Der Verschwender | Page 7

Ferdinand Raimund
auf Stufen.
Cheristane, in ein lichtblaues faltiges Gewand gehüllt, welches mit
Zaubercharakteren geziert ist, und das Haupt mit einer goldnen Krone
geschmückt, kommt von der Seite, ein goldnes Buch und einen
Zauberstab tragend.
Cheristane. Der Kampf ist aus, ich habe mich besiegt. Beschlossen ists,
ich scheide von der Erde. Wenn auch mein Herz dem Kummer
unterliegt, Ich leide nur, daß er gerettet werde.
(Sie nimmt von dem mittleren Zacken ihrer Krone eine blaue Perle.)
Komm, teure Perle, die den Geist umschließt, Den letzten der sich
beugt vor meiner Macht, Die bald für ihn in eitles Nichts zerfließt! Ich
opfre dich in diesem goldnen Schacht.
(Sie wirft die Perle in die goldne Schale. Eine blaue Flamme entzündet
sich in ihr, der Donner rollt. Kurze passende Musik. Der Spiegel
überzieht sich mit Rauch.)
Nun zeig dein Haupt, umkränzt von Zauberschein, Und blick mich an
mit holden Demantaugen! Erschein! Es soll Azur dein Name sein! Laß
Hoffnung mich aus deinen Worten saugen!
(Musik.--Fürchterlicher Donnerschlag. Der Rauch hebt sich und in dem
Spiegel erscheint Azur, in Silberdock ägyptisch gekleidet, das Haupt

umhüllt, die halbentblößten Arme und das Antlitz ist mit blauer Folie
überzogen, statt der Augen leuchten zwei glänzende Steine. Magische
Beleuchtung.)
Azur. Du! die du mich durch Zaubermacht geboren, Gebietest du mir
Segen oder Fluch?
Cheristane. Zu Flottwells Schutzgeist hab ich dich erkoren.
Azur. Darf ich das sein? Blick in des Schicksals Buch!
(jetzt folgt eine zitternde Musik darunter.)
"Kein Fatum herrsch auf seinen Lebenswegen, Er selber bring sich
Unheil oder Segen. Er selbst vermag sich nur allein zu warnen, Mit
Unglück kann er selbst sich nur umgarnen, Und da er frei von allen
Schicksalsketten, Kann ihn sein Ich auch nur von Schmach erretten."
Cheristane. Mir ist bekannt des Schicksals strenger Spruch, Der, mich
zu strafen, tief ersonnen ist. Empfange hier mein goldnes Zauberbuch.
Es wird dich lehren, welche schlaue List Mein liebgequälter Geist
erfunden hat. Doch ich muß machtberaubt von hinnen fliehn. Darum
vollziehe du statt mir die Tat Und laß mich trostlos nicht nach meiner
Heimat ziehn.
Azur (nimmt das Buch). Zieh ruhig heim, treu will ich für dich handeln,
Als Retter sollst du wieder mich erblicken.
(Die Wolke schließt sich. Musik.)
Cheristane. Oh, hätt ichs nie gewagt auf Erd zu wandeln, Zu bitter straft
sich dieser Lust Entzücken!
(Sie sinkt aufs Knie und beugt ihr Haupt kummervoll vor dem Altar.)

Elfter Auftritt

Unter klagender Musik Verwandlung in einen kurzen Wald. An der
Seite ein Hügel mit Gesträuche. Jäger ziehen über die Bühne.
Jagdchor.
Gilts, die Wälder zu durchstreifen, Hebet freier sich die Brust. Kühn
den Eber anzugreifen, Ist des Jägers höchste Lust. Holla ho! Holla ho!
Weidgesellen froh! Ist die Fährte aufgefunden, Wälzt er sich im
schwarzen Blut, Spiegelt sich in seinen Wunden Noch des Abends
letzte Glut. Holla ho! Holla ho! Jägerbursch ist froh!
Zieht man heim nach Jägersitte, Winkt die Nacht uns traut zur Ruh,
Sucht man seines Liebchens Hütte, Schließt das Pförtlein leise zu.
Holla ho! Holla ho! Jägersbraut ist froh! (Alle ab.)

(Valentin, der im Gesträuch versteckt war, kommt hervor.)
Valentin. Wegen meiner jagt ihr fort, solang ihr wollt. Ich werd mich
da so wildschweinmäßig behandeln lassen. Ich schießet alle zusammen,
die Sappermenter, wenn ich nur einen Hahn auf der Flinten hätt. Ich
kann gar nicht begreifen, was denn die vornehmen Leut mit der
verdammten Jagd immer haben.
Lied Wie sich doch die reichen Herrn Selbst das Leben so erschwern!
Damit s' Vieh und Menschen plagen, Müssen s' alle Wochen jagen.
Gott verzeih mir meine Sünden, Ich begreif nicht, was dran finden,
Dieses Kriechen in den Schluchten, Dieses Riechen von den Juchten.
Kurz, in allem Ernst gesagt: 's gibt nichts Dummers als die Jagd. Schon
um drei Uhr ist die Stund Für die Leut und für die Hund. Jeder kommt
mit seinem Stutzen, Und da fangen s' an zum putzen. Nachher rennen s'
wie besessen, Ohne einen Bissen z' essen, Ganze Tage durch die
Waldung, Und das ist a Unterhaltung! Ah, da wird eim Gott bewahrn,
D' Jäger sind ja alle Narrn.
Kurz, das Jagen laß ich bleiben. Was die Jägerburschen treiben, Wie s'
mich habn herumgestoßen, Bald hätt ich mich selbst erschossen. Über
hunderttausend Wurzeln Lassen eim die Kerls purzeln, Und kaum liegt

man auf der Nasen, Fangen s' alle an zu blasen, Und das heißen s' eine
Jagd! Ach, dem Himmel seis geklagt.
Müd als wie ein ghetzter Has Setzt man sich ins kühle Gras, Glaubt,
man ist da ganz allein, Kommt ein ungeheures Schwein. Und indem
man sich will wehren, Kommen rückwärts ein paar Bären, Auf der
Seiten ein paar Tiger, Und weiß Gott noch was für Vieher, Und da steht
man mitten drin! Dafür hab ich halt kein Sinn. (Läuft ab.)
Repetition Nein, die Sach muß ich bedenken. D' Jäger kann man nicht
so kränken. Denn, wenn keine Jäger wären, Fräßen uns am
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 32
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.