Ton, als spr?che er von einer majest?tischen Person. Siebengeist nickte zerstreut und nahm des Lehrers Arm, der verschüchtert und abwartend der Einladung folgte.
Es war ein uraltes Haus mit vielen Ecken und Winkeln, breiten, finstern Stiegen, geheimnisvollen Türen und knarrenden Dielen, worin die Apotheke war. Es stammte noch aus der Markgrafenzeit und teilte jedem seiner Bewohner etwas von seinem verschlossenen, düstern, eckigen und altmodischen Wesen mit. Aus der Tiefe des Flurs kam die Baronin und rief den Provisor zu sich hin. Philipp Unruh und der Apotheker gingen daher voran, doch da es schon finster war, bat der Baron seinen Gast, stehenzubleiben und eilte voraus, um ein Licht zu bringen. Der Lehrer lehnte sich aufseufzend an die breite, gotische Brüstung und h?rte Stimmengeflüster auf der Stiege, das alsbald wieder verstummte. In diesem Augenblick kam der Baron mit der Lampe den Korridor entlang, und ein Lichtstrahl erhellte das ganze Treppenhaus. Da sah Philipp Unruh, wie sich zwei umschlungen hielten und kü?ten. Die Frau hing am Halse Siebengeists mit geschlossenen Augen. Er aber hatte die Augen offen, und es war, als s?he er weit über sie hinweg, in eine weite Ferne, und sein Blick war düster und starr. Das dauerte im Schein des Lichts keine Sekunde, aber der Lehrer glaubte, Zeuge eines grauenvollen Verbrechens gewesen zu sein. Als er dem Apotheker folgte, trugen ihn die Fü?e kaum, und seine Z?hne schlugen heftig aufeinander. Der Baron drehte sich um und lachte in seiner Hohomanier. ?Armer Teufel,? sagte er, ?klapperkalt ist ihm.? Und er brüllte in die Küche, da? es von allen Mauern widerhallte: ?Johanna, hei?es Wasser zum Grog!? Gleich darauf begann er wieder zu lispeln und lispelte von der Poesie des Winters, w?hrend das andere Paar scheinbar harmlos plaudernd die Stube betrat.
Gemütliche W?rme herrschte in dem gro?en Zimmer, dessen Decke gew?lbt war wie in einer Kapelle. Der Ofen für sich war ein kleines Haus. Der Baron las seinen Prolog für das Theater vor, wobei Siebengeist ergeben in seine Tasse blickte. Offenbar waren die G?ste nur dieser Dichtung wegen herbeigeschleppt worden, denn der Baron las mit der studierten und zugleich naiven Wichtigkeit des Dilettanten, der sich ?ngstlich vorbereitet hat. Es kamen da viele Reime vor, und manche Gedanken, die eines Barons au?erordentlich würdig waren, um wieviel mehr eines Apothekers. Die Hippogryphen waren zu diesem Ritt kostbar gesattelt worden, und vom gro?en Stall der Metaphern war, was Beine hatte, mitgelaufen. Zeit und Ewigkeit, Vaterland und Wissenschaft, Kunst und Natur waren, mit Traratrompetlein bewaffnet, auf einen erbaulichen Kothurn gestiegen und grinsten zum Vergnügen aller Mitbürger aufgeregt herab. Des Dichters Stirn war in Schwei? gebadet und sein blonder, zierlicher Schnurrbart zitterte rhythmisch mit.
Zu anderer Zeit h?tte Philipp Unruh hohes Gefallen an der Produktion gefunden. Aber der gemütliche Raum schien jetzt von schwülen Mysterien erfüllt. Er sah Siebengeist gequ?lt und grübelnd sitzen und wagte es endlich, auch die junge Frau anzuschauen. überrascht und erschreckt senkte er den Blick nieder. Die schwarzen Augen der Baronin waren begeistert auf die Lippen ihres Mannes gerichtet, und sie l?chelte begeistert. Zorn und Scham erwachten in dem Lehrer. Er atmete in Lügenluft, aber eine ihm bisher unbekannte Empfindung sinnlicher Neugier ergriff ihn. Als der Apotheker geendet hatte, lief die Frau beglückt auf ihn zu, umarmte und kü?te ihn stürmisch. Dem Lehrer graute. Gef?hrlich, tückisch und verschlagen zeigte sich ihm das Weib, und er sah dem Provisor ins Gesicht, der mit einem dummen L?cheln gegen das Fenster blickte.
Auf einmal schrie jemand auf der Gasse laut und vernehmlich Feuer, und gleichzeitig ert?nte die Sturmglocke. Siebengeist ?ffnete das Fenster und fragte hinunter. Es brenne beim alten Schulhaus, hie? es. Philipp Unruh stürzte davon, nur vom Gedanken an seine Bücher erfüllt.
Viertes Kapitel
Eine der Galerien, morsches, altersschwaches Zeug, stand lichterloh in Brand. Es sah unheilvoll aus, denn was da an H?usergerümpel beisammenstand, war sehr empf?nglich für das Feuer. Die Flammen erfüllten den Hof, schlugen über das Dach des Schulhauses, und es gab ein Schock von Kindern, welches mit verbrecherischer Spannung darauf wartete, da? jenes verha?te Geb?ude zur Stunde vom Erdboden verschwinden würde. Diejenigen Leute aber, denen es gleichgültig sein durfte, ob es Schulferien gab oder nicht, zeigten sich aufgeregt, und die Turmglocke, die solche Gelegenheiten gern ergriff, um einen prahlerischen L?rm zu erzielen, vermehrte die Angst der Gemüter. Ihre kurzen Schl?ge glichen dem Pochen eines schreckenerfüllten Herzens. Es rückte die Feuerwehr an mit mutigen Messinghelmen und verzagten Gesichtern und diese guten Menschen verübten nun ihrerseits wieder solchen Skandal mit Trompeten und Kommandieren und einem rasselnden Spritzenwagen und himmelhohen Leitern, da? der Tumult gr??er wurde als die Gefahr. Statt zu handeln und sich unterzuordnen, machte sich jeder auf besondere Weise wichtig und benahm sich als eine verdienstvolle Autorit?t in Gummischl?uchen oder im Wassertragen oder im Klettern und Fensterzertrümmern.
Philipp Unruh stürmte in die Küche, nahm eine gro?e Kohlenkiste, die er in seine Studierstube schleifte und warf dort mit erstaunlicher Handfertigkeit seine Bücher
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