Der Verschwender | Page 6

Ferdinand Raimund
hab.
Walter. Ich hab die Gastfreundschaft an einem goldnen Tisch gesehen,
und deutscher Lorbeer hat ihr Haupt geschmückt.
Pralling. Ich habe all mein Glück auf die Coeur-Dame gesetzt, und als
ich es verloren hatte, bin ich aufgewacht.
Flottwell. Und was hat dir geträumt, Freund Valentin?

Valentin. Mir hat geträumt, Euer Gnaden hätten mir vier Dukaten
geschenkt.
Flottwell (lachend). Das ist ein eigennützger Traum, doch will ich ihn
erfüllen.
Valentin. Ich küß die Hand Euer Gnaden.
Flottwell. Was mir geträumt hat, kann ich euch noch nicht entdecken.
Es war ein süßer Traum, dienstfertig meinem höchsten Wunsch, er hat
mir meines Lebens Zukunft rosig abgespiegelt.
Helm. Dir hat gewiß von einem Rendezvous geträumt. Spitzbub! Was?
Von Augen wie Rubin und solchem dummen Zeuch.
Flottwell (lachend). Du kannst etwas erraten haben, Herzensbruder. Es
soll ein Rendezvous fürs ganze Leben werden. Doch still davon, mein
Herz ist übermütig heut, es könnte sich verraten.
Pralling. Wir kennen Ihre Schliche schon, Sie haben andre Jagd im
Sinn als wir.
Flottwell. So ist es auch. Jagt euren Freuden nach, um mich braucht ihr
euch nicht zu kümmern. Wir haben jeder andre Leidenschaft.
Pralling. Ich leide an der Gicht.
Helm. Ich bin ein passionierter Jäger.
Walter. Ich spreche dem Champagner zu.
Dumont. Und ick bewundre der Natur.
Helm. Das nimmt mich wunder, Chevalier. Sie sind ja kurzsichtig.
Dumont. Das sind der Menschen alle.
Pralling. Und wenn Sie fahren, schlafen Sie im Wagen.

Dumont. O, das macken nichts. Ein wahrer Naturfreund müssen ihrer
Schönheit auch im Schlaf bewundern können.
Helm. Das kann ich nicht. Mein Liebling ist die Jagd.
Flottwell. Heda! bringt uns Bordeaux. Die Herren sollen sich
begeistern.
Dumont. Mackt mir der Fenster auf, daß ick der Landschaft kann
betrachten. (Sieht durchs Glas.)
Wolf. Hier ist Bordeaux!
(Er ordnet die Diener, welche schon bereitet standen und ihn in
gefüllten Stengelgläsern auf silbernen Tassen präsentieren.)
Walter (ruft). Herrlicher Wein!
Dumont (am Fenster entzückt rufend). Himmlischer Wasserfall!
Flottwell (schwingt das Glas). Auf ewge Freundschaft und auf langes
Leben, meine Herren!
Alle. Der reiche Flottwell lebe lang!
Dumont (wie vorher, ohne ein Glas genommen zu haben). Ha! der
Kirchhof macken sich dort gut.
Flottwell. Oh, wär ich überreich! Ich wünscht es nur zu sein, um meine
Schätze mit der Welt zu teilen. Was ist der Mammon auch! das Geld ist
viel zu sehr geachtet. Drum ists so stolz. Es will nie in des armen
Mannes Tasche bleiben und strömt nur stets dem Reichen wieder zu.
Helm (enthusiasmiert). Wer ist so gut wie unser edler Flottwell hier?
Walter. Ich kenne kein Gemüt, das seinem gleicht.
Alle. Jawohl!

Dumont. Un enfant gâté de la nature.
Flottwell. Oh, lobt mich nicht zu viel. Ich habe kein Verdienst als
meines Vaters Gold. Will mirs die Welt verzeihn, ists wohl und gut,
und tut sies nicht, mag sie sich selbst mit ihrem Neid abfinden. Ich
kämpfe nicht mit ihm. Mein Glück ist kühn, es fordert mich heraus,
darum will ich mein Dasein großartig genießen, und wollen Sorgen
mich besuchen, laß ich mich verleugnen. Düstern Philosophen glaub
ich nicht. Nicht wahr, Freund Helm, man muß das Leben von der
schönen Seite fassen? Der Himmel ist sein herrlichstes Symbol. Die
glühnde Sonne gleicht dem heißen Brand der Liebe, der mildgesinnte
Mond der innigen Freundschaft, die reiche Saat der Sterne ist ein Bild
der Millionen Freuden, die im Leben keimen. Die ernsten Wolken sind
zwar kummervolle Tage, doch Frohsinn ist ein flüchtger Wind, der sie
verjagt.
Sockel. Ein Göttermann! Ein wahrer Göttermann! Verstanden!
Flottwell. Gebt doch ein Glas auch unserm wackern Baumeister. Oh,
das ist gar ein wichtger Mann hier, meine Herren, der wird ein neues
Schloß uns bauen, und diese Hallen wollen wir der Zeit nicht länger
vorenthalten. Flottwells Haus solls heißen, noch ein Glas auf dieses
Ehrenmannes Werk! (Zu Sockel, barsch.) Trinken Sie!
Sockel (erschrickt, daß er das Glas fallen läßt). Verstanden!
Alle (schwingen die Gläser). Flottwells Haus! Lang solls bestehn!
Flottwell (stürzt ein Glas hinein). Und nun zur Jagd, Ihr Herren! Werft
die Gläser hin und nehmt 's Gewehr zur Hand! Der Wald ist euer
Eigentum und all mein Wild. Doch hetzt mirs nicht zu sehr, ich kanns
nicht leiden, denn der Hirsch weint wie ein Mensch, wenn er zu Tod
gepeinigt wird. Und seit ich dieses Schauspiel sah, hab ich die
Jägergrausamkeit verloren. Nun Glück zur Jagd! Der Abend führt uns
wieder hier zusammen, dann wollen wir beim vollen Glas besprechen,
wer eines edlern Sieges sich zu freuen hat? Ihr! oder ich!
Alle. Holla zur Jagd! (Alles ab.)

(Hörner tönen.)
Dumont (verweilt noch am Fenster, bis die andern alle zur Tür hinaus
sind, dann ruft er) Himmlische Natur! (und folgt den andern nach).

Zehnter Auftritt
Dann unter rauschender Musik Verwandlung in eine goldene Feenhalle,
rückwärts die Aussicht in eine reizende Berggegend. In der Mitte der
Halle ein großer runder Zauberspiegel, vor ihm ein goldner Altar mit
einer Opferschale
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 32
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.