des Patriziers Oswald Grell über alle Beschreibung wahr ausgedrückt, neben einem Antlitz von feierlich ernster Versunkenheit ist eine Landschaft mit zarten B?umen hingesetzt wie die Vision einer h?heren Welt.
Was macht ihr Auge so sch?n, so merkwürdig? Ist es der traumvolle Blick, der dennoch im Lichte badet, die Güte ohne Weichheit, die Strenge ohne H?rte? Oder das Wissen um menschliche Dinge, um die deutsche Not, die Menschennot? Es wohnt ein Horchen in ihm, wie durch Stimmen aus der überwelt erzeugt, ein ungewisser Schimmer, der auf Vertrautheit mit den letzten Entscheidungen des Schicksals deutet. Im Schlu? der Lippen liegt ein bew?ltigter Zorn, der sich bald in Trauer wenden mag, oder eine Stille, die die Resignation trotzig ablehnt; die Nase ersteht aus Gruben, die von Seelenleiden ausgeh?hlt sind, und um die Schl?fen zuckt es wie Nachgewitter von Leidenschaften, die gegen die Mitte der Stirne hin sich in einen See ruhiger und reiner Gedanken aufl?sen.
Dem Deutschen ward verliehen, die Dinge zu sehen und durch die Dinge hindurch sich in ein Verh?ltnis zu Gott zu begeben. Zwischen ihm und Gott steht das Ding; das Ding wird sein eigen oder Gott wird sein eigen, er wird Gottes oder auch des Dinges. Symbolisch gro? sieht man deshalb auf der Dürerschen Melancholia eine Leiter, eine Sanduhr, einen Zirkel, einen Würfel, ein Winkelma? und manche andere ?Dinge?.
In vielen deutschen M?rchen ist der schlummernde K?nigssohn, der Schl?fer, Siebenschl?fer, Scheinschl?fer eine Figur wie aus Selbstanklage und dunkler Verhei?ung gewebt. Leicht versank der Deutsche in sich selbst, verlor sich, verga? sich, verspielte sich, vers?umte die Stunde, die Gelegenheit, die Tat. Kehrte er aber einmal sein Inwendiges nach au?en, so war seine Tat so heftig, wie vorher der Traum von ihr glühend. Es mu?te aber ein Unbedingtes sein, ein H?heres, gleichsam nicht mehr das Ding, sondern Gott, was ihn wandelte. Dann bot er sich zum Opfer an, und das Opfer war ihm selbstverst?ndlich, die eigene Person stets der Preis, den er ohne Prahlerei, mit vollkommener Einfachheit des Gemütes einsetzte.
Niemand kann kleiner sein als der Deutsche, wenn ihn die Allt?glichkeit beherrscht, niemand platter und lichtloser; niemand aber auch gr??er, wenn das Unbedingte an ihn herantritt, das Pathos gro?er Ereignisse ihn hinaufrei?t. In keiner Sprache gibt es ein Wort, das den Zustand unnützer und spielerischer Wehrhaftigkeit so in den Bereich des Komischen stellte wie das Wort Spie?bürger; aber in keiner auch ein Wort, das h?chste Tugend so karg und metallen ausdrückte, wie das Wort Held. Spie?bürger und Held, das sind die Pole deutschen Lebens, und da? aus einem Spie?bürger ein Held werden kann, hat der Deutsche in jeder Stunde der Gefahr bewiesen. Hierzu brauchte er nur den Glauben an die Gerechtigkeit der Sache; es durfte nur der Sache nichts Erschlichenes anhaften, nichts Künstliches, nichts Verfeinertes, nichts Advokatisches; sie mu?te sozusagen rauh und urtümlich sein und ihn im Mittelpunkt des Herzens treffen, dann wurde sein Herz zum Mittelpunkt der Welt.
Seine Anteilnahme kann bis zur Unbequemlichkeit l?rmen, doch seine Begeisterung ist fast immer von stiller Art. Romanischen V?lkern eignet oft eine Begeisterung ohne Tiefe, eine mü?ige und eitle, der begleitenden Tat ermangelnde; deutsche Begeisterung ist wie Essenfeuer; Hammer und Ambo?, Huf und Schwert sind nicht weit davon entfernt. Der still Begeisterte, mehr Erglühte als Entflammte, das ist der Mensch, der des Fanatismus nicht f?hig ist, und die Zust?nde jenseit der Selbstbesinnung finden wir beim Deutschen mehr im Gebiet des Religi?sen und rein Geistigen, der Mystik und des Prophetentums, als in dem der Politik und des gemeinen Lebens.
So ist auch das Exzentrische dem deutschen Wesen fremd; seine Anlage ist konzentrisch. Er ist gefa?t; er wei? um seine Grenzen, wennschon sein Verlangen stets nach dem Grenzenlosen geht. Er ist beschaulich, bleibt aber nicht im Bilde ruhen, sondern verirrt sich gern in die Labyrinthe der Spekulation. Alles mu? für ihn Bezug haben, Verbindung, Folge, -- insoweit es das Geistige betrifft; daher seine Schwerf?lligkeit, seine Pedanterie, sein Respekt vor dem Wissen, sein Zuviel an Schulbildung, sein Mangel an Gl?tte, an Schmiegsamkeit und an Manier. Insoweit es aber das Gemüthafte betrifft, braucht er keinen Bezug und achtet keine Folge; da wird ihm die Welt zum einheitlichen Gebilde, das Schicksal ein gerechter Herr, und in seiner Seele ist die Menschheit.
Wichtig vor allem ist ihm die Scholle; erstes Gesetz, die Hantierung, die er gelernt, zur Vollkommenheit auszubilden; einem Herrn zu dienen Bedürfnis und Freude; einen gro?en Gedanken in seiner Brust zu hegen und zu w?rmen beinahe Kultus. In den Zeiten seiner politischen Unreife übersah er, da? die Scholle nur ein winziger Teil des Ganzen ist und segensvoller gedeiht, wenn auf der Nachbarscholle nicht der beargw?hnte Gegner, sondern der mitwirkende Freund haust; bedachte er nicht, da? die Hantierung vom Allgemeinen aus- und zum Allgemeinen zurückgehen mu?, damit ineinanderwachsende Kr?fte durch überlieferung erstarken und erblühen k?nnen und nicht das einzelne vereinzelt mit sich selber stirbt; mi?kannte er, da? es keinen Herrn gibt, der nicht der Diener
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