach ?sterreich zu entweichen, und nun wurde seine Wohnung, sogar sein Zimmer mit Wachen besetzt.
Indessen hatte Laskaris, der noch in Deutschland reiste, seinen jungen Freund nicht aus den Augen verloren, und der üble Ausgang, welchen B?ttigers Angelegenheiten in Dresden zu nehmen drohten, machte ihm Sorge, da er sich vorwerfen mu?te, den Jüngling in Versuchung geführt zu haben. Er entschlo? sich daher, ihn zu befreien und gro?e Opfer nicht zu scheuen. In solcher Absicht wagte er sich im Jahre 1703 zum zweitenmal nach Berlin. Er lie? einen jungen Arzt, den Doktor Pasch, zu sich kommen, der mit B?ttiger vertrauten Umgang gehabt hatte und unternehmend genug zu sein schien. Diesem er?ffnete er alle Schwierigkeiten, trug ihm auf, nach Dresden zu gehen, dem K?nig B?ttigers Unwissenheit zu erkl?ren und ihm für dessen Freilassung die Summe von achtmalhunderttausend Dukaten zu bieten, die man in Holland oder in einer beliebig zu bestimmenden deutschen Reichsstadt erheben k?nne. Um den Sendboten von der Aufrichtigkeit seines Anerbietens zu überzeugen zeigte er ihm einen Vorrat von Tinktur, der über sechs Pfund wog. Er bewies ihm durch Versuche, da? mit dieser Masse ein Zentner Gold in lauter Tinktur verwandelt werden k?nne, die dann noch drei- bis viertausend Teile Metall in
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