Der Zweyte Theil von König Heinrich dem Vierten | Page 7

William Shakespeare
Kopf schlug, daß du ihn mit einem
Bänkel-Singer von Windsor verglichen hattest, schwur'st du mir nicht,
indem ich deine Wunde wusch, du wollst mich heurathen, und mich zu
Milady deiner Frau zu machen? Kanst du's läugnen? Kam nicht eben
Frau Cathrine, die Mezgerin, in die Stube, und nannte mich Gevatterin
Quikly? Sie kam, und wollte eine Maaß Eßich bey mir entlehnen, und
da sagte sie, sie hätte eine gute Schüssel voll gebakne Pflaumen, und da
sagtest du, du habest Lust etliche davon zu essen, und da sagt' ich dir,
sie taugten nicht zu einer frischen Wunde; und batest du mich nicht

damals, wie sie wieder die Stiege hinunter war, ich sollte mit solchem
armem Volk nicht mehr so gemein thun, und sagtest, es solle nicht
mehr lang währen, so würden sie mich Madam heissen müssen? Und
gabst du mir nicht einen Kuß, und batest mich, ich sollte dir dreyßig
Schillinge holen? Ich treib dich izt auf deinen Eid; läugn' es, wenn du
kanst.*
{ed. * So viel mag zur Probe von dieser und der folgenden Scene
genug seyn, worinn Falstaff und die Wirthin, indeß daß Gower dem
Lord Ober-Richter die Zeitung von Yorks und Northumberlands
Empörung bringt, sich unter der Hand wieder mit einander aussöhnen.}
Vierte Scene.
(Eine andre Strasse in London.)
(Prinz Heinrich und
Poins.)
Prinz Heinrich.
Du kanst mirs glauben, ich bin entsezlich müde.
Poins.
Wie, ist es dazu gekommen? Ich dachte, die Müdigkeit dürfte
keinen Königssohn angreiffen.
Prinz Heinrich.
Es ist doch so, ob meine Hoheit sich gleich entfärbt,
es zu gestehen. Kommt es nicht pöbelhaft an mir heraus, daß ich einen
Gelust nach Schmahl-Bier habe?
Poins.
In der That, ein Prinz sollte sich nie so sehr vergessen, an eine
so schwache Composition nur zu denken.
Prinz Heinrich.
Mein Appetit ist also vermuthlich nicht von
königlicher Abkunft; denn, in gutem Ernst, ich denke izt an die arme
Creatur, SchmahlBier. Aber in der That, diese gedemüthigen Gedanken
erleiden mir
meine Hoheit gewaltig. Was für eine Unanständigkeit,
daß ich mich deines Namens erinnere? Oder daß ich morgen dein
Gesicht noch kenne? Oder daß ich weiß, wie viele paar seidene
Strümpfe du hast, (z. Ex. diese hier, und deine Pfersich-Blüth farbene;)
oder daß ich ein Inventarium über deine Hemder bey mir trage, z. Ex.
eines für die Noth, und eins zum Ueberfluß, usw.

Poins.
Wie übel das zusammenhängt, daß ihr izt so alberne Dinge
sagt, nachdem ihr kaum so grosse Dinge gethan habt! Sagt mir einmal,
wie viele wakre junge Prinzen sind in der Welt die es so machen
würden wie ihr, wenn ihr Vater so krank läge, als der eurige izt ist?
Prinz Heinrich.
Sol ich dir was sagen, Poins?
Poins.
Ja, aber einmal etwas recht gutes.
Prinz Heinrich.
Es soll für wizige Köpfe von so edler Geburt wie du,
gut genug seyn.
Poins.
So sagt es denn, ich kan alles anhören.
Prinz Heinrich.
Ich sage dir, es schikt sich nicht, daß ich izt traurig
aussehe, weil mein Vater krank ist; und doch könnt' ich dir sagen, (als
einem, den mir's beliebt, aus Mangel eines bessern, meinen Freund zu
nennen,) daß ich traurig seyn könnte, im Ernst traurig.
Poins (spöttisch.)
In der That, die Ursache ist auch darnach.
Prinz Heinrich.
Bey dieser Hand, du denkst ich sey ein so verstokter
Bube, als du und Falstaff. Laß das Ende den Mann bewähren. Aber ich
sage dir, mein Herz blutet innwendig, daß mein Vater so krank ist,
wenn mir gleich der Umgang mit so schlimmer Gesellschaft als du bist,
die Freyheit benimmt, äusserliche Zeichen von Schmerz an mir sehen
zu lassen.
Poins.
Und warum das?
Prinz Heinrich.
Was würdest du von mir denken, wenn ich weinte?
Poins.
Ich dächte, du seyest ein so durchlauchtiger Heuchler, als ein
CronPrinz je gewesen ist.
Prinz Heinrich.
So würde jedermann denken, und du bist ein
glüklicher Geselle, daß du immer denkst wie jedermann denkt. Keines

Menschen in der Welt seine Gedanken bleiben besser in der
allgemeinen Landstrasse als die deinigen. Jedermann würde denken,
ich sey ein Heuchler, so ist es. Und was bewegt eure hochzuverehrende
Gedanken, so zu denken?
Poins.
Was? Weil ihr so lüderlich zu seyn geschienen habt, und mit
Falstaffen in so vertrauter Freundschaft gelebt habt.
Prinz Heinrich.
Und mit dir.
Poins.
Nein, bey diesem Tageslicht! Ich bin in keinem schlimmen
Ruf, ich darf zuhören, wenn von mir gesprochen wird. Das ärgste was
die Leute von mir sagen können, ist, daß ich ein jüngerer Bruder bin,
und daß ich flinke Hände habe; und für diese zwey Dinge, ich muß es
gestehen, kan ich nichts. Seht, seht, da kommt Bardolph--
Prinz Heinrich.
Und der Junge, den ich Falstaffen gab; der Junge sah
doch wie ein Christenmensch aus, da er ihn von mir bekam, und sieh,
ob ihn der feiste Spizbube nicht in einen ausgemachten Affen
verwandelt hat?
Fünfte Scene.
(Bardolph mit dem kleinen Lakeyen zu den Vorigen.)
(Bardolph bringt dem Prinzen einen abgeschmakten Brief von
Falstaffen; der kleine Lakey berichtet, daß sein Herr im Bärenkopf in
East-Cheap mit der Frau Quikly und
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 28
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.