Der Verschwender | Page 8

Ferdinand Raimund
End die
Bären. 's Wildpret will man auch genießen, Folglich muß doch einer
schießen. Bratne Schnepfen, Haselhühner, Gott, wie schätzen die die
Wiener! Und ich stimm mit ihnen ein: Jagd und Wildpret müssen sein.
(Ab.)

Zwölfter Auftritt
Verwandlung
Eine reizende Gegend, im Hintergrunde ein klarer See, von lieblichen
Gebirgen eingeschlossen. Rechts ein Fels, über ihm der Eingang in
Cheristanens Felsenhöhle, vor welcher sie in ihrem früheren Kostüm,
doch ohne Krone steht und in die Ferne blickt.
Cheristane. Nun hat er bald die steile Höh erklommen und wird den
süßen Blick nach Minnas Hütte senden, von der er wähnt, daß sie sein
Liebstes stets umschirme. So mag er denn zum letztenmal sich ihres
Anblicks freuen.
(Kurze Musik. Sie verwandelt sich in ein liebliches Bauermädchen, im
italienischen Geschmacke zart gekleidet, und sinkt rasch in den Fels,
welcher zu einer freundlichen Hütte wird, die von Reben und Blumen
umrankt ist und aus deren Tür sie schnell überraschend tritt. Zugleich
verwandeln sich die Kulissen in orientalische hohe Blumen und
goldgesäumte Palmen, die noch praktikabel gegen die Mitte der Bühne
reichen. Nachdenkend setzt sie sich im Vordergrunde auf eine mit

Blumen behangene Rasenbank.)
Ach! selber darf er sich nur warnen, Mit Glück und Unglück selbst
umgarnen, Und da er frei von allen Schicksalsketten, Kann er nur selbst
von Schmach sich retten.
O trüber Schicksalsspruch, der einem Kinde Flügel leihet und sie
seinem Engel raubt.

Dreizehnter Auftritt
Vorige. Flottwell.
Flottwell (froh). Heitern Tag, mein teures Mädchen, sei nicht böse, daß
ich selbst so spät erscheine, denn meine Sehnsucht ist schon lang bei
dir. Doch--sag! was ist dir? Du bist traurig! Wer hat dir was zu Leid
getan? Quält dich die Eifersucht? Bist du erkrankt? Betrübt? Sprich!
Oder willst du mich betrüben?
Cheristane (steht bewegt auf). Dich? mein Julius, nein, das will ich
nicht! (Schlingt ihre Arme um seinen Hals und legt ihr Haupt an seine
Brust.)
Flottwell. So bist du halb nur die, die mich sonst ganz beglückt. Die
frohere Hälfte fehlt, und nur die trübe ruht an meiner Brust. Komm, laß
uns Frieden schließen, trautes Kind. Du ahnest nicht, was mich so
freudig stimmt. Du sollst nicht länger hier in deiner Hütte weilen. Du
mußt mir morgen schon nach meinem Schlosse folgen. Zu lange
schmückt der Brautkranz deine seidnen Locken, er könnte sonst auf
deiner Stirne welken. Die Welt muß als mein treues Weib dich grüßen,
du darfst durchaus nicht länger widerstreben.
Cheristane. Oh, mehr' mein Leid nicht! Zieh mich nicht auf diese Höhe,
sie zeigt ein Paradies mir, das ich nie betreten darf. Ich habe dich
getäuscht! ich bin nicht das Geschöpf, das du in diesem Augenblick
noch in mir suchst.

Flottwell. Sei, was du willst. Hör nur nicht auf, die Liebenswürdigkeit
zu sein. Drei Jahre sind es, als ich auf der Jagd mich bis hieher verirrt
und dich zum erstenmal erblickte. Befremdend glänzte deine Schönheit
in der niedern Hütte wie ein Edelstein in eines Bettlers Hand. Du
weihtest mir dein Herz. Doch durft ich niemals forschen, woher du
kamst und wer du seist. Und sieh! ich war so folgsam wie ein Kind, nie
hast du eine andre Frag gehört, als ob du mich auch immer lieben wirst.
Du hast die Gegend in ein Eden hier verwandelt und pflanztest Blumen
wie sie nur des Indiers Träume schmücken. Ich hab dich nie befragt,
woher dir solche Macht geworden ist, mir wars genug, daß dus für
mich getan.
Cheristane. Dir waren sie geweiht, doch blühten sie umsonst. Sie
sollten dein Gemüt in ihre duftgen Kreise ziehn und dich den wahren
Wert des Glückes lehren. Ich hab es nicht erreicht. Zu wild ist deine
Phantasie, zu hochbegehrend. Du willst, dein Leben soll ein
schimmernd Gastmahl sein, und ziehst die Welt an deine goldne Tafel.
Ach, möchte sie dirs einst mit Liebe lohnen!
Flottwell. Sie wird es tun, zeig nicht so düstern Sinn. Komm, folg mir
gleich, du bist durch Einsamkeit erkrankt.
Cheristane. Umsonst. Zu spät! Du kannst mich länger nicht besitzen,
umarmst mich heut zum letztenmal.
Flottwell (wild und heftig). Es darf nicht sein. Wer wagt den Raub an
meinem liebsten Gut?--
Cheristane. Das Schicksal!
Flottwell. Glaub es nicht! Mein Glück hat Mut, so schnell läßt es sich
nicht besiegen. (Umschlingt sie.) Ich laß dich nicht aus meinem Arm,
selbst wenn du treulos bist, ich will dich lieben, bis du zu mir
wiederkehrst.
(Musik.--In diesem Augenblick fliegt ein roter Adler mit einer goldnen
Krone auf dem Haupte über den See.)

Cheristane. Hinweg von mir, (für sich) schon fühl ich meiner Macht
Vergehen. Siehst du den purpurroten Aar, der sein befiedert Haupt mit
einer Kron geschmückt?
Flottwell. Was sprichst du da? Kein Vogel regt sich hier!
(Musik.--Eine Gruppe von Nebelgestalten, deren Auge drohend auf
Cheristane gerichtet ist, fliegt über den See.)
Cheristane. Auch nicht die drohenden Gestalten, die mich an meine
Heimkehr mahnen? Zieht nur voraus, ich folge bald.
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