Des Meeres Und Der Liebe Wellen | Page 8

Franz Grillparzer
frisch nur angefacht; Die Schultern
weit; die Arme derb und tüchtig, Von prallen Muskeln ründlich
überragt; Kein Amor mehr, doch Hymens treues Bild. Die Mädchen
sehn nach ihm; doch er--Ihr Götter! Wo blieb die Seele für so art'gen

Leib? Er ist--wie nenn ich's--furchtsam, töricht, blöd! Ich bin doch auch
ein rüstiger Gesell, Mein gelbes Haar gilt mehr als noch so dunkles,
Und, statt der Inderfarbe die ihn bräunt, Lacht helles Weiß um diese
derben Knochen, Bin größer, wie's dem Meister wohl geziemt. Und
doch, gehn wir zusammen unters Volk, In Mädchenkreis, beim Fest,
bei Spiel, bei Tanz; Mich trifft kein Aug', und ihn verschlingen sie. Das
winkt, das nickt, das lacht, das schielt, das kichert. Und ihm gilt's, ihm.
Sie sind nun mal vernarrt In derlei dumpfe Träumer, blöde Schlucker.
Er aber--Ei, er merkt nun eben nichts. Und merkt er's endlich: Hei, was
wird er rot! Sag, guter Freund, ist das nur Zufall bloß, Wie, oder weißt
du, daß du zehnmal hübscher Mit solcher Erdbeerfarbe auf den Wangen?
Nur heut im Tempel. Gute Götter, war's nicht, Als ob die Erde aller
Wesen Fülle Zurückgeschlungen in den reichen Schoß Und Mädchen
draus gebildet, nichts als Mädchen? Aus Thrazien, dem reichen
Hellespont Vermengten sich die Scharen; bunte Blumen, So Ros' als
Nelke, Tulpe, Veilchen, Lilie, - Ein Gänseblümchen auch wohl ab und
zu-- Im ganzen ein begeisternd froher Anblick: Ein wallend Meer, mit
Häuptern, weißen Schultern Und runden Hüften an der Wellen Statt.
Nun frag' ihn aber einer, was er sah, Ob's Mädchen waren oder wilde
Schwäne; Er weiß es nicht, er ging nur eben hin. Und doch war er's,
nach dem sie alle blickten. Die Priestrin selbst. Ein herrlich prangend
Weib! Die besser tat, am heutigen frohen Tag Der Liebe Treu' zu
schwören ewiglich, Als ihr sich zu entziehn, so arm als karg. Der
Anmut holder Zögling und der Hoheit. Des Adlers Aug', der Taube
süßes Girren, Die Stirn so ernst, der Mund ein holdes Lächeln, Fast
anzuschauen wie ein fürstlich Kind, Dem man die Krone aufgesetzt,
noch in der Wiege. Und dann; was Schönheit sei, das frag du mich.
Was weißt du von des Nackens stolzem Bau, Der breit sich anschließt
reichgewundnen Flechten; Den Schultern, die beschämt nach rückwärts
sinkend, Platz räumen den begabtern, reichen Schwestern, Den feinen
Knöcheln und dem leichten Fuß, Und all den Schätzen so beglückten
Leibes? Was weißt du? sag ich, und du sahst es nicht. Doch sie sah dich.
Ich hab es wohl bemerkt. Wie wir da knieten, rückwärts ich, du vorn,
Am Standbild Hymens, des gewalt'gen Gottes, Und sie nun kam, des
Opferrauchs zu streun. Da stockte sie, die Hand hing in der Luft; Nach
dir hinschauend stand sie zögernd da, Ein, zwei, drei kurze, ew'ge
Augenblicke. Zuletzt vollbrachte sie ihr heilig Werk. Allein noch

scheidend sprach ein tiefer Blick, Im herben Widerspruch des frost'gen
Tages, Der sie auf ewiglich verschließt der Liebe: "Es ist doch schad'"
und: "Den da möcht' ich wohl!" Gelt, lächelst doch? und schmeichelt
dir, du Schlucker. Verbirgst du dein Gesicht? Fort mit den Fingern!
Und heuchle nicht, und sag nur: ja.
(Er hat ihm die Hand von den Augen weggezogen.)
Doch, Götter! Das sind ja Tränen. Wie? Leander! Weinst?
Leander (der aufgestanden ist). Laß mich und quäl mich nicht! Und
sprich nicht ohne Achtung Von ihrem Hals und Wuchs.--O ich bin
dreifach elend!
Naukleros. Leander! elend? Glücklich! Bist verliebt.
Leander. Was sprachst du? Ich bin krank. Es schmerzt die Brust. Nicht
etwa innerlich. Von außen. Hier! Hart an den Knochen. Ich bin krank,
zum Tod.
Naukleros. Ein Tor bist du, doch ein beglückter Tor! Nun, Götter, Dank,
daß ihr ihn heimgesucht! Nun schont ihn nicht mit euern heißen Pfeilen,
Bis er mir ruft: Halt ein! es ist genug; Ich will erdulden was die
Menschen leiden! Nun Freund, gib mir die Hand! Nun erst mein
Freund; Zu spät bekehrt durch allzu süße Wonnen. Du Neugeborner,
Glücklicher!--Doch halt! Ein garstiger Fleck auf unsers Jubels Kleide.--
Komm mit zurück zur Stadt! dort sind die Mädchen, Die wir beim Fest
gesehn, noch all versammelt. Dort sieh dich um, verlieb dich wie du
magst. Denn Freund, die Jungfrau, die dich jetzt erfüllt, Ist Priesterin
und hat an diesem Tag Gelobt dem Manne sich auf ewig zu entziehn.
Und streng ist was ihr droht, wenn sie's vergaß, Und was dem Manne,
der's mit ihr vergessen.
Leander. Ich wußt' es ja. Komm Nacht! Und so ist's aus.
Naukleros. Aus? Wieder aus? Und eh' es noch begann? Warum und wie?
Friedfertiger Gesell, Wagst du so wenig an die höchste Wonne? Und
sagst mir das mit zuckend fahlen Wangen Und schlotterndem Gebein,
und meinst ich glaub's? Nun sollst du bleiben. Hier! Und sollst sie
sprechen. Wer weiß ist ihr Gelübd' so eng und fest Und läßt sich lösen,
folgt alsbald die Reue; Wer weiß ist deine Liebe selbst so heiß,
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