(Blickt starr nach.)
Flottwell. Mein teures Kind, wie bist du schwer erkrankt! Sag an, was
sind das für Gestalten? und wer ist der gekrönte Aar?
Cheristane (feierlich). Illmaha, die Feenkönigin. (Sie sinkt nieder und
beugt ihr Haupt. Dann fährt sie fort.) Wisse denn, kein menschlich
Wesen hast du an dein Herz gedrückt. Cheristane ist mein Name, ich
bin aus dem Feiengeschlechte, meine Heimat sind die fernen Wolken,
die in ewgen Zauberkreisen über Persien und Arabien ziehen.
Flottwell. Ist in den Wolken Lieb Verbrechen, straft sie dort des
Schicksals Fluch? dann wär ja die Erd ein Himmel und die Ewigkeit
Exil?
Cheristane. Oh, höre mich, bevor du lästerst! Schon dreimal sind es
sieben Jahre, daß ich euren Stern betrat. Um Wohltat auf der Erd zu
üben, sandte mich die Königin. Sie drückte eine Perlenkrone auf mein
ewig junges Haupt und sprach: In jeder dieser Perlen ist ein Zauber
eingeschlossen, welchen du benützen kannst in jeglicher Gestalt.
Verwende sie mit Weisheit zu der Menschen Heil. Wenn du die letzte
Perle hast geopfert, ist auch dein Reich zu Ende, und du kehrst zurück,
um Strafe oder Lohn vor meinem Throne zu empfangen. Weh dir, wenn
du Unwürdige beglückst und so den edlen Schatz dem Dürftigen
entziehst.--(Pause, in der sie Julius wehmütig und bedeutungsvoll
anblickt.) Ob ichs getan, wird mir die Zukunft zeigen!--Ich hatte viele
Perlen noch, als ich vor deines Vaters Schloß den siebzehnjährgen
Julius erblickte. Du warst so hold wie Frühlingszeit, und ich vermochte
nicht, mein liebgereiztes Aug von dir zu wenden. Von diesem
Augenblick hatt ich dein Glück in mir beschlossen, und viele Perlen
löste ich von meiner Krone ab und streute sie auf dein und deines
Vaters Haupt. Daher der unermeßne Reichtum, den er sich in kurzer
Zeit erwarb. Oh, hätt ichs nie getan! Er starb. Vom Undank nicht
beweint, von dir allein. Du wardst der Güter Herr, und nun erkannt ich
erst, daß alles, was ich für dein Wohl zu tun gedachte, durch deine
Leidenschaft dir einst zum Unglück werden kann. Ich konnte meinem
Herzen länger nicht gebieten, ich führte dich hieher und hab seit dieser
Zeit mein höchstes Glück in deiner Lieb gefunden. Nun ist der Traum
vorüber. Meine Perlen sind verschwendet, und die letzte mußt ich heut
noch deinem Wohle opfern. Einst hab ich nicht bedacht, daß sie das
Sinnbild bittrer Tränen werden könnte.
Flottwell. O Cheristane! was hast du getan? Ich laß dich nicht und
werfe alles hin, wenn du mir bleibst. Und ziehst du fort, nimm auch
mein Leben mit.
Cheristane. Oh, du bist freigebig gleich einem König, du könntest eine
Welt verschenken, um einer Mücke Dasein zu erhalten. Doch ich will
deine Großmut nicht mißbrauchen. Schenk mir ein Jahr aus deinem
Leben nur. Ein Jahr, das ich mir wählen darf, auf das du nie mehr
Anspruch machst.
Flottwell. Oh, nimm es hin! Nimm alles hin! Nimm dir das glücklichste,
das einzige, das die nichtswürdge Seligkeit umfängt, die ich noch ohne
dich genießen kann.
Cheristane. Ich danke dir, ich werde dich nicht hart berauben. Und nun
bin ich gefaßt, fall ab, du irdscher Tand! Nur dieser Fels mag ein
geheimnisvoller Zeuge sein, daß Cheristane einst auf Erden hat geliebt.
(Wehmütige Musik. Sie verwandelt sich in die Gestalt einer reizenden
Nymphe. Zugleich verwandelt sich die Hütte in einen Fels, der mit
Blumen umwunden ist, von Palmen gleich Trauerweiden überschattet
wird und in welchem der Name Cheristane eingegraben ist. Die
praktikablen Blumen neigen sich, und aus den Gesträuchen heben sich
zarte Genien und sinken trauernd zu Cheristanens Füßen.) Die Sonne
sinkt, die Blumen neigen ihre Häupter, und meine Genien weinen still,
weil sie mit mir die schöne Erde meiden müssen. Die Zeit ist da!
Verbannung winkt!
(Musik.)
Flottwell (stürzt bewegt zu ihren Füßen). O Cheristane! Töte mich!
Cheristane. Hab Dank für deine süße Treu, mein teurer Erdenfreund!
Was mich betrübt, ich darf es dir nicht sagen, darf dir nicht unser
künftig Los enthüllen, doch könntest du des Donners Sprache und des
Sturms Geheul verstehen, du würdest Cheristane um dich klagen hören.
Oh, könnt ich meine Lieb zu dir in aller Menschen Herzen gießen, ich
würde reich getröstet von dir ziehn! (Sie geht in die Kulisse. Die
Genien folgen ihr. Musik beginnt. Cheristane fliegt auf Rosenschleiern,
die ein geschwelltes Segel formen, von Genien, welche zart gemalt sind,
umgeben, so daß das Ganze eine schöne Gruppe bietet, langsam aus der
Kulisse über den See, in welchem sich plötzlich die ganze Gruppe
abspiegelt. In diesem Augenblick blickt sie noch einmal wehmutsvoll
auf Flottwell und ruft.) Julius, gedenke mein! (Dann verhüllt sie sich
schnell in den dunklen Schleier ihres Hauptes, das sie trauernd beugt,
und plötzlich verwandeln sich die rosigen Segelschleier in Trauerflöre,
sowie die Gruppe der Genien nun in abendlicher Beleuchtung gemalt
wie durch einen Zauberschlag erscheint. Der rosige Himmel umwölkt
sich düster, und nur aus einem unbewölkten Feld schimmern ihr noch
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