Des Meeres Und Der Liebe Wellen | Page 4

Franz Grillparzer
He, Sklave, Durchforsche du das Laub und nimm es aus!
Vater. Wie nur? warum?
Priester. So will's des Tempels übung.
Vater. Doch jene--
Priester. La? sie nur!
Vater. Sie reden.
Priester. La? sie!
Hero (mit ihrer Mutter im Vorgrunde rechts). Nun aber Mutter hemme deine Tr?nen, Vielmehr sag deutlich was du fühlst und denkst. Ich h?re dich und folge leicht und gern; Denn nicht mehr jenes wilde M?dchen bin ich, Das du gekannt in deines Gatten Hause, Die G?ttin hat das Herz mir umgewandelt, Und ruhig kann ich denken nun und schaun. Auch--
Mutter. Kind!
Hero. Was ist?
Mutter. Sie sehn nach uns.
Hero. Ei, immer! Im Tempel hier hat auch die Frau ein Recht, Und die Gekr?nkten haben freie Sprache. Doch ?ngstet dich ihr Aug', wohlan, so tret ich Hin zwischen dich und sie. Kein Blick erreicht dich. Nun aber sag, ob ich dich recht erriet: Nicht gleichen Sinns mit deinem Gatten kamst du, Und w?re dir der freie Wunsch gew?hrt, Du führtest gar die Tochter mit dir heim Aus ihres Glückes sturmbeschützter Ruh' In deiner dunkeln Sorgen niedre Hütte? Ist's also? Ist es wahr? Sprich nein, o Mutter!
Mutter. Kind, ich bin alt und bin allein.
Hero. Allein? Dir ist dein Gatte ja. Zwar er--? Ein reiches Haus; Sind Dienerinnen, die dein sorglich warten. Dann--Gute G?tter, so verga? ich denn Das Beste bis zuletzt. Dir ist mein Bruder, Der bringt die Braut ins Haus und dehnt sich breit, Und gibt dir Enkel mit der V?ter Namen.
Mutter. Dein Bruder, Kind--
Vater (im Hintergrunde zum Sklaven). Greif herzhaft immer zu!
Mutter. Dein Bruder, Kind, ist nicht mehr unter uns!
Hero. Wie, nicht?
Mutter. Nach manchem herben Leid, Den Eltern doppelt schwer, verlie? er uns, Verlie? die Braut, die sein in Tr?nen dachte, Und zog dahin mit gleichgesinnten M?nnern Auf kühne Wagnis in entferntes Land. Zu Schiff, zu Ro?? Wer wei?? wer kann es wissen?
Hero. So ist er nicht mehr da? Nun doppelt gerne Kehrt' ich mit dir nach Haus, seit kund mir solches. Doch ist nicht er, sind da noch hundert andre, Von gleichem Sinn und st?rrisch wildem Wesen. Das ehrne Band der Roheit um die Stirn, Je minder denkend, um so heft'ger wollend. Gewohnt zu greifen mit der starren Hand Ins stille Reich geordneter Gedanken, Wo die Entschlüsse keimen, wachsen, reifen Am milden Strahl des gottentsprungnen Lichts. Hineinzugreifen da und zu zerst?ren, Hier zu entwurzeln, dort zu treiben, f?rdern Mit blindem Sinn und ungeschlachter Hand. Und unter solchen wünschest du dein Kind? Vielleicht wohl gar--?
Mutter. Was soll ich dir's verhehlen? Das Weib ist glücklich nur an Gattenhand.
Hero. Das darfst du sagen, ohne zu err?ten? Wie? und mu?t hüten jenes Mannes Blick, Des Herren, deines Gatten? Darfst nicht reden, Mu?t schweigen, flüstern, ob du gleich im Recht, Ob du die Weisre gleich, stillwaltend Be?re? Und wagst zu sprechen mir ein solches Wort?
Vater (im Hintergrunde). Die Mutter flattert auf.
Mutter. O wehe, weh! Sie haben mir mein frommes Kind entwendet, Ihr Herz geraubt mit selbstisch eitlen Lehren, Da? meiner nicht mehr denkend, harten Sinns, Sie achtlos h?rt der Nahverwandten Worte!
Hero (von ihr wegtretend). Ich aber will mit heiterm Sinne wandeln Hier an der G?ttin Altar, meiner Frau. Das Rechte tun, nicht weil man mir's befahl, Nein, weil es recht, weil ich es so erkannt. Und niemand soll mir's rauben und entziehn.
(Mit starker Betonung.)
Wahrhaftig!
Der Sklave (der im Hintergrunde auf einem Schemmel stehend, den Busch durchsucht, strauchelnd). Ah!
Hero (umschauend). Was ist?
Mutter. So siehst du nicht? Unschuldig fromme V?gel st?ren sie Und nehmen aus ihr Nest. So rei?en sie Das Kind auch von der Mutter, Herz vom Herzen, Und haben des ihr Spiel. O weh mir, weh!
Hero. Du zitterst, du bist bleich.
Mutter. O seh ich doch Mein eignes Los.
Priester (zu dem Diener, der das Nest in ein K?rbchen gelegt, auf dem oben die brütende Taube sichtbar ist). Geh nur und trag es fort!
(Der Diener geht.)
Hero. Halt du' und setz es ab, wenn's jene kr?nkt. Gib sag ich!
(Sie hat dem Diener das K?rbchen abgenommen.)
Armes Tier, was zitterst du? Sieh, Mutter, es ist heil.
(Die Taube streichelnd.)
Bist du erschrocken?
(Sie setzt sich auf den Stufen der Bilds?ule links im Vorgrunde nieder, das K?rbchen in den H?nden; indem sie bald durch Emporheben die Taube zum Fortfliegen anlockt, bald betrachtend und untersuchend sich mit ihr besch?ftigt.)
Priester (zum Diener). Was ist? Befahl ich nicht?
(Der Diener weist entschuldigend auf Hero.)
Priester (zu ihr tretend). Bist du so neu im Dienst, Da? du nicht wei?t was Brauches hier und Sitte?
Mutter (rechts im Vorgrunde stehend). Mein Herz vergeht. O jammervoller Anblick!
Priester (zu ihr hinübersprechend). Nun also denn zu dir. Schwachmütig Weib, Was kommst du her, zu st?ren diese Stunde? Und staunst ob dem was du doch l?ngst gewu?t, Der heil'gen Ordnung dieses G?tterhauses. Kein Vogel baut beim Tempel hier sein Nest, Nicht girren ungestraft im Hain die Tauben, Die Rebe kriecht um Ulmen nicht hinan, All was sich paart bleibt ferne diesem Hause, Und jene dort fügt heut sich gleichem Los.
Hero (die Taube
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