Der goldene Spiegel | Page 3

Jakob Wasserman
verwischte das Liebliche der Figur und verlieh ihr einen unwillkommenen Zug von Wehmut. Dar��ber ?rgerte sich Lamberg. Nach der Vorstellung erwartete er Franziska am B��hnenausgang. Ihr schuldbewu?tes L?cheln machte seine Strafpredigt ��berfl��ssig. Es war etwas Trauriges an ihr wie an einer Winterrose, die das offene Fenster scheuen mu?. Lamberg f��hrte sie in sein Haus, bewirtete sie, und seine unerwartete W?rme ergriff Franziska. Es war eine sch?ne Sommernacht, sie wandelten im Garten, scherzten und philosophierten. Schlie?lich erz?hlte sie ihm, da? der F��rst Armansperg, Majoratsherr, Besitzer eines Hundertmillionenverm?gens, Herr auf G��nderau, Weilburg und Schlo? Gamming, um ihre Hand angehalten habe. Seine Angeh?rigen, trostlos ��ber diesen Entschlu?, setzten alles daran, ihn an der Ausf��hrung zu hindern, und sie selbst sei durch deren R?nke und Intrigen zu unverschuldeten Leiden verurteilt. Lamberg erw?hnte, da? er den F��rsten vom Sehen kenne; eines der Armanspergschen G��ter lag unweit von seinem Landhaus im Gebirge. Er sch?tze ihn auf sechzig, traue ihm aber Entschiedenheit genug zu, um einer Familien-Revolution die Spitze bieten zu k?nnen.
Noch einmal vergessen; um Eros willen noch einmal; die unbeschwerte Seele dem Gott entgegentragen: kurze Stunden. Er mag die Stunden z?hlen und sein heitres Antlitz verschleiern, wenn der Morgen d?mmert; dann sende er den Schlaf, und die n��chterne Sonne erf��llte ihn mit Trauer um so viel Lust, die gewesen ist. ?Wer wei?, ob ich dich ��berhaupt liebe,? sagte Franziska; ?vielleicht wollt' ich mich nur ��berzeugen, ob ein wirkliches Menschenherz in dir steckt.? -- ?Kann man davon Gewi?heit erlangen?? versetzte er in seiner stets auf Entfernung bedachten Art. Und sie wieder: ?Blut und Atem sind auch schon etwas, wenn man sie sp��rt. Verbirg dich nicht so in deiner K��hle, denn du bist nicht so stark wie du dich stellst.?
Kurz darnach tauchte in den h?heren Zirkeln der Gesellschaft ein Mann auf, der sich Riccardo Troyer nannte, von vielen als ein D?ne, von andern als ein Italiener bezeichnet wurde, und dessen Reichtum durch eine verschwenderische Lebensf��hrung unbezweifelbar schien. Man r��hmte seine verlockenden Umgangsformen, und der Eindruck seines reckenhaften K?rperbaues werde durch ein Gebrechen kaum verringert, hie? es; er hinke n?mlich, wie Lord Byron, sei aber, wie Lord Byron, dabei ein vollendeter Reiter, Schwimmer und Fechter. Wem der Hinweis auf ein romantisches Genie von hundertj?hriger Ber��hmtheit nicht zusagen wollte, dem wurde versichert, da? Riccardo Troyer an moderner Pr?gung nichts zu w��nschen ��brig lasse, da er durch B?rsen- und Minenspekulationen gro?en Stils zu seinem Verm?gen gekommen sei. Legenden von Ehebr��chen und Entf��hrungen, denen eine mi?trauenswerte Gew?hnlichkeit anhaftete, wurden behend verbreitet, von Selbstmorden junger Frauen und M?dchen mittelst Wasser, Gift, Fenstersturz und Leuchtgas, und die obere Menschheitsregion, die sich so argw?hnisch gegen einen einheimischen Frack vom vorigen Jahre verh?lt, stand geblendet vor diesem ausl?ndischen der letzten Mode, der von einem Zauberk��nstler ohnegleichen getragen wurde; nicht einmal die Kunde von allerlei verwegenen Geldtransaktionen und Wechselgesch?ften konnte die Glorie des Fremdlings beeintr?chtigen.
Zur Zeit, als das Ger��cht den Namen Franziskas mit dem des Abenteurers vorsichtig zu verbinden begann, weilte Lamberg seit Wochen auf dem Land. Er hatte die Freunde ermuntert, ihn zu besuchen, und Ende August, da der l?stige Schwarm der Sommerfrischler schon verschwunden war, trafen alle ein. Cajetan war, drei Tage vor den andern, aus Rom gekommen und wohnte bei Lamberg, Borsati und Hadwiger logierten in einem entz��ckenden kleinen Hotel unten am Seeufer, eine Wegviertelstunde von Lambergs Villa entfernt. Es war an einem Nachmittag, die Freunde sa?en teetrinkend im Gartenhaus unter m?chtigen Ahornb?umen, und Cajetan hatte eben erz?hlt, da? er bei der Gr?fin Seewald, der Schwester des F��rsten Armansperg, eine Visite gemacht und Franziska dort gesehen und fl��chtig gesprochen habe, als sie selbst den Wiesenweg heraufkam, in ihrer herrlich aufrechten Haltung, mit dem blauseidenen ��berwurf und dem bunten Hut wie eine wandelnde Blume anzusehn. Sie begr��?te die Freunde, sie nahm Platz, begehrte Tee zu trinken und plauderte in der lebhaft erregten Art, die innere Unruhe und Hast verbergen will. ?Wie steht es nun? wirst du uns also verlassen?? fragte Borsati mit z?rtlichem Vorwurf. Franziska erwiderte weich: ?Ihr sollt ein Andenken von mir haben.? -- ?Wir haben es immer,? versicherte Borsati galant. Sie lie? den erinnerungsvollen Blick in seinen Augen ruhen und wiederholte: ?Ihr sollt ein Andenken von mir haben.?
Sie hatte schon Abschied genommen, fl��chtiger als die Gelegenheit zu fordern schien, da kehrte sie noch einmal zur��ck und sagte: ?Wollt ihr heute ��bers Jahr wieder hier versammelt sein? Wollt ihr das? Dann verspreche ich euch, zu kommen.? Die Freunde sahen einander verwundert an, doch Franziska fuhr fort: ?Heut ist der erste September, -- also ��bers Jahr am gleichen Tage bin ich wieder hier, und vorher werdet ihr mich wohl kaum sehen. Halten wir die Verabredung, machen wir's wie die Br��der im M?rchen, sagt ja und ich gehe froher von euch weg.?
?Mu? es denn am selben Tag sein?? fragte Cajetan.
?Gewi?, nur dann ist es bindend,? versetzte sie.
Das Versprechen ward von jedem in ihre Hand geleistet und
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