Des Meeres Und Der Liebe Wellen | Page 7

Franz Grillparzer
forsch in deinem Aug', dem leid'gen Blick, Ob's angeglommen, ob erwacht die Lust? Und les ein ewig neues: nein, nein, nein! Wenn deine Mutter starb, wer kann da helfen? War's gut und recht, da? du, ein wackrer Sohn, Und ihr, der Tiefbekümmerten zu Willen, Am Strand des Meeres wohntest, fern der Stadt Und Menschen fern, nur Kindespflichten übend; Nun, da sie tot, was h?lt dich l?nger ab Den Gleichen als ein Gleicher zu geh?ren Mitfühlend ihre Sorgen, ihre Lust? Wein um die Gute, rauf dein braunes Haar, Allein dann kehre zu den Freuden wieder, Die sie dir g?nnt, die du ihr l?nger g?nntest. Sag ich nicht recht? und was ist deine Meinung? Nun?
Leander. Ich bin müd'.
Naukleros. Ei ja, der gro?en Plage! Den ganzen Tag, am fremden Ort, umgeben Von fremden Menschen, fr?hlichen Gesichtern, Sich durchzuhelfen und zu schaun, zu h?ren, Einmal zu sprechen gar. Ei, gute G?tter, Wer hielte das wohl aus?
Leander (der sich gesetzt hat). Und krank dazu.
Naukleros. Krank? Sei du unbesorgt! Das gibt sich wohl. Sei du erst heim in deiner dumpfen Hütte, Vom Meer bespült, wo rings nur Sand und Wellen Und trübe Wolken, die mit Regen dr?un. Hab erst das gute Kleid da von den Schultern, Und umgehüllt dein derbes Schifferwams. Dann sitz am Strand, den langen Tag verangelnd, Tauch dich ins Meer, der Fische Neid im Schwimmen, Lieg abends erst--so fand ich dich ja einst-- Im Ruderkahn, das Antlitz über dir, Des K?rpers Last vertraut den breiten Schultern, Indes das Fahrzeug auf den Wellen schaukelt; So lieg gestreckt und schau mir nach den Sternen, Und denk--an deine Mutter, die noch eben Zur rechten Zeit dich, sterbend, frei gemacht; An sie; an Geister, die dort oben wohnen; An--denk ans Denken; denk vielmehr an nichts! Sei nur erst dort; und Freund, was gilt die Wette? Du fühlst dich wohl, fühlst wieder dich gesund. Nun aber komm, denn fernab liegt die Heimat, Die Zeit verrinnt, die Freunde kehren heim.
Leander. Es ist so schattig hier. La? uns noch weilen! Leicht findet sich ein Kahn. Ich rudre dich.
Naukleros. Ei rudern, ja! Wie gl?nzt ihm da das Auge! Am Steuer sitzend, ausgestreckt die Hand, Die prallen Arme vor und rückw?rts führend, Jetzt so, dann so, und fort auf feuchtem Pfad! Da fühlst du dich ein Held, ein Gott, ein Mann; Für andres mag man einen andern suchen. Doch, sch?ner Freund, nicht nur ums Rudern blo?, Hier fr?gt es sich um andre, ernstre Dinge. Wir stehen, wi? es, auf verbotnem Grund, Im Tempelhain, der jedem sich verschlie?t, Als nur am Tag des Fests, von dem wir kehren. Sonst streifen W?chter durch die grünen Büsche, Die fahen jeden, den ihr Auge trifft, Und stellen ihn dem Priester ihres Tempels, Der ihn bestraft, leicht mit dem ?u?ersten. Sprichst du?
Leander. Ich sagte nichts.
Naukleros. Drum also komm! Um Mittag endet sie des Festes Freiheit Und fast schon senkrecht trifft der Sonne Pfeil. Mich lüstet nicht, ob deines tr?gen Zauderns, Den Kerkern einzuwohnen dieser Stadt. H?rst du?--Noch immer nicht!--Nun, gute G?tter! Kehrt euch von ihm, wie er von euch sich wendet! Da lehnt er, weich, mit mattgesenkten Gliedern. Ein Junge, sch?n, wenngleich nicht gro?, und braun. Die finstern Locken ringeln um die Stirn; Das Auge, wenn's die Wimper nicht verwehrt, Sprüht hei? wie Kohle, frisch nur angefacht; Die Schultern weit; die Arme derb und tüchtig, Von prallen Muskeln ründlich überragt; Kein Amor mehr, doch Hymens treues Bild. Die M?dchen sehn nach ihm; doch er--Ihr G?tter! Wo blieb die Seele für so art'gen Leib? Er ist--wie nenn ich's--furchtsam, t?richt, bl?d! Ich bin doch auch ein rüstiger Gesell, Mein gelbes Haar gilt mehr als noch so dunkles, Und, statt der Inderfarbe die ihn br?unt, Lacht helles Wei? um diese derben Knochen, Bin gr??er, wie's dem Meister wohl geziemt. Und doch, gehn wir zusammen unters Volk, In M?dchenkreis, beim Fest, bei Spiel, bei Tanz; Mich trifft kein Aug', und ihn verschlingen sie. Das winkt, das nickt, das lacht, das schielt, das kichert. Und ihm gilt's, ihm. Sie sind nun mal vernarrt In derlei dumpfe Tr?umer, bl?de Schlucker. Er aber--Ei, er merkt nun eben nichts. Und merkt er's endlich: Hei, was wird er rot! Sag, guter Freund, ist das nur Zufall blo?, Wie, oder wei?t du, da? du zehnmal hübscher Mit solcher Erdbeerfarbe auf den Wangen? Nur heut im Tempel. Gute G?tter, war's nicht, Als ob die Erde aller Wesen Fülle Zurückgeschlungen in den reichen Scho? Und M?dchen draus gebildet, nichts als M?dchen? Aus Thrazien, dem reichen Hellespont Vermengten sich die Scharen; bunte Blumen, So Ros' als Nelke, Tulpe, Veilchen, Lilie, - Ein G?nseblümchen auch wohl ab und zu-- Im ganzen ein begeisternd froher Anblick: Ein wallend Meer, mit H?uptern, wei?en Schultern Und runden Hüften an der Wellen Statt. Nun frag' ihn aber einer, was er sah, Ob's M?dchen waren oder wilde Schw?ne; Er wei? es nicht, er ging nur eben
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